Kapitel 52

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"Du musst so langsam aufstehen", weckt mich eine dunkle Stimme und trotzig drehe ich ihr meinen Rücken zu. Ich will nicht aufstehen! Ich will noch ein wenig schlafen, nur fünf Minuten oder fünfzig oder fünf Stunden...

Weiche Lippen erkunden meinen Hals und blitzschnell verbreitet sich eine angenehme Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. Dieser Idiot hat eine viel zu große Wirkung auf mich! Als seine raunen Finger fordernd unter mein viel zu großes Schlafshirt wandern und verlockende Muster auf meinen Bauch malen, kann ich mir ein leises Stöhnen nicht verkneifen.

"Ich weiß, dass du wach bist", flüstert er und beißt mir neckend in mein Ohrläppchen, was mir ein erschrockenes Japsen entlockt. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich diesen Idioten manchmal hasse?

Nörgelnd winde ich mich unter ihm und drehe mich schlussendlich zu ihm um, wodurch ich in sein amüsiertes Gesicht schauen kann. Seinen sündigen Lippen sind zu einem arroganten Grinsen verzogen und ein gieriger Blick liegt in seinen dunkeln Augen.

"Dann lass mich aufstehen", beschwere ich mich, weil dieser Riese über mir liegt und mich unter seinem heißen Körper einsperrt. Viel weiter als das eine Mal sind wir nicht gegangen, auch wenn ich das Gefühl habe, dass es von Tag zu Tag schwerer wird ihm zu widerstehen.

Doch in den letzten drei Wochen bin ich jedes Mal auf der Stelle eingeschlafen, als ich den letzten Faden geknüpft hatte und Tristan musste mich ins Bett tragen. Morgens hat er mich so lange wie möglich ausschlafen lassen, bevor wir uns schnell um die nötigsten Angelegenheiten aus der Uni gekümmert haben und dann zu Bajaga aufgebrochen sind.

Zu meinem Glück ist es tatsächlich so gewesen, dass allein Tristans unmittelbare Anwesenheit meine Belastungsgrenze merklich erhöht hat, weswegen die Hexe und ich die Fäden aus Magie effizienter einarbeiten und sogar gestern fertig werden konnten. Die nächsten Tage wird Bajaga den Zauber auf Fehler und Schwächen untersuchen, aber dabei braucht sie keine Hilfe. Ich soll mich lieber darüber erkunden, was die Werwölfe machen und ihr dann Bescheid sagen.

"Worüber denkst du schon wieder nach?", fragt er ernst, während er mich aufmerksam beäugt. Es ist wirklich erstaunlich wie schnell Tristan meine Stimmungsschwankungen bemerkt. Manchmal macht es mir ein wenig Angst, wie eng wir miteinander verbunden sind, denn der Schmerz wird dadurch nur umso mörderischer sein, wenn wir uns trennen müssen.

Ich schüttele meinen Kopf, um die trüben Gedanken zu vertreiben und lächele entschuldigend zu ihm hoch. "Über die letzten Wochen", seufze ich, "Ich kann noch gar nicht richtig glauben, dass wir es wirklich in der Zeit geschafft haben."

Tristan beugt sich zu mir herunter und gibt mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. "Ihr habt euch auch selbst übertroffen", lobt er Bajaga und mich, wodurch sich ein stolzes Gefühl in mir ausbreitet und ich ihn glücklich auf den Mundwinkel küsse.

"Wie spät ist es eigentlich?", erkundige ich mich, als ein erschöpftes Gähnen meine Kehle verlässt. Ich bin immer noch müde, dabei scheint die Sonne hell in das Zimmer und durch das gekippte Fenster kann ich hören, wie sich ein paar Fußgänger lautstark über die Ergebnisse der letzten Fußballspiele austauschen. Ich muss Ewigkeiten geschlafen haben, aber mein Körper fühlt sich immer noch tonnenschwer an.

"Kurz nach zwei", informiert er mich und lacht unterdrückt auf, als er in mein geschocktes Gesicht sieht.

"Wieso hast du mich nicht früher geweckt?", beklage ich mich und versuche mich von seinem Gewicht zu befreien, was bei diesem Muskelberg gar nicht so leicht ist.

"Wieso sollte ich? Wir gehen eh erst abends zum Dorf", erklärt er und pinnt mich an der Matratze fest, damit ich mich endlich beruhige, "Du hast noch genug Zeit um etwas zu essen und duschen zu gehen."

Durch den Nebel - Jenseits aller RegelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt