Das tiefe Knurren des Wolfes lässt die Erde erbeben und zitternd strauchele ich nach hinten. Mein Herz pumpt in meiner Brust und hysterisch schnappe ich nach Luft. Schweißperlen rinnen mein Gesicht hinab und meine nassen Haare kleben auf meiner Haut. Ich suche hecktisch nach einem Ausweg, aber meine Augen sind wie gefesselt von dem kalten Grau, welches mir entgegenblickt.
Wie konnte ich nur denken, dass ich es schaffen könnte einem Werwolf davon zu laufen? Meine bebenden Finger presse ich gegen meine Rippen, um die stechenden Schmerzen zu mindern, aber helfen tut es nicht wirklich. Ich bin geliefert. Diese Bestie wird sich jeden Moment auf mich stürzen und dann war's das. Tot, aus und vorbei.
Ich schließe meine Lider und lausche nach einem Funken Magie. Es ist ein jämmerlicher Versuch das Unausweichliche abzuwenden, aber meine letzte Hoffnung. Ich habe es nie geschafft einen Zauber auszusprechen, sodass irgendetwas passiert ist, aber Bajaga meinte, dass ich es vielleicht schaffen könnte einen schon bestehenden Zauber zu verwenden.
Mein einziges Problem ist nur, dass ich keine Magie spüre außer die, die das Dorf vor ungebetenen Menschen verschleiert. Ansonsten ist überhaupt nichts zu finden. Ein weiterer Unterschied zwischen den Welten. Während man in der einen Welt durch die unendlich vielen Zaubern kaum atmen kann, ist in der anderen Welt kaum etwas zu finden.
Moment! Der Schutzzauber verhüllt das Dorf und alle nichtmenschlichen Wesen, also muss ich es nur aus dem Bereich schaffen und ich wäre halbwegs sicher. Natürlich kann er mich dann immer noch fressen, aber die Gefahr, dass Menschen ihn sehen könnten ist um einiges größer. Das wäre meine einzige Möglichkeit, um ihm zu entkommen.
Ich balle meine Hände zu Fäusten und straffe meine Schultern. Meine Atmung hat sich weitestgehend erholt und ich werde nicht kampflos aufgeben. Es ist mir egal, dass meine Chancen mickrig klein sind. Mittlerweile sollte ich schon in so vielen Situationen getötet werden, trotzdem stehe ich hier. Anscheinend lebe ich ganz nach dem Sprichwort: "Unkraut vergeht nicht."
Mit neugewonnener Kraft öffne ich gerade rechtzeitig meine Augen, um das gewaltige Tier abspringen zu sehen. Reflexartig rolle ich mich noch vorne und weiche somit dem monströsen Körper aus und sprinte los. Ich muss es aus dem Schutzzauber schaffen!
Immer wieder muss ich den Angriffen des Wolfes ausweichen, welcher mich von allen Seiten mit seinen Zähnen bedroht. Wie ein Hase schlage ich Haken, um ihm zu entkommen, aber er ist um einiges schneller und geschickter als ich. Trotzdem schaffe ich es irgendwie seinen Klingen auszuweichen.
Ein Motorengeräusch lässt mich zusammenzucken, während der weiße Wolf wütend aufheult. Aus seinem Blick kann ich die Wut und den Zorn herauslesen und am liebsten würde er mich zerfleischen, doch er kann es nicht. Ich bin aus dem verschleierten Bereich herausgelaufen und weil der Landwirt gerade sein Feld bearbeitet, kann Schneewittchen es sich nicht leisten, mich anzufallen.
Ein fassungsloses Lächeln bildet sich auf meinem Gesicht, was den Wolf zur Weißglut treibt. Er knurrt wütend auf und tigert geladen hin und her. Siegessicher stütze ich meine Hände auf meinen Knien ab und hechele nach der Luft, die ich in den letzten Minuten gebraucht hätte.
"Ich weiß nicht, was du gegen mich hast, aber ich wollte dir und deinem Rudel nichts tun", rechtfertige ich mich, bevor ich erschöpft meinem Unmut Platz mache: "Das nächste Mal verwandele dich gefälligst zurück, damit wir normal reden können! Ich habe keine Lust wie eine Bescheuerte durch den Wald zu rennen und fangen zu spielen."
Meine Stimme ist genervt und anklagend. Vermutlich provoziere ich ihn noch mehr mit meinen Worten, aber der hauchdünne Schutz der Öffentlichkeit lässt mich mutiger werden. Es war sein Fehler mich nicht gleich umzubringen und sich lieber noch ein wenig mit mir amüsieren zu wollen.
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Durch den Nebel - Jenseits aller Regeln
Fantasy"Gehe nicht mit Fremden mit!" Jeder kennt diese Warnung, aber niemand kann sich alle Konsequenzen bewusst machen, die bei einer Missachtung folgen. Es ist alles möglich und nichts ist sicher. So muss auch die Studentin Alexandra ins kalte Wasser spr...