„Okay!", hauche ich nur. Ich würde ihn ungern alleine lassen, aber trotzdem habe ich Angst vor seiner Reaktion. „Kommst du mit?"
J schüttelt den Kopf, als er anfängt sich aufzurappeln. „Nein. Das solltest du alleine tun!" Er hält mir die Hand hin, um auch mir vom Boden aufzuhelfen und ich ergreife sie dankbar.
„Aber was soll ich denn nur sagen?"
„Luna, diese Frage kann dir wohl niemand beantworten. Du hast eine ganz besondere Bindung zu ihm, vielleicht reicht es auch einfach aus, dass er weiß, dass du für ihn da bist." Ich schaue nachdenklich zu Boden, weil ich nicht weiß, was mich gleich erwarten wird. „Hey, Kopf hoch! Du schaffst das schon!"
Seine grünen Augen sehen mich aufmunternd an und ich nicke stumm, um ihm mitzuteilen, dass ich es versuchen werde. Nach einer kurzen Umarmung zum Abschied, mache ich mich nun alleine auf den Weg zurück zu seiner Wohnungstür am Ende des endlos scheinenden Gangs. Vor seiner Tür angekommen atme ich noch einmal tief durch, bevor ich es schaffe meine Hand zu heben, um anzuklopfen, doch schwingt sie bei meiner Berührung einen kleinen Spalt nach innen auf. Ich habe sie wohl bei meinem stürmischen Abgang nicht richtig verschlossen. Zögernd betrete ich die moderne, wenig beleuchtete Wohnung und schaue mich kurz um, doch kann ich Harry auf den ersten Blick nicht finden.
„Harry?", rufe ich also leise, doch erhalte keine Antwort. Ich gucke in all diesen unpersönlich eingerichteten Räumen. Es sieht wirklich so aus, als würde hier kein Mensch leben. Nirgendwo Bilder, nirgendwo persönliche Gegenstände, keine Seele. Noch nicht einmal seine schwarze Bettwäsche sieht so aus, als hätte jemand darin geschlafen. Beinahe schon am Verzweifeln, kehre ich zurück ins Wohnzimmer. Er kann die Wohnung nicht verlassen haben, dazu hätte er an mir und J vorbeikommen müssen.
Ein kalter Windhauch lässt mich frösteln und ich schlinge meine Arme um meinen Körper, als ich die geöffnete Terrassentür entdecke. Hoffnungsvoll laufe ich quer durch den Raum auf die angelehnte Tür zu und entdecke zu meiner Erleichterung, dass Harry nicht wirklich irgendeinen Weg an uns vorbei gefunden hat. Geräuschlos trete ich nach draußen in die kühle, sternenklare Nacht.
Ich möchte ihn nicht erschrecken. Schweigend steht er dort in seinem schwarzen T-Shirt, die Hände auf dem Geländer abgestützt, den Kopf nach unten gerichtet. Er sieht ruhig aus, doch die Vergangenheit hat mir gezeigt, dass das nichts zu bedeuten hat, dass sein Verhalten jede Sekunde ins Gegenteil umschlagen kann. Und das möchte ich nicht riskieren. Doch irgendetwas an seiner Körperhaltung sagt mir, dass das auch nicht passieren wird. Er sieht so... gebrochen aus, und das obwohl ich nur von hinten auf seinen breiten Rücken schauen kann.
„Harry?" Ich versuche meine Stimme beruhigend klingen zu lassen, doch er reagiert nicht. Ich nähere mich nur ungern dem Geländer, doch darf ich gerade nicht an die Höhe denken. Es geht um Harry. Einmal muss ich jetzt für ihn da sein und nicht umgekehrt. Also stelle ich mich mit einem kleinen Abstand neben ihn und versuche dabei nur ihn anzugucken und nicht irgendwo anders hin. Doch er dreht sein Gesicht von mir weg.
„Wieso?", will ich leise von ihm wissen. Ich verstehe nicht, warum er mir so etwas erzählt, als würde er schon wieder versuchen wollen, mich zu erschrecken. Mich von ihm zu stoßen. „Ich kenne die Wahrheit!", versuche ich ihm zu erklären, doch weiter komme ich nicht.
„Niemand kennt die Wahrheit. Noch nicht einmal ich selbst!" Ich seufze. Er weiß genau, wovon ich rede.
„Ich weiß, dass du es nicht warst, Harry. Und du weißt es auch, wieso erzählst du mir so etwas?" Jetzt dreht er langsam wieder seinen Kopf zurück und sieht nach unten in den Abgrund vor uns.
„Ich weiß es nicht, nein!"
Das schwache Mondlicht lässt sein Gesicht glänzen, als wäre es... feucht. Hat er etwa geweint? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Harry jemals in meiner Gegenwart geweint hat. Endlich hebt er seinen Blick, um mich zum ersten Mal wieder anzuschauen. Und tatsächlich, seine Augen sind immer noch wässrig. Ich presse die Lippen aufeinander. Es tut so weh, ihn so verletzlich zu sehen. So, so weh. Diesen Anblick bin ich nicht gewohnt.
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Die Sterne sind gegen Uns | H. S.
Fanfic"Ich würde alles tun, um bei dir bleiben zu können!" "Für immer?" "Für immer!" Ein Versprechen, nur in Sand geschrieben. Ein Versprechen, was zu halten sie nicht fähig waren, denn es war nicht nur irgendeine Welle, die dieses Versprechen nichtig m...