Wunderkerzen

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Tag 48, 1.1.

Sie starrt unschlüssig auf ihr Handy. Sie werden sich doch freuen, wenn ich wiederkomme, oder? Seit knapp zwanzig Minuten sitzt sie schon da und betrachtet den Display. Sie will raus aus der Stadt, sie muss raus. Weg von den Erinnerungen und den Menschen. Sich eine neue Bleibe zu suchen, dafür hatte sie weder Zeit, noch die Nerven oder auch das Geld so wirklich. Sie blinzelte ein paar Mal, ihr Grübeln bereitete ihr Kopfschmerzen.

Seit sie ihn gestern in ihrer Verzweiflung aus seiner Wohnung geschmissen hatte, war er nicht mehr aufgetaucht. Und sie wollte nicht mehr hier sein, falls er das doch irgendwann tat. Um Mitternacht wurde sie von den Raketen und Böllern aus ihrem unruhigen Schlaf gerissen, von der unbequemen Position, in der sie geschlafen hatte, tat ihr nun alles weh.

Sie öffnet ihre Kontakte und scrollt zu der Nummer, der sie nicht mal einen Namen gegeben hatte, weil sie die erste SMS für einen schlechten Scherz hielt. Werden sie überhaupt wollen, dass sie wiederkommt? Wenn sie sich quasi einquartieren will? Sie drückt auf anrufen. Mehr als nein sagen können sie nicht. Etwas zitternd hebt sie sich das Handy ans Ohr. Hoffentlich kommt der Anruf auch durch.

Ein lärmendes Geräusch reißt mich aus dem Schlaf. "Boah, mach den Scheiß aus!", ruft Axl genervt neben mir und zieht sich die Decke über den Kopf. "Maaan, was ist das?", will Sebastian von der Couch aus wissen. "Mach das aus!", verlangt Steven. Mein Kopf dröhnt, das Klingeln hört nicht auf. "Slash, das ist dein Handy", meint Izzy genervt und dreht sich herum. "Wa-wahh!" Mit einem dumpfen Schlag landet Slash auf dem Boden. "Wer ruft an?", will Duff wissen, der nicht einmal wirklich müde klingt und blickt Slash vom Bett aus an. "Keine Ahnung", knurrt der Gitarrist und rappelt sich auf. Immer noch klingelt das Handy. "Mach es aus oder ich tu's!", droht Axl unter der Decke. "Jaja!" Eilig sucht Slash nach seinem Handy. "Ja?!", geht er mürrisch und etwas zu laut dran. Alle blicken ihn an. "Oh hey", sagt er dann überrascht, "Was..? Oh ja, ja klar..." Slash wirkt irritiert und wir sind es ebenfalls. "Ähm", Slash blickt sich um, "Sarah, das ist wohl eher für dich." Er reicht mir das Handy und ich blicke ihn kurz irritiert an, doch aus seinem Gesicht kann ich nicht erraten, wer der Anrufer ist. "Ja?", melde ich mich müde und blinzle. "Taddl."

"Jenni?" "Nein, der Weihnachtsmann." "Was ist los?", frage ich etwas leiser. Ihre Stimme ist leise, ich kann ihre Stimmung nicht ganz deuten. "Ähm-" Jenni zögert etwas, "Kann, äh, kann ich vielleicht wieder zurück in die Hütte kommen?", fragt sie schließlich. "Öh." Ihre Frage überrascht mich, ich bin etwas zu irritiert, um direkt zu antworten und erneut frage ich, was los ist. Eine Weile sagt sie gar nichts, ich höre eine Art Schluchzen, als sie fast flüstert: "Tc hat mit mir Schluss gemacht... ich weiß nicht, wo ich hin soll. Bitte..." "Klar kannst du wiederkommen", versichere ich ihr sofort, "Pack dein Zeug und komm her." "Danke..", murmelt sie und klingt erleichtert. "Ach äh- " Nun bin ich diejenige, die kurz stockt. "Ja?", hakt Jenni nach. "Kannst du vielleicht einkaufen? Wir brauchen wieder Essen." Jenni lacht etwas. "Klar, kann ich machen." Sie klingt amüsiert, ich weiß aber, dass plötzlich nicht wieder alles gut ist. "Super, danke. Passt es, wenn dich jemand in ca. zwei Stunden am Waldrand abholt?" "Ja, ist okay." "Gut, äh, bis dann", verabschiede ich mich. "Bis nachher." Sie legt auf und ich lege immer noch etwas irritiert Slashs Handy weg.

"Wer war denn dran?", erkundigt sich Dave, der mit zerzausten Haaren in Duffs Bett sitzt. "Jenni", antworte ich nur, obwohl er sie ja nicht kennt und gebe Slash das Handy wieder. "Echt? Was wollte sie denn?" Julia klingt irritiert, aber auch ein wenig besorgt. "Warum musste sie so früh anrufen?", knurrt Axl dazwischen, doch ich ignoriere ihn. "Sie kommt wieder in die Hütte", erkläre ich, immer noch etwas verwirrt. "Wieso das?", will Sebastian wissen. "Weil... Tc mit ihr Schluss gemacht hat." Wirklich glauben kann ich es noch nicht, ich kann mir nicht vorstellen, warum er sie verlassen sollte. "Was?!" Julia wohl auch nicht. "Sie ist in ca. zwei Stunden am Waldrand, jemand sollte sie dort abholen." Ich blicke die Jungs an, die sich allerdings alle wieder in ihre Betten verkrochen haben. "Ich kann sie abholen", bietet Sebastian überraschend an. "Und dabei kann er uns mitnehmen", wirft Steve ein und Dave nickt. "Machst du das?", versichere ich mich und Sebastian nickt. "Und du verirrst dich auch nicht?" "Auf keinen Fall!", lacht er und ich muss schmunzeln. "Ich geh' mal Kaffee machen", informiert Julia uns etwas plötzlich und geht in die Küche. Nicht mal ich bin so motiviert, weshalb ich mich wieder zu Axl ins Bett lege.

Die Hütte im Wald [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt