Kapitel zweiunddreißig - Watson-Holmes unter sich

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Am nächsten Morgen werde ich von Sonnenstrahlen geweckt, die durch das schmutzige Fenster in Johns Zimmer fallen. Ich räkle mich in seinem Bett und sehe auf die Uhr. 7:35. Seufzend lege ich mich wieder hin und sehe zur linken Seite des Bettes. Ruhig geht der Atem der kleinen Rosie, die dort neben mir schläft. Ich rolle mich auf die Seite, winkle meine Beine an und ziehe die Decke über meine Beine. Nachdenklich beobachte ich die schlafende Tochter meines Freundes. John... Traurig schließe ich meine Augen und atme den vertrauten Duft ein, der an seinem Kopfkissen klebt. Ich spaziere in der Stille des Morgens durch meinen Gedächtnispalast. Ich komme an Rotbart vorbei, mit dem ich einige Zeit spiele, an Magnussen, der vor meinen Augen immer wieder John ins Gesichts schnipst, und an Mycroft, der mir erneut Angst einjagt. "Es kommt ein Wind aus dem Osten, Sherlock!"

Ein seltsames Geräusch reißt mich aus meinen Gedanken und ich öffne erschrocken meine Augen. Was war das? Ich erblicke Rosie und sehe, dass sie mittlerweile ebenfalls die Augen geöffnet hat und fröhlich an ihren Fäusten nuckelt, was natürlich ein absonderliches Geräusch produziert.

Ich setze mich auf und sehe sie an.

"Guten Morgen, Rosie."

Vorsichtig hebe ich sie aus dem Bett und gehe mit ihr die Treppen zum Wohnzimmer hinunter. Dort setze ich sie in ihren Hochstuhl, der mittlerweile neben Johns Sessel steht, nehme meine Geige auf und stelle den Notenständer meiner Geige leicht versetzt zwischen Rosie und mich. Sie gluckst in freudiger Erwartung und sieht mich interessiert an. Ich beginne mit einigen zarten Tönen und versinke total im Geigenspiel. Die Tonfolgen gehen mir leicht von der Hand und ich spüre, wie sehr ich meine Geige vermisst habe. Nach und nach beginne ich mich im Takt der Musik zu bewegen. Erst nur mit dem Fuß, dann immer mehr. Bei dem dritten Stück, das ich Rosie vorspiele, gehe ich erst etwas langsamer durch den Raum. Dann baue ich immer öfter kleine Drehungen und Richtungswechsel ein. Es scheint, als würde ich mit meiner Musik tanzen. Rosie lässt mich keine Sekunde aus den Augen.

Nach dem Stück beende ich meine Vorführung, gehe auf meinen eigentlichen Platz zurück, spiele den letzten Ton nur für Rosie besonders gefühlvoll und setzte die Geige ab. Grinsend verbeuge ich mich vor der kleinen Dame und höre ein Klatschen.

Verwirrt sehe ich auf und entdecke Mrs. Hudson, die im Wohnzimmer steht; ein Tablett mit einer dampfenden Teetasse steht auf dem Tisch .

"Das war wunderbar!", sagt sie erfreut und nimmt das Tablett, um es zu den Sesseln zu stellen.

Genervt verdrehe ich meine Augen und lasse mich mit meiner Geige auf meinen Sessel fallen.

"Ich dachte, Sie sind nicht unsere Haushälterin.", sage ich und zupfe an den Saiten meines Instrumentes.

"Bin ich auch nicht." Mit einem Seufzen lässt sie sich in den Sessel fallen.

"Ich wollte nur sehen, wie sie und Rosie zurecht kommen."

"Wunderbar, das sehen sie doch." Mit meinem Geigenbogen zeige ich auf Rosie. "Und danke für den Tee!" Ich stehe auf und deute nun zur Tür.

Mr. Hudson seufzt.

"Also wirklich!", entrüstet steht sie auf und verlässt sie das Wohnzimmer. Ich lasse hinter ihr die Tür ins Schloss fallen, gehe zu Rosie und beuge mich zu ihr hinunter.

"Jetzt sind wir wieder unter uns. Hungrig?", frage ich Rosie.

"Ich verhungere!", antwortet John für sie in meinem Kopf und ich grinse.

"Na, dann mache ich dir mal was zu essen."

***

Nachdem Rosie gefrühstückt hat - nein, ich brauche nichts - und ich das letzte bisschen des Pulvers verbraucht hat, beschließe ich, dass es Zeit ist, einkaufen zu gehen. Ich ziehe also Rosie an, schnalle mir den Tragegurt um und mache mich auf den Weg.

Bei Mrs. Hudson lasse ich mir kurz den Weg zum nächsten Supermarkt erklären - natürlich weiß ich nicht wo der Nächste ist, das ist unwichtig! -. Die Sonne strahlt mittlerweile hell vom Himmel und ich schwitze leicht unter der Last von Rosie und meinem dicken Mantel.

Im Supermarkt angekommen, schlendere ich durch die Gänge und suche die fehlenden Dinge zusammen. Windeln, Pulver und Brei für Rosie und Salz und Kaffeefilter für ein Experiment meinerseits landen in unserem Einkaufskorb. Die Temperatur im Supermarkt gleicht immer mehr einer Sauna und ich merke, wie mir der Schweiß immer stärker den Oberkörper hinunter läuft.

Als der Korb voll ist, mache ich mich auf den Weg zu den Kassen und bemerke immer öfter seltsame Blicke, die mir von den unterschiedlichsten Personen zugeworfen werden. Meine Güte, ist es so seltsam, dass ein Mann mit seiner Tochter einkaufen geht? Eine Dame, die mir in der Haushaltsabteilung entgegen kommt, schüttelt sogar vorwurfsvoll ihren Kopf.

Ich ignoriere geflissentlich alle weiteren verständnislosen Blicke und bezahle an der Kasse meine Ware.

***

Zuhause angekommen stelle ich erst einmal erschöpft die Einkäufe in die Küche und gehe dann ins Wohnzimmer, um den Tragegurt zu lösen und Rosie daraus zu befreien. Ich setze sie in ihren Hochstuhl und gehe in mein Zimmer, um mir selbst etwas neues anzuziehen. Als ich jedoch an dem großen Spiegel, der im Flur hängt, vorbeikomme, sehe ich weswegen mich so viele Einkaufende seltsam angeschaut hatten. Dort, wo Rosies Tragegurt endete, verläuft ein großer dunkler Fleck, der sich bis zur Mitte meiner Oberschenkel zieht. Verwirrt blicke ich erneut auf mein Spiegelbild und gehe dann zu Rosie ins Wohnzimmer. Ich hebe sie aus dem Hochstuhl und lege sie auf das Sofa - natürlich benutze ich eine Unterlage! - und sehe, dass sie selbst mit Urin... nun ja... Sie ist eben voll gepinkelt. Angeekelt blicke ich das kleine Wesen an.

"Na super!" Seufzend setze ich mich neben Rosie.

"Mrs. Hudson!!", rufe ich unsere Vermieterin.

***

"So. fertig. Das nächste Mal ziehen Sie ihr die Windel direkt besser an, dann läuft die auch nicht aus."

Ich sitze, frisch geduscht und umgezogen, auf dem Sofa in unserem Wohnzimmer. Nachdem ich Mrs. Hudson gerufen hatte, war diese sofort gekommen und hatte mir - wenn auch etwas widerwillig - mit Rosie geholfen. Diese sitzt neben mir auf dem Sofa und versucht immer wieder meine Locken zu erreichen, was ich nur mit missbilligen Blicken zu würdigen weiß.

"Ja gut mache ich. Ich würde gerne heute Nachmittag ins Krankenhaus gehen."

"Wieso? Geht es Ihnen nicht gut?"

Ich seufze genervt.

"John ist im Krankenhaus, schon vergessen?"

"Ähm... Ja gut, dann bringen Sie Rosie einfach nach unten, wenn Sie gehen."

Ich nicke.

Mrs. Hudson hat schon den Türrahmen erreicht, als sie sich noch einmal umdreht: "Ach ja, haben Sie an den Brei für Rosie gedacht? Wir hatten ja darüber gesprochen, dass sie langsam mit Beikost anfangen sollte."

Ich nicke erneut gedankenverloren.

"Nagut." Sie klopft mit der flachen Hand einmal auf den Türrahmen und geht dann summend nach unten.

Der Mond scheint hell heute Nacht (Johnlock FanFiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt