Hayat böyledir

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Kapitel 48

Asya's Sicht (Kapitel 45-47) :
Wisst ihr, was Verzweiflung war ? Die zittrige Stimme, während du in der Wohnung deiner Schwester sitzend, deinen Grund für dein Auftauchen erzähltest, besser gesagt versuchtest zu erzählen. Oder die unwillkürlich fließenden, irgendwie unaufhaltsamen Tränen. Dein vor Schmerz zitterndes Leib, dein Drang zu Schreien, doch dein Schweigen, das war Verzweiflung. Auf die Frage, was mein Problem war, nannte ich seinen Namen. Wenn sie sagen würden, 'erzähl dein Leben', würde ich immer von ihm sprechen, immer ihn erwähnen. Ich hatte der Person, die ich niemals verletzten würde zugesehen, wie sie mich zerstört hatte. "Gücüm kalmadi, Abla. (Ich habe keine Kraft mehr)". Ein schmerzvolles Schluchzen entwich mir. "Benim artik kendimi hayata döndürmeye calisacak gücüm kalmadi. (Ich habe keine Kraft mehr, mich wieder in das Leben zu begeben)". Ich war gerade dort, wo ich nie sein wollte, nur weil ich naiv war und an die falschen Menschen geglaubt hatte. Ich dachte er wäre Jemand, der sein Versprechen, mich nie fallen zu lassen halten würde. Ich schloss meine brennenden Augen und ließ all' die Erinnerungen vor meinen Augen abspielen.

Mein Atem lief unregelmäßig und schwer. Neben meiner Angst verspürte ich noch Schmerz. Mein ganzer, zitternder Körper verspürte es. Immer wieder flehte ich ihn an, dass er es lassen sollte, dass er mir weh tat und dass ich keine Luft mehr kriegte. Doch er machte immer weiter. Er schlug immer wieder auf mich ein, ohne auch nur mit den Wimpern zu zucken. Er verprügelte mich, als hätte er kein Herz, als hätte er nur Hass in sich. Qualvolle Stunden voller Leiden und Gebeten brachte ich so hinter mir. Jede Woche, jeden Tag. Es war in meinen Alltag reingewachsen. Kurz bevor ich mein Bewusstsein verlor oder auch schon verloren hatte, hörte er auf und spukte noch einmal auf sein Werk drauf. Er ging und hinterließ eine vernarbte Asya in einer blutroten Pfütze, die bald drohte zu zerbrechen.

Beim ersten mal, als sein Schlag mich traf, brach nur meine Nase, danach meine Welt, etwas später entdeckte ich die Risse in meiner Seele.
Egal, wie sehr mich meine Schwester versuchte zu beruhigen und egal, wie stark sie mich umarmte, es nützte nichts. Die negativen Gefühle, die sich all' die Jahre in mir angesammelt hatten, explodierten gerade. An jedes Mal konnte ich mich bestens erinnern. An diese Gefühle ; Diese Leere und dieser Selbsthass. Diese innerliche Traurigkeit, die einfach nicht mehr verschwand. "Er hat sich geändert", flüsterte ich wimmernd und schluchzte. Ich saß gekrümmt da, wimmerte verzweifelt und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Der Schmerz packte mich erneut und ich schluchzte laut auf. Mein Schluchzen zerriss die Stille, mein Körper zitterte. Alle Erinnerungen kamen auf einmal hoch. Wie er mich geschlagen hatte, wie er mich beleidigt, gedemütigt und erniedrigt hatte.

Die restlichen Wochen verbrachte ich nur in meinem Zimmer, in dem ich schlafen durfte. Essen, Trinken tat ich selten und das nur in geringen Mengen. "Schatz, darf ich rein ?". Diesen Satz hörte ich mittlerweile jeden Tag. Und wie immer antwortete ich höflich mit einem leisen "Ja". Meine Schwester kam rein und bat mich runter zu kommen, um etwas zu essen. Doch ich lehnte ab. Ich hatte weder Hunger noch Appetit auf Essen. "Ablacim nolur (Bitte)". Ich schüttelte meinen Kopf. "So kann das doch nicht weiter gehen, Asya.". Meine Schwester klang besorgt und hoffnungslos. Ich sah weg, denn ich wusste, sie hatte Recht. "In der Türkei wird alles besser.". Meine Schwester sah mich eine Zeit lang nur bemitleidend an, stumm strich sie mir eine Strähne aus meinem Gesicht. "Ich bin nur etwas müde.". Trotz, dass ich mich bemüht hatte, stark und fest zu klingen, scheiterte ich. Ich klang brüchig. "Rede mit ihm.". Ich sah auf und lächelte meine Schwester verzweifelt an. "Was würde das nützen ? Er liebt eine Andere.". Diese Tatsache brachte mich innerlich um. Darüber zu sprechen, fiel mir auch nicht gerade leicht. "Schatz, du musst mir was versprechen.", murmelte meine Schwester, nachdem sie mich in ihre Arme schloss. Sie löste sich von mir und wischte meine Tränen weg. "Wenn er irgendwann wieder zu dir angekrochen kommt, wirst du ihm keine zweite Chance geben, Asya.". Ich senkte meinen Blick und merkte, wie immer mehr Tränen über meine brennenden Wangen flossen. "Versprich es mir bitte, Asya !", sagte sie in einem strengeren Ton, da sie mich kannte. Wenn Cihan sich nur einmal melden würde, mir nur einmal sagen würde, dass er mich vermisste, würde ich ihm alles verzeihen. "Asya ! Versprich es mir !". "Ich kann nicht. Ich kann es dir nicht versprechen.", flüsterte ich ehrlich. Ich würde meine Schwester nie bewusst enttäuschen oder anlügen wollen, weswegen ich ihr direkt die Wahrheit sagte. Sie seufzte laut auf und umarmte mich. "Hör auf damit, Asya. Hör auf zuzulassen, dass er dein Leben zerstört.". Ich schüttelte meine Kopf und wollte es nicht wahrhaben, dass sie ein total blödes Bild von Cihan hatte. "Er ist nicht so.", sprach ich überzeugt von dem, was ich gerade von mir gab und fing an von Cihan zu erzählen.
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"Asya, bist du bereit ?", ertönte die Stimme meiner Schwester aus dem Flur. Ich gab ein lautes "Ja" von mir und schloss den Reißverschluss meines Koffers. Mühsam setzte ich ihn auf und rollte ihn aus dem Zimmer. Im Flur nahm ihn mir, trotz Bitte zur Unterlassung, mein Schwager ab und trug ihn raus, ins Auto. Mein Schwager war barmherzig, denn die Sorgen der anderen ließen ihn nicht wirklich kalt. Ich hatte eigentlich erwartet, dass er sich weigern würde mich für eine kurze Zeit bei ihnen aufzunehmen, doch er empfing mich mit offenen Armen, genauso meine Schwester. Die Beiden waren wirklich ein traumhaftes Ehepaar und passten wie Herz und Seele zusammen. Es war jedoch traurig, was meine Schwester gestern Abend vor mir offenbarte. Mein Schwager hatte nämlich seinen Arbeitsplatz verloren und jetzt hatten sie mächtige Geldprobleme, da sie bald zwei Kinder ernähren mussten. Meine Schwester erwartete ihr zweites Kind und ich durfte es als erstes erfahren. Ich wünschte, ich könnte ihnen irgendwie helfen.

Während der Fahrt schaute ich die ganze Zeit aus dem Fenster, da die Nordsee echt schön war. Die Straßen waren überfüllt und es herrschte dichter Verkehr. Ich mochte starken Verkehr. Cihan hasste ihn, weshalb er immer anfing zu fluchen, wenn wir im Stau steckten. Ich liebte die Menge, er hasste sie. Seufzend musste ich feststellen, dass meine Gedanken wieder zu ihm geglitten waren. Ich war mir sicher, Cihan würde nie wieder aus meinem Kopf verschwinden, selbst in 50 Jahren nicht. Ich könnte die ganze Welt vergessen, aber ihn nicht. Er war Feuer in meinem Herz geworden. Meine erste große Liebe, mein schönster Sorge.
Am Flughafen angekommen bestand mein Schwager immer noch darauf, meinen Koffer zu nehmen. Mein Blick schweifte auf meine Schwester, die ihren Sohn auf den Armen trug. Kurz lächelte ich sie an, was sie glücklich erwiderte. Die ganzen Wochen über konnte ich ihr keins zeigen und heute schenkte ich ihr zum ersten Mal eins. Wir betraten den Flughafen und folgten Serkan Abi, meinem Schwager, zu der Kofferabgabe. Dort gaben wir meinen Koffer ab und ich war froh, dass der Flughafen nicht so voll war. Bevor ich zur Passkontrolle gehen sollte, verabschiedete ich mich richtig von den Dreien. Meine Schwester und meinen Schwager umarmte ich, dem Kleinen drückte ich viele Abschiedsküsse auf seine Wangen.
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Wer will eine Lesenaaacht ??? 😏

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