Kapitel 83

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Taehyungs POV

Nicht lange Zeit, nachdem ich mit meinen Eltern gestritten hatte, machten sie, ohne mich noch einmal zu fragen, einen Termin mit einem Therapeuten aus. Zuerst hatte ich nichts davon gewusst- sowieso ging ich ihnen aus dem Weg- , aber ein paar Tage später zwangen sie mich plötzlich dazu ins Auto einzusteigen, damit sie mich zur Praxis bringen konnten. Natürlich hatte ich mich gewehrt, aber es verlief ja nie irgendetwas nach meinen Plänen.

Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich verraten. Dass heute ein düsterer Tag war, ließ meine Situation nicht gerade besser aussehen. Auf der Autofahrt schwiegen wir größtenteils. Mit meinen Eltern zu reden, war mir zuwider, auch noch als meine Mutter versuchte Ausreden dafür zu finden, warum sie mich zu dem Dreck hier drängten. "Es ist doch nur zu deinem Besten", murmelte sie ein paar Mal, doch ich antwortete nicht, sondern starrte stattdessen melancholisch aus dem Autofenster. Obwohl mir vor ein paar Wochen noch alles so farbenfroh erschienen war, wirkte jetzt alles grau und trüb.

Ursprünglich war ich wütend auf alle, die mich nicht verstanden, gewesen, aber nun verletzte es mich wirklich.  

Die Autofahrt war relativ lang. Wenn ich genauer darüber nachdachte, war das auch logisch, denn welche dummen Menschen therapierten schon Homosexualität? Waren die etwa noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen? Zum Glück waren die weit von meinem Wohnort entfernt. Als wir jedoch dort am anderen Ende der Stadt ankamen, folgte ich meinen Eltern schon freiwillig. Alles, was ich wollte, war, es schnell hinter mich zu bringen.

Dieser Ort sah weder schön, noch einladend aus; die Atmosphäre schreckte mich schon ab. Trotzdem hätte ein Außenstehender wahrscheinlich keine Ahnung, was genau in diesem Gebäude vor sich ging und ehrlich gesagt, hatte ich das auch nicht. Ich meine, wie genau wollte man mich bitte hetero machen?

Zunächst gingen wir durch eine Halle zu einer Art Rezeption, wo wir freundlichst empfangen wurden. Anschließend sprachen meine Eltern über meinen Termin und betonten erneut, dass man mir doch helfen sollte. "Je schneller, desto besser", meinte mein Vater. 

Mit emotionslosem Gesichtsausdruck wandte ich mich ab und setzte mich auf einen Stuhl im Wartebereich gleich daneben, denn dieses Gelaber wollte ich gar nicht hören. Am Liebsten wäre ich abgehauen, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich von hier nach Hause kommen sollte und so wie ich meine Eltern kannte, würden sie nicht so schnell aufgeben. Zwar war es hier relativ bequem, aber trotzdem fühlte ich mich hier wirklich unwohl.

Nach kurzer Zeit in der ich nur auf den Boden gestarrt hatte, hörte ich Geräusche von der Halle kommen. Weinte da etwa jemand? Verwirrt blickte ich zur Seite, da kam ein Mann mit zwei Teenagern, die ungefähr in meinem Alter waren auf uns zu. Die Jungs blieben in der Nähe von mir stehen und hielten sich gegenseitig schluchzend im Arm, während der Mann bei meinen Eltern Halt machte und sie zufrieden anlächelte, als würden gleich daneben nicht zwei andere einen emotional breakdown haben. 

Wie ich schlussfolgerte, war der Erwachsene ein Therapeut und die zwei Jugendlichen Patienten und sie so zu sehen, ließ mich fragen, was zur Hölle in dieser Klinik eigentlich ablief. Als der eine Junge mit den blonden Haaren mitleidig zu mir sah, wurde auch der andere auf mich aufmerksam und heimlich schlichen sie langsam näher zu mir, weshalb ich mich unsicher aufrichtete. 

"Hey", murmelte der Schwarzhaarige und blickte unruhig in Richtung des Therapeuten. Der blonde Junge schniefte nur und drückte sich näher an seinen Freund, der beruhigend seinen Arm um seine Schulter legte und ihn zu sich zog. 

"Hallo...", antwortete ich eingeschüchtert und schaute fragend zu ihnen auf. 

"Ich gehe davon aus, dass du aus denselben Gründen hier bist, wie wir" Daraufhin nickte ich, denn zu diesem Zeitpunkt war es wohl offensichtlich geworden. "Ich hoffe für dich, du wirst nicht stationär aufgenommen, so wie wir beide" Wieder vergewisserte er sich, dass der Therapeut uns nicht miteinander reden sah und schenkte diesem verbitterte Blicke. "Was hier abgeht, ist kompletter Bullshit. Lass dich nicht unterkriegen, okay?"

"Was geht denn genau hier ab?", wollte ich wissen, diese Situation stresste mich. 

Der Schwarzhaarige schnaubte grimmig. "Felix und ich sind ein Paar, aber als wir uns bei unseren Eltern gemeinsam geoutet haben, dachten sie offenbar, wir bräuchten eine Partnertherapie, damit wir einsehen, dass unsere Liebe nicht echt ist" Der Blonde, der anscheinend Felix hieß, versuchte wohl seine Trauer runterzuschlucken, aber das brachte ihn nur zum Husten. Fürsorglich klopfte ihm sein Freund auf den Rücken und wischte ihm mit dem Daumen sanft die Tränen weg. "Die erzählen dir dummes Zeug, also hör nicht auf sie"

Das klang echt schrecklich. Gerade als ich ängstlich nicken wollte, kamen zwei neue Männer ins Spiel. "Changbin, Felix. Zurück auf eure Zimmer!", befahl der eine streng. Erschrocken zuckte Felix zusammen und griff verzweifelt nach der Hand seines Freundes. Aber das brachte nichts, denn jeweils einer von den zwei Erwachsenen nahm einen Jungen am Arm und zerrte die beiden auseinander. Aus Reflex sprang ich auf, um ihnen zu helfen, doch ich konnte nichts machen. Im Hintergrund redeten meine Eltern noch immer mit dem Therapeuten, als wäre nichts. 

"Hyung!", rief Felix panisch und versuchte sich freizukämpfen, jedoch schaffte er es nicht. 

Verstört und ungläubig schaute ich zu, wie die beiden getrennt und separat durch eine Türe in einen anderen Teil der Klinik gebracht wurden. Mit festem Blick drehte sich Changbin noch einmal zu mir um und nickte mir zu.

Entsetzt fiel ich zurück in meinen Sessel und starrte perplex auf die Türe durch die die beiden transportiert wurden. Was zur Hölle war das denn gerade?
Viel Glück, Changbin und Felix...

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Hallow :3 wie geht's euch sooo? Endlich bin ich wieder da juhu ^^

Solche 'Konversionstherapien' gibt es leider wirklich. Hab da drüber nachgeforscht und es hat mich so wütend und traurig gemacht!!

Hab ich schon mal erwähnt, dass ich Jimin in dieser Story gar nicht so leiden kann? Könnte daran liegen, dass er mich manchmal an mich selber erinnert lol

GHOST / YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt