Der Weg zur Hütte

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"Ich möchte eine Freundin anrufen."
"Bist du sicher?", fragt Axl überrascht und zögerlich. Ich nicke.
"Es ist besser, wenn jemand weiß, wo ich bin", erkläre ich leise.
Slash bringt mir sein Handy und ich lächle ihn dankbar an.
"Du kannst in den Proberaum, da bist du ungestört", meint Duff und ich nicke.
Im Proberaum setze ich mich auf den Sitz vor dem Klavier und starre auf das Handy. Mein Herz klopft. Ich weiß, dass ich hier nicht raus gehen werde, ohne sie angerufen zu haben.
Zögerlich wähle ich ihre Nummer. Ich habe mir oft genug das Gespräch vorgestellt, doch als ich mir das Handy ans Ohr hebe, ist mein Kopf wie leer.
"Hallo?"
"Hallo Julia, ich bin's", sage ich leise und spüre wie mein Herz klopft.
"Sarah?"
"Ja."
"Ist alles in Ordnung mit dir? Wo bist du? Wieso hast du dich so lange nicht gemeldet?"
"Mir geht es gut, alles in Ordnung", antworte ich und ich höre, wie sie erleichtert seufzt. "Es tut mir Leid, dass ich mich in letzter Zeit micht gemeldet habe, es war...viel los", erkläre ich und beruhige mich etwas.
"Okay..."
"Ich, ich bin in einer Hütte im Wald", fahre ich fort und erst jetzt wird mir klar, wie dämlich sich das anhört. Julia geht es wohl genau so.
"Was?", fragt sie verwirrt.
"Sorry", lache ich, "Wie gesagt, es war viel los in letzter Zeit. Ich bin auch nicht alleine in der Hütte."
"Und wer ist bei dir in dieser Hütte?", fragt sie und scheint die Geschichte einfach zu akzeptieren, worüber ich froh bin.
"Bitte, denk jetzt nicht, dass ich verrückt geworden bin oder so, aber-"
"Das bist du schon längst", unterbricht sie mich und wir beide lachen kurz.
"Auch wieder wahr. Aber das ist nicht der Punkt. Jedenfalls.... sind Guns N' Roses auch hier."
"Sicher, dass du in einer Hütte und nicht in einer Gummizelle bist?", fragt sie skeptisch und ich muss wieder lachen. Es tut gut, ihre Stimme zu hören und mit ihr zu lachen.
"Ziemlich sicher", antworte ich.
Es folgt Schweigen, bis ich frage: "Willst du herkommen?"
"Ähm, in die Hütte meinst du?"
"Nein, in die Gummizelle. Natürlich in die Hütte. Dann kannst du dich selbst davon überzeugen, dass ich mir nicht wieder irgendeinen Scheiß ausdenke."
Julia scheint zu überlegen und ich warte ruhig auf ihre Antwort.
"Na gut, ich komme her. Wie komme ich zu dieser ominösen Hütte?"
"Äh, gute Frage. Warte kurz."
Ich gehe zu den Jungs ins Wohnzimmer. Diese blicken mich alle fraged an. Ich hebe das Handy von mir. "Kann Julia jemand erklären, wie man hier her kommt?"
Izzy nimmt sich das Handy. "Hallo Julia? Mein Name ist Izzy. Also..."
Er gibt ihr eine Wegbeschreibung scheinbar bis zum Waldrand und meint dann, dass sie dort jemand abholen würde. Er reicht mir wieder das Handy und ich lächle ihn dankbar an, ehe ich wieder in den Proberaum verschwinde.
"Julia? Noch dran, hallo? Julia?"
"Oh ja, sorry, ich war noch...."
Ich lache nur, sie scheint wohl langsam zu realisieren, dass ich tatsächlich die Wahrheit sage.
"Ich mach mich gleich auf den Weg, ja? Ich freue mich schon, dich wiederzusehen."
"Ich mich auch", lächle ich, "Bis dann."
"Bis dann."
Ich lege auf. Alle Anspannung fällt von mir ab und ich grinse unwillkürlich. Ich freue mich plötzlich sehr, dass sie tatsächlich herkommt. Ich genieße das positive Gefühl und gehe zurück ins Wohnzimmer, um Slash das Handy wiederzugeben.
"Dann ist hier wohl noch mehr los", grinst der Gitarrist und auch ich muss grinsen.
"Ich hoffe, das stört euch nicht", meine ich, doch sofort schütteln alle den Kopf. "Ist alles besser als Langeweile", erklärt Axl und ich nicke.
"Sie meinte, es wird noch etwas dauern, bis sie da ist", erklärt Izzy, "Und jemand muss sie dann am Waldrand abholen." Ich nicke.
"Ich kann das machen", bietet Steven an und der Rest wirkt erleichtert, es nicht selbst machen zu müssen. "Musst du im Wald noch nach neuen Drumsticks suchen?", scherzt Duff und Steven rollt nur mit den Augen.

"Also bis dann", verabschiedet sich Steven und schlüpft in seine Lederjacke. Wir winken ihm alle, als der die Tür hinter sich schließt.
Langsam kehrt meine Nervosität zurück und ich merke, dass es wahrscheinlich doch noch einmal anders wird als bei dem Telefonat.
Slash scheint mir meine Nervosität anzumerken und schiebt mir seinen Jack Daniels zu, den er sich vor einer Weile geholt hat. Dankbar trinke ich einen Schluck, verziehe aber mein Gesicht dabei.
"Wir haben auch Bier", lacht Axl, doch ich schüttele den Kopf. Der Sänger zuckt nur mit den Schultern. Immer wieder trinke ich kleine Schlucke, um mich zu beruhigen.
Nach einer Weile wird der Himmel grau und beginnt es draußen zu schneien. Zunächst freue ich mich über die weißen Flocken, doch schnell wird das Schneegestöber dichter und man hört den Wind um die Hütte pfeiffen.

"So langsam sollten sie wieder da sein", murmelt Duff und blickt unsicher zu Izzy. Dieser nickt. "Ach, der Sturm hält sie sicher nur etwas auf", entgegnet Slash und die beiden nicken.
Bald muss Slash sich eine neue Flasche Jackie holen. Nach einer halben Stunde sind jedoch Julia und Steven immer noch nicht da und ich merke, wie auch die Jungs immer öfters zur Tür blicken. Draußen schneit es immer noch und es wird schon langsam wieder dunkel.
Gedankenverloren und schon recht betrunken von Slashs Whisky starre ich aus dem Fenster.
Ich beginne mir auszumalen, was mit ihnen passiert sein könnte und hoffe, dass es Julia gut geht. Kurz drängt sich der Gedanke auf, dass ihr dasselbe passiert sein könnte wie mir, doch den vergrabe ich schnell wieder.
Ich beiße die Zähne zusammen. Ich verspüre Wut. Eigentlich bin ich wütend auf mich, dass ich ihr überhaupt vorgeschlagen habe, herzukommen. Und deswegen irrt Julia jetzt sicher im Wald umher oder Ähnliches.
Doch in meinem Kopf richtet sich die Wut gegen Steven. Denn er hat sich freiwillig gemeldet, sie zu holen und ist immer noch nicht zurück. Ich verdränge komplett, dass es nicht seine Schuld ist und trinke erneut einen Schluck. Die Wut und Frustration werden immer größer und meine Gedanken gleichen einem Ameisenhaufen, in dem ein kleines Kind absichtlich mit einem Stock herumstochert.
Auch, wenn Axl und Duff  versuchen, mich zu beschwichtigen, wird es nicht besser.
Als weitere dreißig Minuten vergangen sind, beschließen sie, dass es doch besser wäre, Julia und Steven zu suchen.
Duff und Izzy sind gerade dabei, sich anzuziehen, als plötzlich die Tür aufgeht.


Die Hütte im Wald [In Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt