Wie bei der Armee

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Stille - ich schaue Axl verwundert und etwas besorgt an. Alle legen ihre Instrumente weg. "Wie meinst du das?", frage ich ihn. "Klingt nicht so gut", stellt Julia fest. "Naja, der Schneesturm hat nicht nachgelassen und mein Handy hat manchmal keinen Empfang. Deins, Slash?", fragt Izzy. Slash checkt sein Handy. "Gerade hat es gar keinen Empfang." Axl und ich setzen uns wieder. "Sie kommen halt gerade nicht wirklich aus ihrem Hotel raus, da es so heftig stürmt, daher können sie uns halt auch kein Essen bringen", erklärt Axl und alle nicken.
"Und was machen wir so lange, bis sie uns wieder was bringen können?" In Stevens Stimm liegt echte Besorgnis. "Selbst einkaufen ergibt auch keinen Sinn bei dem Wetter", meint Duff und wir alle schauen aus dem Fenster. Draußen ist alles grau und der Schnee weht in dicken Flocken vorbei. "Ich vermute, wir würden uns nur verirren oder erfrieren", schmunzelt Slash.
"Ich denke, es wäre sinnvoll, beim Kochen dann ein Auge auf die Menge zu haben", füge ich hinzu und bekomme zustimmendes Nicken. "Noch ist ja genügend da", ergänzt Julia. "Das klingt doch alles nach einem Plan", sagt Axl und seufzt. "Hoffen wir, dass sich das Wetter bald bessert", meine ich.

"Ich glaube, ich gehe mal eine Runde spazieren", verkündet Izzy eine Weile später, "vielleicht hat es ja draußen etwas besseren Empfang und ich kann die Lage etwas genauer klären." Der Schnee hat aufgehört, doch die Sonne hat es nicht durch den grauen Wolkenhimmel geschafft. "Mach das, aber zieh dich lieber warm an", kommentiere ich und Izzy nickt. Dick eingepackt verschwindet er. Julia und ich schauen in der Zwischenzeit alle Schränke durch und schauen, was wir noch alles haben. Dass uns der Alkohol ausgehen würde, würden wir definitiv nicht zu befürchten haben, versicherte uns Duff nur. "Irgendwann finden wir den Alkohol", murmele ich zu Julia und diese nickt.
Als es draußen wieder dunkler wird und Izzy immer noch nicht zurück ist, beginne ich, mir Sorgen zu machen. Der Wind hat ebenfalls wieder aufgefrischt und es würde bald wieder schneien.
"Vorhin reden wir noch darüber, dass es dämlich ist, rauszugehen und jetzt hat sich der Depp sicher selbst verlaufen", brummt Axl und ich verkneife mir ein Augenrollen. "Ich glaube, es wäre nicht so doof, mal nach ihm zu suchen, weil es dunkel wird", entgegnet Slash. Axl seufzt: "Ist ja gut. Ich nehme an, du willst mit?" Er blickt mich an und ich nicke entschlossen. Der Rest beschließt, in der Hütte zu bleiben, für den Fall, dass Izzy wieder kommt. Axl und ich ziehen uns warm an. "Bereit?"  "Natürlich", antwortet Axl, zieht sich sein Bandana fest und macht seine Lederjacke zu, "Lass und gehen." Wir marschieren zur Tür hinaus und lassen Julia, Slash, Steven und Duff in der Hütte zurück. "Ich hätte gesagt, dass wir zu erst zum Wasserfall gehen sollten", schlägt Axl vor, "ich mein, wenn er Empfang sucht, wäre der Felsen keine schlechte Anlaufstelle, um an Höhe zu gewinnen." Ich nicke, ergibt Sinn für mich. Und so stapfen wir los.

Hintereinander laufen wir durch den verschneiten Wald. Ich halte nach Fußspuren Ausschau, doch ich entdecke nur die von Vögeln. Keine Spur von Izzy. Nach wenigen Minuten fühle ich mich wie ein einziger Eiszapfen, das Laufen hält mich wenigstens ein bisschen warm. Da Axl nichts sagt, kehren meine Gedanken unweigerlich an den Abend zurück, als ich durch den Wald gerannt bin. Ich versuche, die Gedanken zu verdrängen und mich auf den Weg zu konzentrieren, doch das funktioniert nur mäßig.
"Alles okay, Sarah?", fragt Axl, eher auf das Wetter und unseren Weg als auf meine Gefühle bezogen. "Kalt ist es", stelle ich fest und versuche dabei, normal zu klingen, doch offensichtlich hat das nicht funktioniert. Axl bleibt stehen und sieht mich an.  Schnell schaue ich auf den Boden. "Was ist los, Sarah?" fragt er ernst.  Er hebt mit seiner Hand mein Kinn, so dass ich ihn ansehe. Ich schlucke und atme einmal tief ein. Nicht jetzt, denke ich, noch nicht. Ich kann es ihm noch nicht sagen... Ich habe ihm immer noch nicht geantwortet und meide seinen Blick. "Ist schon gut, du musst es mir nicht sagen", meint er ruhig er und drückt mich an sich. Ich schniefe, schaue zu ihm auf und lächle etwas. "Das sieht schon besser aus", meint er und lächelt ebenfalls. Er drückt mir einen schnellen Kuss auf die Stirn. Mein Herz schlägt wieder schneller und ich habe die Befürchtung, dass Axl es hören könnte, so laut wie es ist.  "Ich bin froh, dass du hier bist", murmelt er und ich bringe kein Wort über die Lippen. Ich fühle mich verstanden und das ganz ohne Worte. Trotz der Kälte, die uns umgibt, fühle ich mich warm in Axls Armen und die verhassten Gedanken verschwinden langsam. "Ich bin froh, bei euch gelandet zu sein", antworte ich schließlich. Kurz stehen wir noch einfach so da, als Izzys Hilfeschrei die Stille durchbricht.

Schlagartig wird mir wieder bewusst, warum wir eigentlich hier im Wald unterwegs sind. "Izzy!", rufe ich laut und löse mich von Axl, "Wo bist du?" Aber Axl hat mich schon bei der Hand gepackt und zieht mich durch den Wald. "Er ist beim See, wie vermutet", erklärt er mir, während ich hinter ihm her stolpere. Nach kurzer Zeit sind wir da, doch ich erkenne es kaum wieder. Der riesige Wasserfall ist fast komplett zugefroren, aber man kann noch das Wasser dahinter plätschern hören. Etwas entfernt vom Ufer ist das Eis auseinander gebrochen und in dem Loch liegt eine dunkle Gestallt - Izzy. Er rührt sich nicht. "Ich hole ihn", sagt Axl und will seine Jacke ausziehen, doch ich halte ihn zurück: "Nein. Wenn das Eis schon unter Izzys Gewicht zusammenbricht, dann hält es dich erst recht nicht aus. Ich bin leichter als du, also geh ich." "So schwer bin ich nun auch wieder nicht", murmelt Axl, hält mich aber nicht auf. Ich streife die Jacke ab und mache einen Schritt auf das rutschige Eis. Ich rudere mit den Armen, um mein Gleichgewicht zu halten. "Pass auf", warnt mich Axl und vorsichtig mache ich mich auf den Weg zu Izzy. Als ich noch circa zwei Meter von ihm entfernt bin, fängt das Eis an zu knacken. Instinktiv lege ich mich auf den Bauch und robbe weiter. "Izzy, alles gut?" Ich versuche, seine Aufmerksamkeit zu erlangen, doch der Gitarrist antwortet nicht. Er scheint nicht bei Bewusstsein zu sein. Als ich dicht bei Izzy bin, überlege ich, wie ich ihn schnellstmöglich aus dem Eiswasser bekomme. Ich packe ihn unter den Achseln und versuche ihn herauszuziehen, was sich wegen seinen mit Wasser vollgesogenen Klamotten als recht schwierig herausstellt. Dazu ist das Eis glatt und da ich meine Hände nicht zum Abstützen benutzen kann, zieht mich Izzys Gewicht immer mehr in Richtung Loch, je mehr ich versuche, ihn herauszubekommen. Stattdessen versuche ich es mit meinen Ellenbogen, aber ich habe Angst, dass das Eis bricht. Da habe ich eine Idee. Anstatt zu versuchen, Izzy da mit zu viel Anstrengung rauszuziehen, rolle ich mich nun langsam von dem Loch weg, während ich einen von Izzys Armen packe. So versuche ich, ihn aus dem Loch zu bekommen und zu meiner eigenen Überraschung klappt das auch. Je weiter ich mich wegrolle, desto weiter ziehe ich Izzy aus dem Wasser. Als er schließlich ganz draußen ist, ziehe ich ihn zu mir her und krieche wie bei der Armee nach vorn zum Ufer, wo Axl wartet. Ich rappele mich auf, während Axl Izzy vollends ans Ufer zieht.  Izzy ist noch blasser als sonst und seine Klamotten haben sich komplett mit Eiswasser vollgesogen. Axl prüft seinen Puls und wirft ihn sich dann über die Schulter. Schon stapfen wir so schnell es geht durch den Wald. Mittlerweile ist es fast dunkel geworden. "Sarah", schnauft Axl nach einer Weile, "Du musst mir helfen, ich kann Izzy nicht mehr allein tragen." Er lässt ihn von seiner Schulter und gemeinsam tragen wir ihn nun zurück zu Hütte. Endlich da, reiße ich die Tür auf. Überraschte Gesichter starren uns entgegen.
"Sarah, Axl! Oh mein Gott!", entfährt es Julia und sie kommt auf uns zu. Gemeinsam legen Axl und ich Izzy auf die Couch. Sofort beginne ich, ihm die nassen Sachen auszuziehen und Slash, der offenbar im Moment nicht völlig irritiert ist, holt ein paar Decken und reicht sie mir wortlos. Bei Izzys Unterhose zögere ich einen Moment, doch dann ziehe ich ihm diese schließlich auch noch aus. Julia, in der nun auch wieder der Verstand arbeitet, hat schon neue Klamotten zurecht gelegt und gibt mir eine trockene Unterhose. Ich ziehe Izzy wieder an und decke ihn zu. Erschöpft setze ich mich auf die Eckbank, wo mir Axl ein Bier reicht. Wir erzählen den anderen, was passiert ist und nach einer Weile wird mir auch endlich wieder warm. Julia übernimmt mit Duff das Kochen, während ich und Axl uns ausruhen. Nach dem Abendessen bietet Duff an, noch eine Runde Tee zu machen, zu der ich nicht nein sage.
"Äh Julia? Zuerst das Wasser oder die Teebeutel warm machen?", kommt Duffs Stimme nach kurzer Zeit aus der Küche. "Lass nur, ich komm schon..." Seufzend verschwindet Julia in der Küche, während ich nur amüsiert grinse. Etwas später kuschele mich an Axl, froh darüber, dass es Izzy gut geht.  Ehe ich mich versehe, bin ich eingeschlafen.

Die Hütte im Wald [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt