23 | Gewalt der Natur

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- Perspektive: Violet -
Sol meinte, wir wären bald da, als wir uns, mitten im Nichts, nachts, auf einem großen, harten Sandboden wiederfanden.
Keine Gebäude waren in Sicht, kein Auto stand irgendwo herum, es war einfach nur eine riesige Fläche.
„Was ist eigentlich mit Gally..?
Ist er..?", fragte meine Schwester plötzlich, woraufhin ich erschrocken schluckte und zu Boden sah.
Ich hatte nun echt eine Weile nicht mehr an Gally gedacht, was ziemlich gut war, wenn man bedenkt, was passiert war.
„Vi? Was ist los? Ist er tot?", fragte Sol nun ein wenig eindringlicher, woraufhin ich bloß mit dem Kopf schüttelte.
Sollte ich ihr sagen, was er getan hat?
„Was ist denn los? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!", lachte sie, als auf einmal Teresa neben uns auftauchte.
„Was ist?", fragte sie verwundert und lächelte verwirrt.
„Wir reden gerade über Gally.", murmelte ich unsicher und warf Teresa einen unauffälligen Blick zu, um ihr verzweifelt zu vermitteln, dass sie nicht aussprechen sollte, was wir beide gerade dachten.
„Gally?!", rief Teresa laut und empört und ignorierte meine Blicke gekonnte.
„Te!", rief ich mahnend und drehte mich um und leuchtete mit meiner Taschenlampe nach hinten, um die Jungs zu erblicken, die alle in einer Reihe, ein paar Meter hinter uns liefen.
Ich konnte schwach erkennen, dass Newt besorgt zu mir rüber sah, woraufhin ich bloß abwinkend mit dem Kopf schüttelte und meine Aufmerksamkeit wieder zurück zu meiner besten Freundin und meiner Schwester lenkte.
„Was habt ihr denn auf einmal? Was ist denn jetzt mit Gally?!", fragte Sol aufgebracht und blickte Teresa und mich entgeistert an.
„Wir wissen es nicht.", antwortete ich, bevor Teresa irgendwas sagen konnte.
Ich wusste nicht wieso, aber irgendwie wollte ich nicht, dass meine Schwester von Gally's Tat erfuhr.
Sie schien mir wirklich, als würde Gally ihr sehr viel bedeuten, so wie sie nach ihm fragte.
„Er ist nicht mit uns gekommen, er ist dort geblieben.", erklärte ich.
„Wir hätten ihn auch niemals mitkommen lassen, nachdem was er getan hat!", rief Teresa auf einmal empört, womit sie Sol's Neugier sofort weckte.
„Was hat er denn getan?", fragte sie also, womit ich schon gerechnet hatte.
„Teresa.", mahnte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
„Nein, nein, ich will es hören.", widersprach Sol ernst und blickte Teresa eindringlich an, während diese ihrerseits bloß verwirrt zwischen mir und meiner Schwester hin und her sah.
„Te. Wehe.", zischte ich und blieb stehen.
„Ich weiß nicht, ob ich das sagen sollte.", murmelte Teresa.
„Ich finde wir sollten über was anderes reden."
Bestätigend nickte ich.
„Ja, das wäre besser."
„Nein! Ich will es hören!", rief Sol sauer und verschränkte die Arme beleidigt.
„Nicht jetzt. Später vielleicht..", murmelte meine beste Freundin.
„Nein, gar nicht!"
„Vi, halt den Mund!", brüllte Sol mittlerweile aufgebracht und ballte die Fäuste.
Unsere Unterhaltung war in ein wildes hin und her Gerede verfallen, während die Jungs uns langsam eingeholt hatten.
„Violet, was ist hier los?", fragte Thomas besorgt und blickte uns alle sichtlich nervös an.
„Was ist mit Gally?", fragte Sol erneut und nun in die ganze Runde, während ich langsam einige Schritte nach hinten machte, bis mich jemand vorsichtig, an den Schultern, festhielt.
Ein kurzer Blick nach hinten verriet mir, dass es, natürlich, Newt war, woraufhin ich zunächst tief durchatmete.
„Wieso sagt mir hier keiner was?!", fragte Sol sichtlich aufgebracht, noch aufgebrachter als sowieso schon.
Aber anders als sonst, wirkte die Blondine weniger genervt, als verzweifelt.
„Leute..", murmelte Aris, der sich ganz hinten, hinter Daniel befand, plötzlich unruhig.
„Nicht jetzt!", riefen Sol und ich gleichzeitig, was des Öfteren passierte.
„Leute!", rief jetzt auch Minho und begann loszulaufen.
Erschrocken drehte wir uns um und erblickten ein Heer von Blitzen, die einige hundert Meter entfernt von uns, vom Himmel auf den Boden einschlugen und immer weiter vorrückten.
Schnell packte ich die Hand meines Freundes und rannte schneller, als ich je gerannt war, meines Erachtens.
„Da, da vorne ist es!", brüllte Sol und rannte Voraus, während sie auf ein altes Gebäude zeigte, in dem überall Licht brannte, welches aber immer noch sehr weit weg war.
Gerade jetzt verlor ich an meiner Kondition, die ich ja eigentlich sowieso nicht besaß.
Meine Atmung schmerzte, meine Knie fühlten sich auf einmal weich an, als würden sie jeden Augenblick nachgeben und mich zu Boden reißen.
Es fühlte sich an, als würde der Wind gegen uns spielen und mit einem Male stärker sein als je zuvor.
Aber das, was mich am meisten plagte, war die Angst.
Ich hatte Angst, furchtbare Angst, Angst umzuknicken und zu fallen, oder, dass jemand anderes fallen würde.
Ich hatte Angst, dass die Blitze und das Unwetter und einholen könnten.
Und obwohl meine Lunge brannte, als würde ich einen bitteren Sekt hinunterschütten, lief ich weiter und weiter, angetrieben von Furcht und, vor allem, gezogen von meinem Freund, der definitiv schneller war als ich.
Während meine Schwester ein paar Meter vor uns lief und uns alle anführte, liefen Thomas und Minho hinten, um uns voran zutreiben.
Ich hörte den Donner hinter uns, ich sah die Blitze, die unerbittlich immer näher kamen und uns fast erreicht hatten.
„Violet, lauf! Dreh dich nicht um!", brüllte Newt und zog mich weiter mit sich.
Wir hatten fast den Eingang des großen Gebäudes erreicht, zudem unsere Schwester uns führte, als Daniel plötzlich laut unsere Namen rief.
Wir sahen uns panisch um und erblickten Thomas und Minho, die, einige Meter von einander entfernt, reglos auf dem Boden lagen.
„THOMAS! MINHO!", brüllte ich schockiert, während Alec, Aris, Newt und Bratpfanne bereits an mir vorbei rannten und unseren Freunden hoch halfen.
„Vi! Lauf verdammt nochmal weiter!", schrie Newt in einem derartigen Befehlston, den ich noch nie von ihm gehört hatte, weshalb ich sofort weiter zu meiner Schwester rannte, die und die Tür aufhielt.
Wir schafften es tatsächlich alle in dem dunklen Gebäude zu verschwinden, ohne dass noch etwas passierte.
„Was ist los? Was ist passiert?", fragte Teresa aufgebracht und legte ihre Hände auf Thomas' Wangen.
Während sich dieser nämlich wieder erholt hatte, lag Minho nun vor meinen Knien auf dem Boden und bewegte sich immer noch nicht.
„Minho.. wach auf..", stammelte ich hilflos und klopfte ihm, mit der flachen Hand, ein wenig auf die Wange, während sich Newt, Bratpfanne und jetzt auch Thomas vor ihn knieten und immer wieder seinen Namen sagten.
Eine qualvolle, lange, von Angst geprägte Minute verging, in der wir bloß da saßen und nichts sagen konnten, während wir darauf warteten, dass unser Freund endlich seine Augen öffnete und uns mit seinem frechen Lächeln ins Gesicht sah.
Und dann, nach weiteren, noch qualvolleren Minuten, schlug Minho endlich seine Augen auf und verzog schmerzvoll sein Gesicht.
„Minho..", flüsterte ich erleichtert und atmete tief durch.
„Was ist passiert..?", flüsterte unser Freund heiser und hielt sich den, offensichtlich schmerzenden, Kopf.
Ich sah kurz zu Thomas hinüber, der meinen Blick zunächst erwiderte und dann zu Newt und Bratpfanne hinüber sah, ehe er antwortete.
„Dich hat ein Blitz erwischt.".
„Ohhh..", meinte Minho bloß überrascht, woraufhin wir alle erleichtert auflachten.

Violet 2 - The Scorch TrialsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt