Hoffnungen

1.2K 123 12
                                    

Das Klingeln an der Tür ließ mich zurück zucken. Schnell schaute ich auf meinen Schoß, Rewi hatte heute oft genug meine roten Wangen gesehen. ,,Warte kurz",stotterte er und stand auf.

Ich atmete gefühlt die ganze Luft, die in meiner Lunge war, aus.
Ich hatte bis grade nicht einmal gemerkt, wie verrückt mein Herz schlug.
Etwas wackelig stand ich auf und stolperte einige Schritte nach hinten, bis ich auf dem Sofa landete.
Ich wischte einmal über mein Gesicht, das immer noch tränennass war. Mir entfuhr ein Zischen, als ich die blaue Stelle unter meinem Auge berührte.
Ich musste ja auch noch hier bleiben. Die ganze Nacht.

Er hatte mir gesagt, er würde mich lieben. Meine Augen, meine Haare, mich. All das was ich so hasse.
Mich verließ das Gefühl nicht, dass er log.
Und das es ein Fehler war ihm zu vertrauen und ihn geküsst zu haben.

Machte mich das jetzt eigentlich Bisexuell oder sogar Schwul?
Ich war mir ja nicht mal im Klaren ob ich ihn mochte, geschweige denn liebte.
Es hatte mich wahnsinnig gemacht ihn zu Küssen.  Auf irgendeine neue Art. Auf eine Art die mich mehr wollen lässt, die mich innerlich verbrennt.
Er ist gutaussehend, ohne Frage, dass hatte ich schon immer an ihm bewundert.
Er hat unglaublich schöne Augen.
Und jetzt, wo ich seinen Grund für all das kenne, ist er plötzlich süß.
Ja, unglaublich eigensinnig und feige, aber war ich das nicht auch?

Verdammt, wann hatte ich mich in ihn verliebt?

Ich musste ihn doch lieben, sonst würde ich ihn nicht küssen wollen. Ihn nicht bei mir haben wollen, sonst wäre ich heute nicht her gekommen.

,,Pizza",er grinste unsicher und stellte die beiden Kartons auf den Tisch.
,,Das ist unglaublich unpassend",lachte auch ich verzweifelt.
,,Ich habe ehrlich gesagt keinen Hunger mehr."
,,Ich auch nicht."
Er seufzte und setzte sich neben mich.
,,Geht es dir gut?"
Ich sah zu ihm und nickte.
,,Und dir?",fragte ich.
,,Ja. Bestens."
Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Dann sah er kurz auf den Boden, dann wieder zu mir.
,,Ich will mich immer noch bei dir entschuldigen",gab er zu.
,,Wozu? Ich hab dir verziehen."
,,Aber-",er seufzte.
,,Wofür denn?"
,,Alles! Alles was so passiert ist."
,,Okay, wenn dich das so belastet entschuldige dich, aber wie gesagt, brauchst du nicht."
Er hielt kurz inne.
,,Sorry für das Geld, was wir dir abgezogen haben, ich zahl dir das irgendwie zurück. Sorry für die zwei Rippenprellungen. Sorry für die ganzen Beleidigungen."
Ich blieb einfach still.
,,Sorry für das andauernde zerreißen deiner Hefte. Sorry für das zuschieben von irgendwelchen Spickzetteln, sodass du Sechsen bekommen hast. Sorry für jeden Tritt, jeden Schlag-"
,,Reicht Rewi",unterbrach ich ihn.
,,Sorry für das Zerstören deines Lebens."
,,Du hast mein Leben nicht zerstört. Ich hab es kaputt gemacht."
,,Ich war aber ein Grund."
,,Ja! Aber nur einer von vielen. Mach dir nicht so einen Stress, es ist vorbei",kurz lag meine Hand auf seinem Bein, doch ich zog sie sofort zurück.
Er nickte.
,,Du - dass hörst sich wahrscheinlich echt dumm an, aber darf ich dich nochmal küssen?"

Wie bitte?
Ich konnte mir mein dümmliches grinsen nicht verkneifen. Genauso wenig wie die aufsteigende Hitze in mir.
Surreal.

Ich bekam kein Wort raus, also nickte ich einfach.
Ohne eine weitere Sekunde zu zögern, hatte er mich am Saum meines Pullovers gepackt und zu sich gezogen.
Wie von allein schlossen sich meine Augen, schon lagen seine Lippen wieder auf meinen.
Ich könnte es gar nicht beschreiben.
Warm wäre das erste Wort.
Hitze das Zweite.
Und darauf würde nur noch positives folgen.

Wann hatte ich zuletzt solche Gedanken, fragte ich mich.

Es fühlte sich an, als wäre diese ganze Schwärze in mir durch etwas anderes ersetzt worden.

Ich konnte gar nicht anders, ich musste meine Mundwinkel nach oben ziehen.

Ich hätte nie geglaubt, dass er mich mal glücklich machen könnte.
Aber das tat er.

Einer der Gründe | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt