Panisch

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Ich öffne die Tür zur Hütte.
"Hey Sarah!", ruft Steven und winkt mir fröhlich zu. Das Wohnzimmer ist zu einem riesigen Schwimmbecken geworden, alle Möbel sind verschwunden.
"Los komm auch rein!" Axl packt mich am Handgelenk und zieht mich ins Wasser, in welchem ich gerade so stehen kann.
"Hey Axl, fang!" Izzy wirft dem Sänger seine Turnschuhe zu, "Sonst fällt noch jemand drüber."
"Ach was!", entgegnet Axl, "Da fällt schon niemand drüber." Er stellt die Schuhe an den Rand des Beckens.
"Ich habe Pudding!", freut sich Jenni, die plötzlich aus der Küche kommt. "Gib den her!", höre ich Duff rufen, der aus der Küche gestürmt kommt. Jenni rennt los, er hinterher. Noch rechtzeitig bemerkt sie Axls Schuhe und springt darüber, Duff jedoch bemerkt sie nicht. Er stoplert über die Schuhe und fällt ins Wasser.
"Spritz nicht so rum", beschwert sich Julia über Duff, "Sonst kann Sarah die Pflanzen nicht gießen."
"Siehst du?" Axl steht plötzlich neben mir, "Niemand ist über meine Schuhe gestolpert."
Ich schwimme zu einem Durchgang, der zu einer Art Außenpool führt und stehe plötzlich im Wald.
"Schau mal, was ich gefunden habe!" Dave kommt aus dem Wald. Neben ihm läuft ein pinkes flauschiges Einhorn mit pinken flauschigen Flügeln und Schleifen, das er an einem Halfter führt. "Ist es nicht süß?", fragt er mich mir einem Lächeln. "Ich mag es nicht."
"Was?"
"Ich. Mag. Es. Nicht." "Ach komm, es ist doch vonn süß!" Er krault das Einhorn hinter den Ohren und es reibt zufrieden den Kopf an seinem Arm. Da taucht Steven, der nur ein blaues Handtuch um die Hüfte hat, aus dem Wald auf.
"Hey Sarah! Kann ich etwas jagen, wir haben fast nichts mehr zu essen." Ich deute wortlos auf das Einhorn, doch Steven schaut das Einhorn mit großen Augen an. "Ist das süß!", ruft er und knuddelt den flauschigen Fellhaufen.
"Oh mein Gott ist das süß!" Auch Duff vergräbt nun seinen Kopf in der Mähne des Einhorns. Alle knuddeln und streicheln es. Das Einhorn blickt mich an und streckt mir dann tatsächlich die Zunge heraus.
Plötzlich erscheint ein Regenbogen vor dem Tier. Da schwebt es mit den anderen den Regenbogen hinauf, nur ich bleibe am Boden und blicke ihnen hinterher.
"Du gehörst wo anders hin."
Ich blicke Jenni an, die mich am Arm greift und durch den Wald zieht. In einem Felsen befindet sich eine Höhle. Wir folgen einer Treppe, die immer tiefer in die Höhle hineinführt. Am Ende der Treppe befindet sich eine Tür, auf der die simple Aufschrift "Hölle" steht. Jenni schiebt mich durch die Tür und schließt sie hinter mir sofort. Ich stehe in einem Klassemzimmer. Stühle, Tische, eine Tafel an der Wand, davor steht ein Pult. Ich gehe langsam durch den Raum, alles scheint normal.
Da  höre ich das hohe Kichern. Panisch schaue ich mich um, um auszumachen, woher es kommt. Ich entdecke pinken Glitzer in einer Ecke und erblicke das Einhorn. Ich suche nach etwas, mit dem ich das Einhorn abwerfen kann, doch hier hat es nichts. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, einfach einen Stuhl zu werfen, als ohne Vorwarnung kleine Regenbögen auf mich zugeschossen kommen. Sie schließen sich um meine Handgelenke und ich werde mit einem Ruck nach hinten gerissen, sodass ich gegen einen der Tische stoße. Ich merke, dass ich meine Hand nicht mehr von dem Tisch lösen kann, die Regenbögen sind wie Klammern, die mich davon abhalten. Die nächsten Regenbögen sorgen dafür, dass ich meine Beine an die Tischbeine gefesselt werden und ich mich gar nicht mehr rühren kann. Wütend versuche ich, mich zu befreien, doch es bringt nichts.
Kichernd fliegt das Einhorn nun um mich herum und singt dabei wieder sein nerviges Lied.
"Hilfe!", schreie ich, in der Hoffnung, dass mich jemand hört und befreit. Immer noch singt das Einhorn und es tut in meinen Ohren weh. "Ich hasse dich!", rufe ich nun, doch das Einhorn ignoriert mich.
"Pink fluffy unico-" Ein Speer spießt das Tier plötzlich an der Wand auf.
"Sarah, schau!", ruft Steven, "Ich habe was getroffen!" "Kannst du mich losmachen?", frage ich den Drummer sofort, doch er hört mir nicht zu.
"Schau mal, was ich erledigt habe!", ruft er freudig und deutet auf das Einhorn, als dieses plötzlich in Flammen aufgeht und verschwindet.
"Mach mich bitte los, Steven", verlange ich erneut und zerre an den Regenbögen.
"Wo ist mein Einhorn?", fragt Dave, der ebenfalls im Raum aufgetaucht ist, mit trauriger Stimme.
"Es ist in Flammen aufgegangen", verteidigt sich Steven sofort.
"Würde einer von euch beiden mich freundlicherweise losmachen? Hallo?" Wütend versuche ich, sie auf mich aufmerksam zu machen.
"Komm schon Steven, wir müssen es suchen!", ruft Dave und beide rennen aus dem Klassenzimmer.
"Hey, kommt zurück, lasst mich nicht allein!", schreie ich ihnen hinterher, doch nun bin ich wieder allein. Ich höre ein leises Kichern....


"Hilfe!", hört er ihn von irgendwo her rufen. Er blickt sich panisch um. Alles steht in Flammen.
"Hilfe!" Die Stimme scheint aus dem Proberaum zu kommen.
Er bahnt sich einen Weg durch die Flammen, schützend hebt er sich die Hand vor sein Gesicht. Wegen des ganzen Rauchs muss er husten. Er reißt die Tür zur Küche auf, auch dort steht alles in Flammen.
"Hilf mir!" Die brennende Tür zum Proberaum ist zu. Unter Adrenalin versucht er, die Tür einzutreten. Tatsächlich hängt diese nach einigen anstrengenden Tritten nur noch in einer Angel, sodass er sie nach Innen auftreten kann. Hinter der Tür befindet sich ein bodenloser Abgrund. Auf der anderen Seite des Proberaums ist noch ein Teil des Bodens, auf dem noch das Schlagzeug steht.
"Hilf mir", ruft Slash, der sich dicht an die Wand hinter dem Schlagzeug presst und an der ebenfalls Flammen entlangzüngeln. Der Teil des Bodens, auf dem er steht, beginnt langsam wegzubröckeln.
Seine Gedanken überschlagen sich in Panik. "Ich komme nicht an dich ran!", ruft er verzweifelt, während er die Hitze hinter sich spürt.
"Hilf mir bitte!" Immer weiter bricht der Boden weg. Slashs T-Shirt fängt Feuer.
"Geh von dem Feuer weg!", ruft er und streckt hilflos die Hand nach ihm aus.
"Wo bleibst du?" Langsam rutscht das Schlagzeug Richtung Abgrund, die Flammen haben fast Slashs ganzens Shirt eingenommen und züngeln über seine Haut.
"Du musst springen!", ruft er, doch er scheint ihn nicht zu hören. Fast schon lautlos und wie in Zeitlupe fällt nun das Schlagzeug in den unendlichen Abgrund.
"Warum hilfst du mir nicht?", fragt Slash und blickt ihn an. Seine Haut wirft Blasen, das Feuer vebrennt ihm auch die Haare, doch er scheint es nicht zu bemerken.
"Hilf mir doch..."
Das Feuer hat Slash nun vollständig eingehüllt, als nun auch der kleine Teil des Bodens, auf dem er steht, unter ihm wegbricht.
"Nein!", schreit er und er spürt zum ersten Mal die Tränen in deinen Augenwinkeln. Er hustet und ringt um Fassung. Er ist kurz davor, selbst hinterher zu springen. Wie gelähmt starrt er in den Abgrund und es scheinen Minuten zu vergehen.
"Du hast mir nicht geholfen", hört er plötzlich ein Flüstern hinter sich, doch ehe er sich umdrehen kann, wird er in den Rücken gestoßen und stürzt in den Abgrund...

Zitternd und schweißgebadet schreckt er hoch. Er braucht eine Weile, bis sich sein Herzschlag wieder normalisiert hat. Alles ist still in der Hütte. Leise steht er auf und vergewissert sich, dass es ihm gut geht. Dann geht er in die Küche, schnappt sich die halbleere Vodkafalsche und trinkt diese in wenigen Schlucken leer. Der Alkohol lässt ihn etwas entspannen. Er stellt sich an das Fenster und zündet sich eine Zigarette an. Noch immer verfolgen ihn die Bilder des Traumes. Er versucht sich einzureden, dass alles gut ist und nichts dergleichen je passieren wird. Doch der unangenehme Knoten, der sich in seinem Magen gebildet hat, will nicht verschwinden.
Nach zwei weiteren Zigaretten geht er zurück in sein Bett. Etwas in ihm weigert sich, einzuschlafen, doch nach einer Weile driftet er doch in einen zum Glück traumlosen Schlaf.

Die Hütte im Wald [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt