Sein Haus

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Schweigend ging ich neben ihm her. Er versuchte etwas ungeschickt sein Motorrad zu schieben und zischte manchmal genervt auf.
Meine Hände waren schweißnass und ich glaubte, mich jede Sekunde übergeben zu müssen.
Das ist ne dumme Idee, dachte ich.
Das kann nicht gut gehen.
Und als wir in seine Straße einbogen, wünschte ich mir, nie ja gesagt zu haben. Aber es war zu spät, sein Haus war das zweite, modern und weiß.
Er stellte sein Motorrad in die Einfahrt und lächelte mich kurz an. Ich erwiderte nichts, so schnell konnte ich auf eine so ungewohnte Geste nicht reagieren.
,,Meine Eltern sind heute noch weg",sagte er und fischte einen Schlüssel aus seiner Jackentasche.
Die Tür öffnete sich und ein Schwall von Wärme, kam mir entgegen.
Kein Rauch, kein Alkohol, kein Mikrowellenessen. Kein Geruch, den ich sonst gewohnt war.
Etwas perplex stand ich noch da, als Sebastian bereits eingetreten war.
,,Willst du nicht rein kommen?"
Mir stieg das Blut in die Wangen. Ich wusste gar nicht wie man sich bei Anderen verhält. Ich war seit Jahren bei niemandem mehr gewesen.
Ich trat in den Flur und zog, wie er es tat, meine Schuhe aus.
,,Ich gebe dir einen Pullover von mir, deiner ist komplett durchnässt",sagte er und ging auf die weiße Treppe zu, die vermutlich zu seinem Zimmer führte.
,,Kommst du?"
Mein Puls stieg wieder rasant an und meine Übelkeit, wurde unerträglich.
Er wollte mir einen Pullover von sich geben.
Ich stand in Sebastian's Haus.
Ich konnte nicht vor ihm wegrennen.
Langsam folgte ich ihm die sich zu bewegen scheinende Treppe hoch. Er betrat das erste Zimmer und ich ging ihm nach.
Mein Blick schweifte durch den hellen, ordentlichen Raum. Irgendwie motivierte der Anblick mich, auch mal mein Zimmer aufzuräumen.
Die Wand, an dem ein dunkles Bett stand, war grau gestrichen. Auf der anderen Seite stand ein Schreibtisch. Etwas unaufgeräumter, mit Blättern, Büchern und einem Laptop bestückt.
Sebastian stand vor einem weißen, relativ großen Schrank und zog einen Pullover aus einem der Stapel. ,,Ist der okay?",fragte er und hielt einen einfachen, schwarzen hoch. Ich nickte. ,,Du kannst ihn im Bad anziehen",sagte er und zeigte auf eine weiße Tür. ,,Danke",sagte ich und betrat den angrenzenden Raum.
Ich befreite mich von meinem nassen und zog seinen Pullover an.
Ich fühlte mich hier unwohl. Irgendwie war es angenehm, in diesem aufgeräumten, hellen Haus zu sein. Aber es war Sebastians. Ich fühlte mich falsch hier. Mit seinem Pullover, der nach irgendeinem Waschmittel, wärme und einfach ihm roch.
Ich öffnete die Tür und trat wieder in sein Zimmer. Für einen Moment schien sich der Raum wieder im Kreis zu drehen, dann stand er still. Ich wollte mich irgendwo festhalten, weil ich glaubte meine Beine knickten weg. Aber nichts war in der Nähe. Mein Kreislauf schien mir überlegen zu sein und auch wenn ich mich dagegen zu wehren versuchte, verschwand jegliche Kontrolle über meine Beine und die schwarzen Punkte, die vor meinen Augen tanzten, schlossen sich zu einer einheitlichen Fläche zusammen.

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