Lachen.

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Ich verwarf jeden Plan den ich mir für den restlichen Abend gemacht hatte. Vielleicht sogar für die nächsten Tage.
Ich rief Felix nicht an,
erzählte nichts Sophia und schrieb nicht noch mit Taddl.
Das fehlte mir noch.
Nein ich saß weiterhin auf meinem Bett, mit dem Blick auf die Tür, die ich am liebsten zugeschlagen hätte. Gegen die ich am liebsten getreten hätte. An der ich mich runter gleiten lassen wollte um auf dem Boden einfach nur weiter zu schreien.
Ich war selbst einwenig davon erstaunt wie fertig ich war.
Ich konnte nichts anderes tun als immer wieder in meinem Kopf einen Satz zu sagen.
„Ich habe meinen besten Freund verloren."
Es sollte mich kalt lassen, ich sollte damit klar kommen. Kam ich aber nicht.
Es nahm mich mit und das nicht gerade wenig.
Sophia kam kurz nachdem er gegangen war ins Zimmer und wollte fragen ob alles gut gelaufen sei und ich nickte. Sagte er musste aber wieder gehen und sie gab sich damit zufrieden. Es machte mich fast wütend, das sie es einfach so hinnahm, dabei hatte ich sie doch angelogen. Ich war verwirrt, meine Welt hatte ein Land verloren und kein Ufer war in Reichweite.
Gedankenverloren blickte ich auf den Türspalt. Ich kannte Luca seit Jahren, seit unglaublich vielen Jahren. Wir waren nie wie diese Bilderbuch-Freundschaften. Wir redeten kaum über Probleme, kannten sie aber. Nie haben wir uns getröstet oder aufgebaut, wir waren da und haben zusammen gelacht. Er war kein typischer Fels in der Brandung, er war eine Auszeit vom Leben. Vom Stress und von Problemen. Ich kann mich an kein ernstes Gespräch zwischen uns erinnern und jetzt verstehe ich auch wieso.

Mein Kopf schnellte hoch als sich etwas in mein Blickfeld schob. Es war mein Freund, der mich besorgt musterte. „Wie kommst du hier rein?",fragte ich vielleicht etwas zu schroff.
„Sophia hat mich reingelassen. Sie sagt das Gespräch zwischen Luca und dir sei gut gelaufen?"
„Ja."
Er setzte sich auf den Stuhl vor mir, auf dem eben noch Luca gesessen hatte. „Sieht aber nicht danach aus."
Wieso sollte ich ihn anlügen?
„War es so schlimm? Hat er dich beleidigt?",fragte er, doch ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Er hat gesagt er kommt damit  nicht klar und ist gegangen."
„Tut mir leid",er rollte näher zu mir und griff nach meiner Hand. Den Widerstand den ich in mir spürte, unterdrückte ich. Ich brauchte nicht noch den ganzen Kontinent verlieren.
„Es - ich komme damit klar",kurz schweifte mein Blick durch den Raum.
„Wenn nicht kannst du es mir sagen",versicherte er.
„Ja, ich weiß."
Er beugte sich zu mir und legte seine Hände an meinen Hals. Dann küsste er mich und ich hätte es genossen, wäre da nicht ein absolut ekelhafter Geschmack gewesen.
„Ew! Felix hast du geraucht?",ich wischte schnell über meine Lippen und Felix musste schmunzeln. Ich hatte vieles durch. Jegliche Drogen, Liter an Alkohol, nur Zigaretten fand ich unglaublich abstoßend. Der dreckige Rauch in meiner Lunge war einfach nichts für mich, auch wenn ich wusste dass manche der anderen Substanzen, die ich so zu mir nahm, deutlich schädlicher waren.
„Sorry",er schmollte. „Kannst du nicht mal damit aufhören?"
Ich wusste das er raucht und das nicht gerade selten. Davon abgesehen das ich ihn oft nach der Schule dabei gesehen und Ardy ihm manchmal die Zigaretten abgezogen hatte, rochen seine Sachen immer einwenig danach. „Ich versuch's so selten wie möglich zu machen." „Davon merk ich aber nichts."
„Früher hab ich mehr geraucht."
„Du bist sechzehn, was heißt früher?",meine Lippen verzogen sich zu einem grinsen.
Er antwortete nicht sondern kam mir wieder näher. „Hör auf!" Schon lagen seine Lippen wieder auf meinen. Ich versuchte ihn wegzudrücken, aber er lehnte sich so weit über mich, dass ich in die Matratze gedrückt wurde. Er verteilte Küsse in meinem ganzen Gesicht. Zwar war der Rauchgeschmack nicht sehr penetrant, doch ich hielt ihm aus Prinzip meine Hand auf den Mund. „Pech!",grinste ich, doch er kniff die Augen zusammen. „Felix!",schrie ich ihn an als er plötzlich über die Innenfläche meiner Hand leckte. Er fing an zu lachen und ließ sich neben mich fallen, während ich meine Hand an seinem Pullover abschmierte.

Und somit hatte ein depressiver Junge mich wieder zum Lachen gebracht, als ich traurig war.

Einer der Gründe | RewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt