Kapitel 17

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„Hat Harry Styles etwa Angst?", frage ich ihn belustigt und sehe von der Seite, wie angespannt er in seinem Sitz sitzt.

„Natürlich nicht!", versucht er es zu leugnen. „Aber man bemerkt, dass diese Schrottkiste kurz davor steht auseinanderzufallen!"

„Pah!", feixe ich und gebe mehr Gas, als wir auf die Hauptstraße biegen. „Das bekommt Reinhardt schon seit Jahren gesagt, aber er ist immer noch top fit!"

„Dieses Ding hat einen Namen?" Ich versuche mich nicht aufzuregen und stattdessen mich auf die Straße zu konzentrieren.

„Dieses Ding hat vor allem Gefühle!", mache ich ihm klar und bedeute ihm damit aufzuhören mein Auto zu beleidigen.

„Mh... Der erinnert mich irgendwie an den Wagen deines Großvaters.", höre ich ihn dann nachdenklich sagen.

„Das ist der Wagen meines Großvaters! Er hat ihn mir zu meinem Abschluss geschenkt. Das würdest du wissen, wenn du nicht abgehauen wärst!", rutscht es mir raus und ich könnte mich innerlich dafür ohrfeigen, dass ich dieses Thema doch wieder angesprochen habe. Wie erwartet kommt keine Antwort von Harry, doch bleiben die Beleidigungen erstaunlicherweise auch aus.

Nach kurzer Zeit des Schweigens sagt er: „Ich bin nicht abgehauen. Du weißt nicht, was passiert ist, Luna, also bist du nicht dazu befugt darüber zu urteilen!" Zu gerne würde ich ihn jetzt wieder darum bitten, es mir doch zu erzählen und mich nicht im Dunkeln zu lassen. Aber das erste Mal klang er nicht beleidigend, desinteressiert oder abweisend, er klang irgendwie... verletzt.

„Harry, ich...", setze ich zu einer Entschuldigung an, doch werde sofort von ihm unterbrochen.

„Nein, Luna. Hör einfach auf!"

Ich versuche ein leises Okay hervorzubringen, doch kommt nur ein tonloser, krächzender Laut aus meinem Mund. Er sieht lange Zeit nur aus dem Fenster, während die Lichter der Straßenlaternen immer für kurze Zeit die Schatten aus seinem Gesicht vertreiben.

Mit dieser völlig verschlossenen Art komme ich nicht gut klar. Wir konnten beinahe immer unsere Gedanken lesen, wir wussten immer was der andere im Moment gedacht hat, aber jetzt scheint es, als hätte er eine Art Schutzmauer um sich herum errichtet. Ich kann nicht mal annähernd seine Gefühlslage deuten. Wenn ich doch nur wüsste, was er gerade denkt, ich könnte so viel besser mit dieser Situation umgehen, aber ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.

Die restliche Fahrt zu meiner Wohnung verläuft stumm, bis ich auf dem Parkplatz vor meinem Wohnhaus zum Stehen komme. Harry macht keine Anstalten auszusteigen und hat seinen Blick durch die Frontscheibe gerichtet. Konzentriert suche ich nach Worten, diese Stille zu unterbrechen, als er mich plötzlich fragt: „Du trägst dieses hässliche Ding immer noch?"

Verwirrt blicke ich ihn von der Seite an und frage mich wovon er spricht, als auch er mir sein Gesicht zuwendet und mit einem Kopfnicken auf mein Dekolleté deutet. Ich richte langsam meinen Blick nach unten, wo mir überraschender Weise meine Mond-Kette entgegen funkelt. Die habe ich ganz vergessen, ich habe sie wohl die letzten Tage gar nicht mehr abgelegt.

„Hey! Sie ist wunderschön!", verteidige ich dieses für mich unersetzbare Schmuckstück.

„Na ja, eigentlich hast du Recht, ich hatte wohl schon immer einen unschlagbaren Geschmack!" Aha, also erst beleidigen und dann einen auf arrogant tun?

„Weißt du noch wofür sie steht?", will ich dann von ihm wissen.

„Natürlich weiß ich das!", schnaubt er und klingt dabei schon beinahe verächtlich. Für immer, erinnere ich mich wieder an unser Versprechen.

Die Sterne sind gegen Uns | H. S.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt