Nein

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Der nächste Tag hatte zunächst ohne besondere Vorkommnisse begonnen. Meine Stimmung befand sich immer noch in einem Tief, mein Auge war noch blau und meine Mutter schlief ihren Rausch aus.
Ich wollte gerade das Haus verlassen als Mark mich an die Wand drückte. ,,Hast du meine Zigaretten geklaut?",fragte er und der Geruch von Alkohol stieg in meine Nase. Ich schüttelte heftig den Kopf. Dieses Mal nicht. ,,Lüg mich nicht an. Du Spast riechst nach Rauch."
,,Was kann ich dafür, wenn du dich nicht daran erinnern kannst geraucht zu haben",entgegnete ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. ,,Was hast du gesagt?",er packte mich am Kragen und schüttelte mich. ,,Hast wohl deine Gehirnzellen weggetrunken",wiederholte ich.
Ehe ich mich versah, durchfuhr ein Schmerz meinen Körper. ,,Willst du noch eine?",seine Faust schlug wieder in mein Gesicht. Ich krümmte mich vor schmerzen, doch er holte wieder aus und boxte in meinen Bauch. ,,Jetzt wiederhol nochmal was du gesagt hast",sagte er und drückte seinen Arm gegen meinen Hals. Ich sagte nichts, da ich erstens keine Luft bekam und zweitens genug Schmerzen hatte.
Ich drückte seinen Arm von mir weg und holte tief Luft. Schnell öffnete ich die Tür und rannte nach draußen. ,,Das war noch nicht alles!",rief Mark mir hinterher und neben mir zersprang eine Flasche.
Ich rannte einfach den Weg weiter, den Bus hatte ich sowieso verpasst. Das warme Blut lief meine Wange herunter und meine Kräfte schienen mich immer mehr zu verlassen.
Außer Atem blieb ich stehen und versuchte nicht ohnmächtig zu werden. Mein Kopf pochte und die heißen Tränen brannten in der Wunde, die sich direkt unter meinem Auge befinden musste. Ich setzte mich auf den Bürgersteig und legte mein Gesicht in meine Hände.
Ein lautes brummen, verstummte vor mir. ,,Felix?"
Wäre ich dazu in der Lage gewesen, wäre ich jetzt aufgesprungen und weiter gerannt, aber ich konnte nicht.
Zwei Hände umgriffen meine und lösten sie vorsichtig von meinem Gesicht. Ich blickte in Sebastians Augen, die mich erschrocken musterten. ,,Was hast du gemacht?",fragte er. Ich schüttelte den Kopf und zog meine Hände aus seinen. Ich stand wieder auf, doch er hielt mich fest. ,,Hey, du kippst gleich um, mach mal langsam." Er drückte mich an den Schultern wieder zurück auf dem Boden, ehrlich gesagt hatte ich keine Kraft mich dagegen zu wehren.
,,Soll ich dich nachhause bringen?",fragte er und ich erblickte sein Motorrad hinter ihm. ,,Nein",stotterte ich. ,,Du blutest, du solltest lieber zum Arzt",merkte er an, doch ich ignorierte seine Aussage. Er hatte mich oft krankenhausreif geschlagen, das war gar nichts.
,,Felix wer war das?",fragte er und holte ein Taschentuch aus seiner Jackentasche.
,,Als wenn es dich interessiert",murmelte ich. ,,Tut es."
,,Du hast mir doch tausendmal solche Wunden verpasst, was kümmert es dich wenn es jemand anderes macht?"
,,Es tut mir so leid",sagte er leise und tupfte auf die Wunde. Ein Zischen entfuhr mir und ich nahm ihm das Tuch aus der Hand. ,,Das sagst du nur, um mich später noch mehr zu verletzen",entgegnete ich. ,,Glaubst du das wirklich?"
,,Sebastian du hasst mich! Du hasst mich seit zwei Jahren und du verprügelst mich und du hast es mir vorgestern noch selbst ins Gesicht geschrien!"
Sebastian hielt inne.
,,Ich hasse dich nicht."
,,Nein? Warum sagst du es dann immer? Sag einmal die Wahrheit Sebastian!"
Er kniff die Augen zusammen und wenn ich richtig sah', rollte eine Träne aus seinem Augenwinkel.
Ich wollte gerade wieder losschreien, da öffnete er seine Augen.
Vorsichtig nahm er mein Gesicht in seine Hände und legte seine Lippen auf meine. Die Hitze stieg in mir auf und erschrocken drückte ich ihn von mir weg. ,,Hör auf damit!",schrie ich ihn an. ,,Sorry." ,,Nein! Ich - Was soll das?",schrie ich weiter.
Sebastians blaue Augen blickten mich eindringlich und entschuldigend an.

,,Ich war so egoistisch. Ich hätte dir das alles nie antun dürfen."

Einer der Gründe | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt