Kapitel 2

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Ich erinnere mich daran wie Harry mir diese Kette vor fünf Jahren an unserem letzten gemeinsamen Silvester geschenkt hat. Zwei Wochen später, am 14. Januar, sind er und seine Familie einfach verschwunden.

Wenn ich heute sterbe, dann bring ich dich um, Harold Edward Styles!", drohe ich ihm und schaue ängstlich die wackelige Leiter hoch, die auf das Dach von Harrys Haus führt. Bei jedem Schritt den er nach oben macht, knarzt sie bedrohlich und jedes Mal zucke ich vor Angst er könne herunterfallen zusammen.

„Geht in Ordnung! Dann muss ich wenigstens nicht alleine hierbleiben, ich bin mir sicher, ich würde sonst auch ziemlichen Stress von meinen Eltern bekommen.", ruft er zu mir runter, als er oben angekommen ist.

„Und von meinen Eltern erst!", füge ich noch hinzu, aber bewege mich nicht vom Fleck.

„Kommst du jetzt endlich?" Obwohl es bereits dunkel ist, kann ich seine leuchtenden grünen Augen erkennen, die mich erwartungsvoll anschauen. „Schau, ich halte die Leiter fest, dir kann nichts passieren!", versucht er mich zu beruhigen und umklammert demonstrativ das obere Ende der Leiter.

„Du kannst aber nichts dagegen tun, wenn plötzlich eine Sprosse durchbricht!", beharre ich und verschränke die Arme in der Hoffnung er kommt wieder herunter, wenn ich so stur bleibe und nicht hinaufklettern will.

„Unter deinem Fliegengewicht, wird das schon nicht passieren, also komm!"

„Aber was, wenn"

„Luna!", unterbricht er mich genervt.

„Also schön!", gebe ich letztendlich doch nach. Langsam nähere ich mich der Leiter, die so verdammt alt aussieht, dass sie beinahe antik sein könnte. Vorsichtig setze ich meinen linken Fuß auf die erste Sprosse und bemerke, dass sie zwar knarzt, aber dennoch stabil scheint.

„Siehst du?", ruft er herunter. „Es ist völlig ungefährlich! Ich habe das schon hundert Mal gemacht!" Ich setze meinen anderen Fuß auf die zweite Sprosse, und atme tief ein und aus bevor ich die anderen sechzehn Stufen bis fast nach oben klettere.

„Sieh nicht nach unten!", höre ich ihn sagen und konzentriere mich darauf genau das nicht zu tun, da ich furchtbare Höhenangst habe. Harry sagt immer, dass man einfach in den Himmel schauen soll, dann hätte man das Gefühl zu fliegen und so würde auch die Angst verfliegen.

„Komm noch drei Stufen! Du schaffst das!" Als ich jedoch meinen Fuß auf die nächste Sprosse stelle, spüre ich wie sie unter mir durchbricht und ich abrutsche. Mein Herz setzt einen Schlag aus und ich mache die Augen zu, konzentriere mich und warte auf den Aufprall, doch er kommt nicht.

„Luna!", höre ich gedämpft Harrys Stimme sagen. Ich blinzele ein paar Mal und versuche meine Situation zu verstehen. Perplex sehe ich zu Harry und bemerke erst jetzt, dass er mich an meinen Armen festhält und mich somit vom Runterfallen bewahrt.

„Komm ich helfe dir hoch!", beruhigt er mich und zieht mich mit Leichtigkeit auf das Dach. Noch völlig neben mir von diesem leichten Schock starre ich ihn an. „Dir ist nichts passiert! Alles ist gut! Ich werde dich immer auffangen!", versichert Harry mir und lächelt mich an. Er streicht mir eine Strähne hinters Ohr und in mir macht sich wieder dieses vertraute Gefühl breit, das ich immer habe, wenn wir zusammen sind. Ich antworte ihm darauf ebenfalls mit einem Lächeln und versuche mich zu beruhigen. Wir legen uns wie so oft auf den Rücken, um den Himmel zu beobachten, doch leider ist es heute ziemlich bewölkt, sodass keine Sterne zu sehen sind und wir wohl diesmal kein Sternbilder-Raten spielen können.

„Wo sind die ganzen Sterne hin?", fragt auch Harry ein wenig enttäuscht als er sich neben mich legt.

„Sie haben uns im Stich gelassen!", stelle ich gedankenverloren fest.

„Zumindest ist der Mond noch da und spendet uns ein wenig Licht!", deutet Harry auf den Mond, der in diesem Moment hinter den Wolken zum Vorschein kommt. „Da fällt mir ein....", fängt er an und holt etwas aus seiner Hosentasche.

„Ich habe noch etwas für dich, Luna!" Er gibt mir ein kleines blaues Kästchen. „Erinnerst du dich noch an unser Versprechen, was wir uns vor vier Jahren auf Jonas' Geburtstag gegeben haben?" Etwas verwirrt von seiner Frage schaue ich zwischen dem Kästchen und ihm hin und her.

„Natürlich erinnere ich mich!" Er deutet mit einem Kopfnicken wieder zu der Schachtel in meiner Hand.

„Mach es auf!"

Langsam öffne ich das kleine Kästchen und ich entdecke eine wunderschöne, silberne Halskette mit einem kleinen, mit Glitzersteinchen besetzten Mond-Anhänger, der im Licht des Mondes hell funkelt.

„Harry, sie ist.... atemberaubend schön!", stammele ich geschockt vor mir hin. Er nimmt sie mir aus der Hand und bedeutet mir mich umzudrehen, sodass er mir helfen kann sie umzulegen. Ich nehme meine Haare zu Seite, damit sie ihm nicht im Weg sind.

„Wofür ist sie?", frage ich ihn und betrachte die Kette, die mir jetzt um den Hals hängt.

„Sie ist nur ein Symbol, das dieses Versprechen besiegeln soll. Damit du es nie vergisst und immer weißt, dass ich für dich da bin." Gerührt von diesen Worten starre ich ihn an.

„Aber Harry, ich habe gar nichts für dich!" Ich fühle mich schuldig und sehe wieder zu der Kette, die bestimmt teuer gewesen ist.

„Oh, das macht nichts! Ich sehe einfach immer hinauf zum Mond, der wird mich daran erinnern!" Wir zucken beide zusammen, als das laute Knallen der ersten Raketen zu hören ist. Gespannt schauen wir uns diese Lichtspiele an und ich sehe zu Harry, in wessen glänzenden Augen sich die Funken spiegeln.

„Frohes neues Jahr, Harry!", wünsche ich ihm und er sieht mich fröhlich an.

„Frohes neues Jahr, toku marama!"

Das war der letzte Tag, an dem ich ihn wirklich glücklich gesehen hatte, danach schien er die ganze Zeit ein wenig abwesend und verstört. Und zwei Wochen später, war er einfach weg. Und mit ihm ist auch ein Teil von mir gegangen. Ich erinnere mich an einen Spruch den ich irgendwo mal gehört habe: Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern. Das traf definitiv auf uns zu. Wie kann man nur so grausam sein und seinem besten Freund einen Teil seiner Seele entreißen?

Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mir vorstelle, dass ich ihn wieder treffe. Wie er sich verändert hat, oder ob er immer noch so wie früher ist. Es kommt vor, dass ich hoffe ihn wiederzusehen, wenn ich in der U-Bahn sitze, im Supermarkt bin oder durch den Park laufe. Wie würde ich reagieren? Wie würde er reagieren? Würde ich ihm vor Freude um den Hals fallen, oder ihn dafür hassen, dass er sein Versprechen gebrochen hat und es ihm an den Kopf werfen. Würde ich erfahren, wieso er damals einfach so verschwunden ist?

Ich wische mir die Tränen weg und erinnere mich erneut daran, dass ich das nicht wieder an mich heranlassen wollte. Seit fünf Jahren habe ich nun nichts mehr von ihm gehört. Ich sollte mich mit dem Gedanken anfreunden, dass sich das vielleicht auch nicht wieder ändern wird.

 Ich sollte mich mit dem Gedanken anfreunden, dass sich das vielleicht auch nicht wieder ändern wird

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Die Sterne sind gegen Uns | H. S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt