"Tristan, wie weit ist es noch? Wir laufen schon wochenlang in diesem Wald herum! Na gut, vielleicht sind es auch erst zwei Tage... Was kommt nach dem Wald? Wir sind schon ganz am Rand angekommen, denn da hinten kann ich schon ein offenes Feld sehen! Seht ihr das auch? Laufen wir bald durch eine Wüste? Wenn ja, dann sollten wir und noch irgendeinen Sonnenschutz holen... Soll ich uns Mützen aus den großen Blättern basteln? Die Bäume werden immer kleiner und weniger... Ihr müsstet mir also jetzt das Startsignal geben, wenn ich es machen soll." Zur Bestärkung nickt sich das Wolfsmädchen selbst zu, wobei ihr Entschluss auch ohne eine Antwort von uns schon feststeht und plappert begeistert von ihrer Idee weiter: "Ich mache es einfach! Dann könnt ihr euch nachher nicht beschweren, wenn die Sonne auf eure Köpfe knallt. Aber ich muss mich wirklich beeilen. Der Boden trocknet immer mehr aus und die Büsche werden nur mickriger... Können wir kurz eine Pause machen?"
Ihre braunen Augen wandern hoffnungsvoll von Tristan zu mir und zurück. Eine Pause würde uns allen und ganz besonders meinen Füßen, die sich am liebsten schreiend verflüchtigen würden, um nicht weiter gequält zu werden, guttun. Leider kann ich das allein nicht entscheiden.
Bittend betrachte ich den Blauäugigen, der sich angespannt durch die wirren Haare fährt und sie deswegen noch mehr abstehen. Er ist merklich unruhiger, seitdem er die Vampire überfallen hat und weicht mir noch mehr aus, als es vorher schon der Fall war. Als wäre ich Schuld daran, dass er sich nicht mehr sammeln kann. Unbewusst entweicht mir ein Seufzen. Wenn er ein Problem mit mir hat, dann muss er es mir sagen, sonst kann ich mich doch nicht ändern. Egal, was ich versucht habe, alles scheint falsch zu sein. Wenn ich mit ihm rede, bekomme ich keine oder nur eine knappe Antwort und wenn ich versuche ihn zu ignorieren, spüre ich seinen stechenden Blick auf mir.
"Ja", äußert er betont fest, damit wir vermutlich nicht seine Anspannung bemerken, aber leider vergisst er, dass wir neben unseren Ohren auch noch Augen im Kopf haben.
Lara strahlt ihn an und springt fröhlich durch die Gegend. Woher nimmt sie diese Energie? Ich bin schon an dem Punkt angekommen, wo ich keinen Schritt unnötig setze und mich lieber wie eine Bescheuerte nach den Dingen strecke, anstatt den Fuß anzuheben.
"Super, dann sammele ich die Blätter und Gräser und ihr könnt euch ein wenig Ausruhen. Maxi, möchtest du mitkommen? Vielleicht findest du ja Kräuter und Beeren, die wir essen können. In der Stadt hast du ja die ganze Zeit nur dieses blöde Buch studiert, was Tristan dir gekauft hat...", redet sie wie ein Wasserfall und ein munteres Lächeln umspielt ihre Mundwinkel.
Der Lockenkopf nickt nur, löst sich von meiner Hand und schlendert auf den Sonnenschein zu. Der Wirbelwind ist schon hinter den Büschen abgetaucht und ruft nach ihrem Bruder, doch der kleine Engel dreht sich zu uns um und erklärt: "Wir gehen nicht weit weg, wenn etwas sein sollte, rufen wir euch." Danach läuft er seiner Schwester hinterher und der blonde Haarschopf verschwindet zwischen den Blättern.
"Max ist wirklich sehr verantwortungsvoll..." murmele ich leise meine Gedanken vor mir her.
"Von ihm wird auch viel verlangt", äußert Tristan mit einer einfühlsamen Stimme, die ich ihm nie zugetraut hätte. Mein Blick schießt zu ihm, weil ich nicht erwartet habe, dass er mir überhaupt antwortet und anscheinend ist er genauso überrascht darüber, denn seine Augen weiten sich und er knirscht wütend mit den Zähnen.
"Bleib hier, ich gehe zu den Geschwistern. Es könnten wilde Tiere herumstreunen." Gereizt huscht er den Beiden nach und ich bleibe verwirrt zurück.
Ist das sein Ernst? Er lässt mich einfach mit dem Satz zurück, dass hier wilde Tiere herumstreunen? Soll mich das etwa beruhigen? Ich schüttele genervt meinen Kopf und beginne die Decke und das restliche Essen vorzubereiten. Er braucht nur eine Ausrede, um von mir zu verschwinden. Wahrscheinlich ist weit und breit kein einziges Tier.
DU LIEST GERADE
Durch den Nebel - Jenseits aller Regeln
Fantasy"Gehe nicht mit Fremden mit!" Jeder kennt diese Warnung, aber niemand kann sich alle Konsequenzen bewusst machen, die bei einer Missachtung folgen. Es ist alles möglich und nichts ist sicher. So muss auch die Studentin Alexandra ins kalte Wasser spr...