"Verdammt, dass ist der Alte!", meckert Lara prompt los und baut sich aggressiv vor uns auf. "Ich schaffe nicht beide. Du musst einen übernehmen." Mit einer Miene, die keine Widerworte dudelt, durchbohrt mich ihr Blick und ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter.
Ich muss mich jetzt zusammenreißen. Ich kann nicht mehr ändern, was passiert ist. Deswegen darf ich jetzt nicht meinen Kopf in den Sand stecken. Ich presse den verängstigten Engel näher an mich. Max schlottert am ganzen Leib und winselt undeutliche Laute vor sich her. Er ist komplett aufgelöst und überfordert. Wenn ich mich jetzt hängen lasse, dann bin ich nicht nur für meinen Tod verantwortlich, sondern auch für den des Siebenjährigen.
Ich muss lernen, mit den Konsequenzen meiner Tat zu leben und das schnell. Ansonsten sind auch alle anderen Männer und ganz besonders mein Gegner umsonst gestorben, denn dieser Kampf findet nur wegen uns statt. Unter keinen Umständen werde ich einen der Kinder sterben lassen.
Mit neugewonnenem Willen wische ich die Tränen aus meinem Gesicht und nicke dem Wolfsmädchen zu, woraufhin sich ihre Mundwinkel aufmunternd heben und sie meine Geste erwidert. Danach liegt ihre Konzentration auf dem älteren Soldaten, welcher sie mit seinen Fäusten bedroht an denen die stahlharten Schlagringe aufblitzen.
Lara springt geschickt zurück und rutscht auf ihren Sohlen einige Meter nach hinten. Ihr tiefes Knurren lässt die Erde erbeben und in wenigen Sekunden verändert sich ihr ganzes Aussehen. Ihre feinen Härchen werden zu einem dichten, goldbraunen Fell, während ihre Knochen knacken und ihre Kleidung zerreißt.
Eine Schauer läuft mir über den Rücken, als die furchtbaren Geräusche durch die Luft schmettern. Ich möchte gar nicht wissen, wie schmerzhaft die Verwandlung in einen Wolf ist. Es sieht so aus, als würde der menschliche Körper zerfetzen, um sich daraufhin in der neuen, tierischen Form zusammenzusetzen.
Mit gefletschten Zähnen hetzt sie auf den Uniformierten zu und greift ihn mit ihren messerscharfen Krallen an. Der Soldat weicht spielend leicht aus und auch die folgenden Angriffe der Wölfin landen im Nichts. Seine Kampferfahrung zwingt das goldbraune Wesen auf Abstand zu gehen, denn jeder seiner Hiebe ist präzise gesetzt und nur Laras Reaktionen verhindern, dass das massive Eisen sein Ziel trifft.
Wie ein Tänzer führt er sie in jede Richtung, die er möchte und ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich auf dieses Spiel einzulassen. Wütend knurrt sie ihn an, was ein zufriedenes Grinsen auf das gelassene Gesicht des Mannes treibt. Er ist sich seiner Überlegenheit mehr als bewusst. Urplötzlich rast er auf sie zu und boxt ihr brutal gegen die Schläfe, was Lara qualvoll winseln lässt.
Ich kreische auf, als sie angeschlagen zusammenbricht und sich nur keuchend aufrafft, um weiter zu kämpfen. Ihre braunen Augen zeigen keine Schwäche, doch ist ihr der Schmerz anzusehen. Ihre Pfoten graben sich in die Erde und ihr Brustkorb erzittert bei jedem Atemzug. Sie wird diesen Kampf verlieren, wenn es so weiter geht.
"Was hast du angerichtet?", wütend donnert die Stimme meines Aufpasser zu mir und erschrocken starre ich zu dem blonden Koloss. Ich schiebe Max schützend hinter mich und verdränge mein schlechtes Gewissen in die letzte Ecke meines Gehirns.
"Konntest du nicht einfach im See verrecken? Das ist alles deine Schuld! Wegen dir tötet dieser Bastard alle meine Freunde!", brüllt er und jeder seiner stampfenden Schritte lässt mich zurücktaumeln. Kalter Angstschweiß läuft meinen Rücken hinab und mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich kann meinen Blick nicht von den vor Zorn glühenden Augen und dem fest zusammengebissenen Kiefer abwenden. Sein Zähneknirschen kann ich sogar durch meinen hecktischen Atem hören.
"Du Miststück! Ich sollte dich genauso qualvoll abschlachten, wie du ihn ersoffen hast!" Er zeigt wutschäumend mit seinem Finger in den See und baut sich bedrohlich vor mir auf. Wieso habe ich nicht erkannt, dass er der zweite Soldat war, der auf uns zugerast ist?
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Durch den Nebel - Jenseits aller Regeln
Fantasy"Gehe nicht mit Fremden mit!" Jeder kennt diese Warnung, aber niemand kann sich alle Konsequenzen bewusst machen, die bei einer Missachtung folgen. Es ist alles möglich und nichts ist sicher. So muss auch die Studentin Alexandra ins kalte Wasser spr...