Blaue Augen.

1.5K 110 3
                                    

**Trigger Warnung**

Es war klar, dass niemand bemerkte, dass ich nicht zum Unterricht kam.
Dass ich immer noch auf dem Fliesenboden saß und mit aller Kraft versuchte auszustehen.
Aber irgendwie hatte die Sache mit Sebastian mich mehr getroffen als ich dachte.
Wusste er nicht, was er mich täglich antat?
Wusste er nicht, wie sehr ich unter ihm litt?
,,Felix?",die Tür öffnete sich und Herr Weller betrat den Raum.
,,Die Schule ist seit einer Stunde vorbei, wieso gehst du nicht nachhause?"
Ich sah nicht vom Boden auf.
Woher wusste er überhaupt das ich hier war?
,,Soll ich deine Mutter anrufen?"
Ich schüttelte den Kopf und stand auf.
Ein selbstsicheres Lächeln zierte jetzt meine Lippen.
,,Ich bin schon weg",sagte ich und ging aus der Tür.
,,Felix, warte."
Ich hob winkend die Hand und ging über den leeren Schulhof.
Mein Rucksack lag vermutlich noch in der Klasse und mein Handy war darin. Doch das war mir ziemlich egal.
Ich wartete erst gar nicht auf den nächsten Bus, sondern entschied mich zu laufen.
Lust auf das graue Haus hatte ich weniger. Eigentlich wollte ich nicht mal nachhause. Mich nervte schon der Gedanke, an meine Mutter die betrunken irgendwo rumhängt. Die es nicht auf die Reihe kriegt einen Job zu suchen. Und ihren Freund, Mark, wollte ich sowieso nicht unter die Augen treten. Ein Schlag ins Gesicht hatte mir für heute gereicht. Dabei wollte ich gerade nichts lieber als mir Schmerzen zufügen.
Zu weit entfernt wirkte die Realität gerade. Als würde alles ohne mich passieren und ich würde bloß am Rand stehen.
Zusehend, wie Sebastian mir seine Faust ins Gesicht rammt und danach fragt ob es seine Schuld gewesen sei, dass ich nach meinem Selbstmordversuch in der Klinik landete.
Ja verdammt!
Ja es war deine Schuld!
Die Wut stieg in mir auf und meine Finger verkrampften sich in meinen Oberarmen.
Ich konnte nicht einmal mehr heulen.
Diese verdammte Wut war nichtmal allein gegen Rewi gerichtet.
Sie bezog sich auf mich.
Auf diesen verdammt lächerlichen Versuch sich das Leben zu nehmen, der so kläglich scheiterte.
Meine eigene Dummheit, meine Tür nicht abzuschließen und die Klinge nicht tief genug in meinen Arm zu drücken.
Auf das Blut, dass nicht schnell genug meinen Körper verließ und auf meine Mutter die das Zimmer betrat.
Auf die Zahlen  1 1 2,
die dazu da waren, um Rettung zu rufen.
Die den fast leblosen Körper ins Krankenhaus beförderte, um ihn gegen seinen Willen ins Leben zurück zu holen.
Auf Medikamente und Psychologen.
Auf weiße Räume und Therapien.
Auf den Entlass,
der aufgrund eines Lächelns gerechtfertigt schien.
Ich hasste alles und jeden, doch mich am meisten.
In diesem Moment, wollte ich nichts mehr als ein Auto, dass zu schnell in die Straße einbog.
Einen nahegelegen Bahnhof, in dem in wenigen Minuten ein Zug einfahren würde.
Oder ganz klassisch, eine Brücke, die hoch genug über dem Wasser gebaut war.

Ich wollte sterben, doch das einzige was ich in diesem Moment sah, waren blaue Augen, die mir urplötzlich entgegen kamen.

Anders als andere, fürchtete ich mich nicht vor dem Tod.
Diese blauen Augen, schürten meine unermessliche Angst.

Einer der Gründe | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt