Kapitel 33

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Schon eine Woche habe ich nichts von ihnen gehört. In den Medien wurde nur kurz darüber getuschelt, dass Eduard fremden Kinderbesuch in seiner Wohnung hätte, aber er konnte die Beiden gut vor dem Blitzgewitter verstecken, weshalb keine Paparazzi ein gescheites Foto von ihnen schießen konnten.

Es beruhigt mich, dass Eduard sein Wort hält und die Kinder beschützt, gleichzeitig hätte ich sie gerne wiedergesehen, wenn auch nur auf einem Bild. Jeden Tag suche ich im Internet nach neuen Informationen über sie, doch ich kann nichts finden. Eigentlich war mir schon von Anfang an klar, dass es nichts geben wird, doch trotzdem hoffe ich auf eine versteckte Nachricht.

Was sich jedoch als kompletter Blödsinn entlarvt hat, ist nach Werwölfen, Hexen, Vampiren oder sonstigem zu suchen. Von den verrücktesten Verschwörungstheorien bis hin zu einer psychischen Erkrankung war alles dabei. Ich weiß nicht, ob es mich beruhigt oder verängstigt, dass die Menschen anscheinend nichts darüber wissen, dass die Wesen direkt vor ihrer Nase leben und sich unter die Bevölkerung mischen.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich mich so langsam fertig machen sollte. Ein paar Freunde möchten das Ende der Lernphase feiern, weshalb wir uns in irgendeiner Bar treffen, um uns einen entspannten Abend zu gönnen. Sie haben mir bestimmt zehn Mal erklärt, wo ich gleich hin muss, aber gemerkt habe ich es mir trotzdem nicht. Meine Gedanken kreisen nur um Werwölfe, Hexen und Magier und alles andere schafft es nicht wirklich meine Aufmerksamkeit zu ergattern.

Müde stehe ich von meinem Sofa auf und schalte mein Radio an. Sofort trällert mir irgendeine Frauenstimme entgegen, doch ich höre nicht richtig zu. Eigentlich ist es egal, was gerade läuft, denn es geht mir nur darum, dass die Stimmen in meinem Kopf von irgendetwas anderem übertönt werden. Das ist auch der Grund, weshalb ich mit feiern gehe.

Die letzten Tage habe ich für die Klausuren gelernt, mich in einem Kampfstudio angemeldet und ab und zu mit meiner Familie telefoniert. Die Nächte habe ich genutzt, um mich mit dem Amulett auseinander zu setzen, aber es fällt mir um einiges schwerer als in der anderen Welt. Zwar schimmert der Stein immer noch in den gleichen Farben, doch fühlt er sich zwischen meinen Fingern kalt an.

Mit schweren Schritten schlurfe ich erst zu meinem Schrank, um mir frische Anziehsachen und Unterwäsche rauszusuchen und dann ins Badezimmer. Bei meinem Spiegelbild seufze ich erschöpft aus. Ich werde eine dicke Schicht Make-up benötigen, wenn ich die schwarzen Ringe unter meinen Augen und die kränkliche Haut verbergen möchte.

Die Alpträume rauben mir meinen Schlaf und ich weiß nicht, wie lange mein Körper, aber auch mein Verstand, das noch mitmacht. Wenn das so weiter geht, werde ich zu einem lebenden Zombie. Ich trete näher an den Spiegel heran und reibe über meine Lider. Der braune Matsch ist aus meinen Augen verschwunden und hat ein blasses Grün zurückgelassen. Ich habe meine Augenfarbe noch nie als schön empfunden, aber jetzt, wo sie sich von Tag zu Tag verändert, vermisse ich sie.

Die feinen Sprenkel fehlen in meiner Iris, genauso wie auch jeglicher Glanz in ihnen erloschen ist. Die Leere, die ich in mir fühle, spiegelt sich in ihnen wider. Ich funktioniere. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wahrscheinlich ist es auch das Meiste, was ich momentan verlangen kann.

Das Warten zerrt an meinen Nerven. Was ist, wenn ihnen etwas passiert? Wenn die Hexe und der Idiot eingesperrt wurden? Wer wird sie dann herausholen und befreien? Eduard sind die Hände gebunden, wenn ich alles richtig verstanden habe und die beiden Geschwister mit der Aufgabe allein zu lassen, gleicht einem Selbstmordkommando.

Energisch schüttele ich meinen Kopf und dusche mich schnell. Wenn ich weiter so trödele, komme ich noch zu spät und ein wenig Ablenkung wird mir vielleicht ganz guttun. Ob ich mich jetzt stundenlang in meinem Bett herumwälze oder meine Zeit in einer Bar vergeude, macht auch keinen großen Unterschied.

Durch den Nebel - Jenseits aller RegelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt