4 | Ein ganz normales Leben

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Violet

Schluchzend erwiderte ich den sanften Kuss meines Freundes, von dem ich bereits dachte, er und all meine anderen Freunde wären gestorben.
„Ich hatte verdammte Angst, dass du tot wärst!", flüsterte ich schluchzend an seine Lippen und wischte ihm währenddessen einige Tränen von der Wange.
„Wie kann das sein..? Ich habe dich sterben sehen, du lagst in meinen Armen und du-"
„Ich erkläre dir alles später, oke?
Ich muss jetzt diese Einführungsrunde machen, mein Vater ist ziemlich ungeduldig.", unterbrach ich Newt und strich ihm dabei sanft über die Wange, über die immer noch lauter Tränen strömte.
„Ich kann nicht glauben, dass du wirklich hier bist...", flüsterte Teresa hinter mir.
Meine beste Freundin sah ziemlich mitgenommen aus, sie war wahrscheinlich gerade aus einer Untersuchung gekommen.
Erleichtert seufzte ich auf und umarmte die Dunkelhaarige sanft.
„Fehlt euch sonst irgendwas?
Habt ihr Hunger oder Durst?", fragte ich besorgt und blickte meine Freunde an, die nun allesamt mit dem Kopf schüttelten und mir anschließend alle durch den Ausgang des Essenssaal folgten.
„Mein Vater und ein paar andere Männer gehören einer Rebellion an.
Sie befreien Jugendliche, wie uns, aus der Gefangenschaft von Wicked.
Wenn es eine Gruppe aus dem Labyrinth schafft, wird sie normalerweise am Ausgang auf Wicked-Mitarbeiter stoßen, doch die Rebellion fängt die Kinder ab.
So heißt es zumindest, ich hab das noch nie mit eignen Augen gesehen.", erklärte ich und führte die anderen durch den langen Gang in Richtung der Nachtquartiere.
„Als wir aus dem Labyrinth kamen, haben wir ein Video gesehen, ein Video davon, wie die Welt zerstört wurde, durch die Sonne und jetzt durch dieses Virus, ist das wahr?", fragte Minho, der jetzt direkt neben mir herlief.
Ich hatte, zugegebener Maßen, keine Ahnung, von was der Schwarzhaarige gerade redete.
„Ich weiß es nicht, auch ich habe meine Erinnerungen nicht wiederbekommen", gestand ich ehrlich und blieb stehen.
„Auf der linken Seite befinden sich die Zimmer der Mädchen, auf der rechten die der Jungs.", erklärte ich, woraufhin die anderen sich auf die freien Zimmer verteilten, während ich Teresa mit zu meinem Zimmer nahm, welches ich mit meiner Schwester teilte, wo aber auch noch ein Bett frei war.
„Was ist passiert? Wie bist du hierher gekommen?",fragte Teresa verwundert, nachdem sie sich gesetzt hatte.
„Weißt du, als ich da so alleine lag, einige Sekunden, nachdem ihr gegangen seid, dachte ich, das wär's jetzt.
Ich dachte das wäre mein Ende und ich würde sterben, also versuchte ich einfach ruhig dazuliegen, mich wenig auf meine Schmerzen zu konzentrieren und einfach ruhig und friedlich zu sterben.
Als ich wieder aufwachte, dachte ich, ich sei im Himmel, bei Zart und bei Alby und bei allen anderen, doch da waren überall fremde Menschen, Ärzte, die meinten, sie hätten mich zurück und da wusste ich's, da wusste ich, das ich nicht tot war.
Die Schmerzen waren unerträglich, mein Hals brannte so sehr, dass ich lieber sterben wollte aber vor allem schmerzte die Sorge um euch.
Naja ich traf dann auf meinen Vater und meine Schwester und jetzt sind wir alle hier.
Und was ist bei euch alles so passiert?", fragte ich, nachdem ich meine Erzählung beendet hatte, bei der Teresa mir die ganze Zeit aufmerksam zugehört hatte.
„Diese Männer kamen, flogen uns weg und seit dem Tag an, war Newt ein richtiges Wrack.
Er aß nichts, sagte nichts und schlief kaum.
Wir haben dann noch andere Jugendliche abgeholt und kamen so irgendwie hierher.
Wir hatten ganz schön Angst, aber jetzt sind wir ja in Sicherheit.", antwortete Te und lehnte sich ein wenig zurück, woraufhin ich bloß besorgt nickte und die ganze Zeit an Newt dachte.
„Und wie wird das hier jetzt sein? Werden wir hier für immer wohnen?"
Ich schüttelte den Kopf und setzte gerade zum antworten an, als meine ältere Schwester ins Zimmer kam und mir dies abnahm.
„Ihr werdet für einen, jetzt noch, unbestimmten Zeitraum hier sein und wenn wieder Platz auf der Farm frei ist, bringen wir euch dahin. Ich bin übrigens Soley, Vi's große Schwester."
„Du bist kleiner als ich!", rief ich lachend dazwischen, woraufhin Teresa ebenfalls zu lachen begann und sich auch kurz vorstellte.
„Ich bin aber zwei Jahre älter.", motzte Sol schmunzelnd und setzte sich zu uns.
„Und was machen wir solange hier? Ich meine, bis auf dieser Farm Platz für uns frei ist.", fragte Teresa nach wenigen Sekunden neugierig.
„Zur Schule gehen.", verkündete Sol schmunzelnd und lehnte sich anschließend schadenfroh zurück.
„Was ist eine Schule?", fragte Teresa daraufhin verwirrt und schaute mich aufmerksam an.
„Erzähl ich alles gleich, wenn die Einführungsrunde weiter geht.", erklärte ich ruhig und stand anschliessend mit meiner immer noch verwirrten, besten Freundin auf, um die Jungs abzuholen und in den Westflügel hinüber zulaufen.
„Damit uns während unserer Wartezeit nicht ganz so langweilig wird und wir uns zusätzlich noch weiterentwickeln können, gehen wir jeden Vormittag, für vier bis fünf Stunden, in die Schule. Das bedeutet einfach, das wir alle zusammen sitzen und ein Lehrer uns was beibringt, es ist nicht so schlimm, wie es vielleicht klingt.", erzählte ich und zeigte meinen Freunden die einzelnen Klassenzimmer und anschließend auch die Sporthalle, in der auch dieser, meiner Meinung nach vollkommen unnötige, Ball stattfinden würde.
Ich bekam mit, wie Newt die ganze Zeit versuchte, mit mir zu reden, doch ich lenkte ständig bewusst ab.
Versteht mich bitte nicht falsch, ich freute mich wirklich unglaublich darüber, ihn wieder zusehen. Ihn, Newt, meinen Freund, den ich über alles liebte.
Doch meine Angst war zu groß.
„In diesem Raum könnt ihr eure Sachen für den Ball heute Abend aussuchen, nach dem Abendessen sehen wir uns dort.", verabschiedte ich die Jungs und schaute dabei gezielt an meinem Freund vorbei, der nun mit den anderen in dem übergroßen Ankleidezimmer verschwand.
-
„Was ist denn los? Wieso bist du so komisch zu Newt?", fragte Teresa misstrauisch und folgte mir in das Ankleidezimmer, dem Einkaufslade, in dem man nichts zahlen musste, man nenne es, wie man möchte, folgte.
„Es ist nichts.", log ich und sah mir ein paar Kleider, die säuberlich und nach Farbe geordnet, an einer Kleiderstange hingen, an.
„Na gut, aber wenn irgendwas ist, komm einfach zu mir, ja?", bat Teresa eindringlich, woraufhin ich langsam nickte.
Während Teresa und ich uns weiter irgendwelche Kleider ansahen, kamen noch meine Schwester und zwei Mädchen, die sich uns als Clary und Anna vorstellten, dazu und sahen sich ebenfalls gründlich um.
Während Clary eher schlank, groß und sportlich war, mit langen, rötlichen Haaren, hatte Anna kurze, dunkelbraune Haare und war relativ beleibt, hatte aber ein unfassbar sympathisches, freundliches Lächeln, sodass ich sofort wusste, dass ich sie mögen werde.
„Gott, die meisten von denen kannst du echt in die Tonne drücken.", seufzte ich und sah mir bloß ein paar Kleider an, die erstens uralt und zweitens total überspitzt waren.
„Oder zurück in zwanzigste Jahrhundert schicken.",lachte Teresa und schüttelte den Kopf.
Lachend tat ich es ihr gleich und sah mich weiter um.
Sie hatte ja Recht, die meisten hatten viel zu viel Stoff, aufgeplusterte Ärmel, achtundneunzig Tonnen Tüll und noch zweihundert Meter Spitze drangeklatscht.
„Vielleicht trägt man ja sowas auf Bällen?", vermutete Clary und griff sich ein gelbes, knöchellanges Kleid, welches so viel Tüll an sich hatte, dass man am Ende sicherlich nur noch Clary's Kopf sehen konnte, der oben rausragte.
Bei diesem Gedanken musste ich unwillkürlich grinsen, schüttelte mit dem Kopf und sah anschliessend still weiter.
„Vergisst es, wenn wir sowas tragen, dann werden die Jungs uns auslachen.", befürchtete Teresa.
„Die werden sicherlich nicht besser aussehen.", erwiderte ich darauf lachend, als ich gerade ein Kleid fand, was noch halbwegs in Ordnung.. okay, es war immer noch schrecklich, aber es gab schrecklichere.
„Wieso schneidern wir nicht einfach unsere eignen Kleider?", rief Anna seufzend und setzte sich auf einen Stuhl.
„Erstens, weil wir dafür keine Zeit noch irgendwelche Materialien haben, zweitens, weil eigentlich alle anderen Mädchen solche Kleider, wie die hier tragen und drittens, weil wir keine Ahnung haben, wie man Kleider entwirft.", murmelte Sol seufzend.

„Die hier gehen."
Aufmerksam sahen wir zu Teresa hinüber, die an einer KLeidungsstange am Ende des Zimmers stand, an der genau fünf Kleider hangen.
„Hat man die als Maßband von hier bis zum Mars genommen oder wie.", kommentierte ich mit wenig begeisterung und griff nach einem der weißen, unfassbar langen Kleidern.
„Hey, ein bisschen was von nem Kleid abzuschneiden sollten wir dann doch hinbekommen.", meinte Teresa empört und gab den anderen drei auch eins.
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„Euch ist klar, dass uns damit alle anstarren werden.", murmelte Sol einige Stunden später und betrachtete sich misstrauisch im Spiegel.
„Das ist das Ziel.", schmunzelte Clary und klopfte meiner Schwester auf die Schulter.
Schmunzelnd betrachtete ich mein kurzes Kleid, was nun nichtmal mehr bis zum Knie reichte, mit den dünnen Trägern und dem V-Ausschnitt, welcher mit ein wenig Spitze verziehrt war.

"Mädels, wir sehen gut aus."

Violet 2 - The Scorch TrialsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt