Kapitel 20

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In der Schule lief alles wie sonst auch. Langweiliger Unterricht, dumme Lehrer und langsam fingen auch die Prüfungen wieder an. Alles was sich geändert hatte, waren meine Mitschüler. Sie verhielten sich seltsam, aber ich hatte noch nie wirklich viel mit ihnen zu tun gehabt, weshalb ich mir bis jetzt nichts dabei gedacht hatte. Taehyung und ich verstanden uns trotz der 'Rivalensache' echt gut, er war mein bester Freund und das einzige, worauf ich mich während des Schultages freuen konnte, war Zeit mit unserer Bande zu verbringen.

"Was war eigentlich heute los mit dir, Hyung?", fragte ich Yoongi, als er wie gewöhnlich neben mir, die Hände in den Hosentaschen vergraben, nach Hause lief. Das Ereignis vor der ersten Stunde war mir schon den ganzen Tag nicht aus dem Kopf gegangen. Erwartungsvoll leckte ich an meinem Lolly und sah den Jungen neben mir an.

"Nichts", antwortete der Geist monoton, während er nur weiter auf den Gehsteig vor uns starrte. Sehr gesprächig war er sowieso nie wirklich gewesen, was hatte ich auch erwartet.

"Ach komm schon, du wolltest einfach so, dass ich aus der Schule verschwinde, noch bevor der Unterricht überhaupt begonnen hatte. Sonst bist du nicht so... außerdem war es, nachdem du zu den anderen gegangen bist", erinnerte ich ihn.

"Ja, ich wollte mit dir schwänzen. Schule ist doch langweilig, da sitz ich immer nur rum und seh' dir beim Lernen zu. Wir hätten auch in eine Spielhalle gehen können, oder so" Seine Erklärung schien mir gar nicht plausibel, weshalb ich besorgt eine Augenbraue hob.

Trotzdem ging ich auf ihn ein. Er würde schon seine Gründe haben. "Hyung, ich kann in der Öffentlichkeit nicht mit dir reden und muss immer aufpassen, dass uns keiner bemerkt" Etwas paranoid blickte ich mich um, dass uns auch ja keiner beobachtete. "Tut mir leid, dass wir nicht wirklich etwas Aufregendes unternehmen können..."

Er schüttelte träge den Kopf "Zu Hause herumdösen und Klavier spielen tut's auch..."

Ich nickte traurig. Auch wenn ich nicht wirklich eine Ahnung hatte, ob wir jetzt Freunde waren, oder nicht, wollte ich unsere Kameradschaft/ Kumpelschaft/ Partnerschaft/ Zimmernachbarschaft, oder was auch immer es war, unbedingt pflegen. Wir hatten oft unsere Auseinandersetzungen, aber ich wollte mich mit ihm verstehen.

Als ich bemerkte, dass dieses Thema uns keinen Gesprächsstoff mehr lieferte und er mir echt nicht sagen wollte, was in der Schule wirklich passiert war, streckte ich mich erstmal und begann dann von neu zu reden: "Wie soll ich dieses Geschichte Referat nur hinbekommen? Geschichte ist das langweiligste Fach der Welt" Yoongi vollzuquengeln kann gefährlich sein, macht aber dafür höllisch Spaß~

Er seufzte, was allerdings in einem Gähnen endete. "Geschichte kann auch aufregend sein, wenn du's aus freien Stücken lernst. Als du noch nicht da warst, hab ich aus Langweile die ganze Bibliothek durchgelesen. Ich weiß jetzt einiges... wenn du Hilfe brauchst, dann kann ich dir also was erklären" Er redete als wäre das was ganz Normales.

Der Meinung war ich aber nicht, also strahlte ich ihn daraufhin an und schenkte ihm ein Eye-smile. "Wirklich??"

~~~

Wir saßen in der Bibliothek auf dem Teppich und ich schlug gespannt meine Schulbücher auf. Yoongi kniete neben mir und beugte sich konzentriert über meine Geschichteunterlagen. Dass er mir immer helfen wollte... Fasziniert beobachtete ich ihn. Weiße Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht und sein Mund war leicht geöffnet; außer seinem leisen, gleichmäßigen Atem konnte ich sonst nichts hören. Nervös schluckte ich. 

"Das Kapitel ist doch ganz easy", fing er an zu reden. "Feudalismus"

Er begann zu erklären, doch wirklich zuhören konnte ich nicht. Stattdessen konzentrierte ich mich auf seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen, die im fahlen Licht glitzerten. Sein rundes, blasses Gesicht erinnerte mich an Zucker, echt süß. Ja, eigentlich sah er für einen Geist gar nicht so schlecht aus, ziemlich niedlich sogar. Darüber hatte ich mir bis jetzt nie Gedanken gemacht, doch war mein Bild für Geister durch Filme echt verschlechtert worden. Immer weiter glitt mein Blick sein Gesicht herab. Seine Nase war makellos, ob ihm Brillen gut stehen würden...? Weiter nach unten. Seine Lippen sahen zart aus.

GHOST / YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt