Verbindung

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"Ich hab sie gesehen, Alex!" Ich hielt das Telefon in meiner Hand, und saß in dem alten, schwarzen Sessel im Wohnzimmer. Claire befand sich in der Küche, um einen Kuchen für eine Tee-Party zu backen, die bei einer ihrer Freundinnen stattfinden sollte. Und James, ihr Mann, war momentan auf Weltreise.

"Wen hast du gesehen?" kam es leise und gedämpft aus der Leitung. Ich nahm an, dass ich ziemlich geschrien hatte, und er das Telefon deswegen von seinem Ohr gehalten hatte.

"Meine Mutter. Also nicht Claire, sondern Julia. Ich habe sie in meinem Traum gesehen."

"In deinem Traum?" fragte er skeptisch, nun wieder verständlicher.

"Ja. Der Mann mit der Kutte hat sie mir gezeigt." Ich erzählte Alex von meinem gestrigen Traum. Erzählte ihm alles was ich gesehen habe, alles was gesagt wurde.

"Jetzt glaubst du diesem Typ auf einmal. Das verstehe ich nicht ganz."

"Ich glaube ihm nicht. Ich nehme durch die Möglichkeit in Betracht, dass es wahr sein könnte.“

"Aber warum?“

"Alex... Ich habe einfach das Gefühl, dass diese Sache mit meinem ersten Traum zu tun haben könnte. Und ich will wissen, was es mit diesem Traum auf sich hat. Einen Versuch ist es doch wert. Außerdem habe ich da so etwas gefühlt, als ich sie gesehen habe. Wie… wie ein unsichtbares Band, eine mystische Verbindung. " Ich hatte nicht bemerkt, dass ich vom Sessel aufgesprungen war. Langsam setzte ich mich wieder hin, und versank in dem weichen Kissen meines Lieblingssessels..

"Jetzt fängst du auch schon mit diesem Quatsch an, wie Claire. Von wegen mystisch."

"Alex. Glaub mir. Bitte." flehte ich ihn durch das Telefon an.

"Ich glaub dir ja. Das muss aber nicht heißen, dass ich dich verstehe. Aber was willst du jetzt tun?"

"Das besprechen wir am besten nicht am Telefon. Warte, am besten ich komme schnell zu dir rüber." Ich legte auf, ohne auf seine Antwort zu warten. Ich schmunzelte leicht, weil mir auffiel, dass ich in letzter Zeit häufiger einfach auflegte. Ich stellte das Telefon wieder in seine Station, und rannte hoch in mein Zimmer. Dort schnappte ich mir meine blaue Umhängetasche, und tat das wichtigste hinein. Danach rannte ich wieder hinunter, schlüpfte in meine Schuhe, zog mir meiner Jacke an und verließ das Haus.

Draußen empfing mich warme Luft, und ich überlegte, ob ich meine Jacke lieber hier lassen sollte, aber ich entschied mich dagegen, und kramte statt dessen in meiner Tasche nach meinem MP3-Player. Ich steckte mir die Kopfhörer ins Ohr, und leise ertönte die Musik. Gemächlich fing ich an zu laufen, und summte leise mit. Dies hatte den Vorteil dass ich nicht mehr über die letzten Ereignisse nachdenken musste. Ich konnte mich einfach der Musik hingeben, während sich meine Schritte dem Rhythmus anpassten. Es war ein ruhiges Lied, genau das was ich jetzt brauchte, um zu entspannen und zu vergessen.

Auf meinem Weg kamen mir nur ein paar Leute entgegen. Kein Wunder, es war ja auch Sonntag. Die meisten normalen Familien saßen um diese Zeit zusammen und tranken Kaffee und aßen Kuchen. Aber ich war ja nicht normal. Ich hatte diese komischen Träume, eine Mom die, nun ja, war Julia jetzt tot oder lebte sie doch?, und vor allem hatte ich keine Ahnung. Wut stieg in mir auf. Wieso konnte mir auch niemand mal etwas verraten? Nur damit ich eventuell etwas verstand.

Aber ein Gefühl sagte mir, dass ich damit auch nicht zufrieden gewesen wäre. Ich würde es sogar noch mehr verabscheuen, wenn man mir nur Bruchstücke anvertrauen würde. Ich schüttelte den Kopf. Das war doch alles der reinste Mist. Ich trat auf der Stelle, kam nicht vor und nicht zurück.

Aber nun war ich auf dem Weg zu Alex. Das alte Lied hatte geendet und ein schnelleres, lauteres Lied hatte begonnen.

Der Bass dröhnte in meinen Ohren, und so bekam ich die Schritte hinter mir nicht mit, bis ich einen Schlag auf den Hinterkopf bekam, und die Welt um mich herum schwarz wurde.

The Force in Your Hands Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt