9 | Gespräch mit Thomas

922 26 8
                                    

- Perspektive: Violet -

"Aber wo ist Thomas? Er ist immer noch nirgendwo aufgetaucht." ,flüsterte meine unechte Schwester, dessen echten Namen ich immer noch nicht kannte, während der fünften Unterrichtsstunde leise.
Wir hatten gerade Mathe, wo ich neben ihr, hinter Teresa und Clary und vor Anna saß.
„Ich weiß es nicht, langsam mach ich mir echt Sorgen.", meinte Teresa keise, die sich nun, wie ihre Sitznachbarin, zu uns umgedreht hatte.
„Der taucht sicher wieder auf, vielleicht hat er einfach keine Lust auf Mathe.", vermutete Clary schulterzuckend und schaute zwischen uns allen hin und her.
„Wenn das Damenkränzchen da hinten endlich mal den Mund halten und zuhören würde, könnte ich in Ruhe mit dem Unterricht vorfahren.", maulte unser kleiner, pumliger, glatzköpfiger Mathelehrer eingeschnappt und zeigte zur Tafel.
An dieser waren gerade Quadratwurzeln mit Ergebnissen aufgelistet.
„Tut uns leid.", entschuldigte sich Anna für uns und sah auf ihr Blatt.
Newt, der neben Minho in der ersten Reihe, ganz links saß, grinste nur zu uns hinüber und schaute anschließend wieder zur Tafel.
„Immer dasselbe mit euch, irgendwann werde ich euch zum Direktor schicken und es ist mir egal, ob euer Vater hier das Sagen hat.
Ich dulde diese ständigen-"
„Zwölf.", unterbrach ich Mr. Auburn leise.
„Wie bitte?", fragte dieser nun leicht angespannt.
„Die Zahl, die ihnen noch fehlt, die Quadratwurzel von 144, ist zwölf.", erklärte ich.
„Das ist richtig, gut gemacht.", murmelte unser Lehrer ein wenig perplex und schrieb meine Antwort an die Tafel.
„Was haben wir nach Mathe?", fragte "Soley" neben mir flüsternd.
„Sport.", antwortete ich kühl und kritzelte ein wenig auf meinem Block herum.
„Was ist los? Seit heute Morgen bist du so komisch zu mir."

Was los ist? Nichts, nur, dass ich weiß. dass du ne beklonkte Lügnerin bist.

Doch, anstatt dies laut auszusprechen, zuckte ich bloß mit den Schultern und konzentrierte mich für die letzte zehn Minuten des Unterrichts.

„Sie wird herausfinden, dass ich es weiß.", flüsterte ich Newt zu, während wir nebeneinander her, zur Turnhalle liefen.
„Ich kann nicht lügen, Newt.".
„Hört sich jetzt blöd an, aber du musst es einfach, Liebes.
Wir dürfen uns nichts anmerken lassen.
Wenn Madison.. verzeih... Sol die Wahrheit gesagt hat und wir irgendwas ausplappern, dann ist ihr Plan im Arsch, Vi.", meinte mein Freund ernst und sah mich misstrauisch an.
„Jaja, schon gut, ich behalt's ja für mich.
Aber es ist echt schwer, verstehst du?
Sie hat mich die ganze Zeit angelogen.", erklärte ich seufzend und band meine Haare zu einem hohen Zopf.
„Ich weiß und das ist echter Klonk.", murmelte Newt nachdenklich und kratzte sich am Hinterkopf, ehe wir vor den Umkleidekabinen stehen blieben.
„Mach dir nicht so viele Gedanken, oke?", lächelte er sanft und strich mir mit der Hand über die Wange, woraufhin ich erneut aufseufzte und dann langsam nickte.
„Wir schaffen das schon, das verspreche ich dir."
Erneut nickte ich, ehe ich meine Lippen auf die meines Freundes legte und wir uns kurz küssten.
„Ich liebe dich.", flüsterte ich und löste mich wieder ein Stück von ihm.
„Ich liebe dich auch, wir sehen uns gleich.", lächelte Newt sanft und verschwand dann in der Umkleide der Jungs.
Nachdenklich betrat ich unsere Umkleidekabine, in der sich bereits die anderen Mädchen befanden und sich umzogen.
„Alles oke? Stress mit Newt?", fragte mich Teresa besorgt und zog sich ihr T-shirt über den Kopf.
„Nein, alles ist gut.", versicherte ich meiner besten Freundin und begann mich umzuziehen.
Zusammen betraten wir die große, helle Sporthalle, wir waren die letzten.
Die anderen standen bereits in einem Halbkreis vorne und hörten dem Lehrer zu, der irgendwas erzählte.
Seufzend stellten wir uns hinter unsere Jungs, wobei Thomas jetzt auch wieder da war und hörten zu.
„Es wird Zeit, dass wir mal reden...",flüstere ich Thomas so leise zu, dass nur er es hören konnte.
Vor einigen Tagen kam mir ein Gedanke, der mich eigentlich die ganze Zeit verfolgte, doch nur jetzt, wegen des Dramas um Wicked, hatte ich ihn ganz vergessen.

Etwas verwirrt, aber dennoch willig, nickte der Braunhaarige und folgte mir in die Abstellkammer, dem einzigen, komplett unbewachtem Raum, außer unseren Zimmern.
„Was hast du?", fragte Thomas verunsichert und kratzte sich dabei am Hinterkopf.
„Du musst mich ja jetzt hassen.", begann ich leise, woraufhin mich mein bester Freund verwirrt ansah und schnell den Kopf schüttelte.
„Nein, das tue ich nicht, Vi.", versicherte er und strich mir dabei sanft über die Schulter.
„Als Gally es herausgefunden hat, hat er mich gehasst, sehr sehr doll sogar...", murmelte ich leise und sah zu Boden.
„Was herausgefunden, Vi..?", fragte Thomas unsicher.
„Ich weiß es nicht, ich habe meine Erinnerungen nicht zurück.", meinte ich nun direkter und sah wieder auf, direkt in die braunen Augen meines Gegenübers, woraufhin dieser erstaunt aufatmete.
„Ja, Thom, ich weiß es.", murmelte ich daraufhin.
„Woher..?", fragte er leise und biss nervös auf seiner Unterlippe herum.
„Als Gally das Gegenmittel genommen hat, hat er seine Erinnerungen zurück bekommen.
Und du hast dasselbe bekommen, also musste ich nur noch eins und eins zusammenzählen..", erklärte ich leise.
Gott, wie die Situation unangenehm, sowohl für mich, als für Thomas.
„Was.. was hast du denn rausgefunden, also.. was habe ich getan..?", fragte ich nach einer Weile, woraufhin Thomas kurz nickte, tief Luft holte und kurz die Augen schloss.
„Du hast eigentlich nichts getan, Violet.. nicht du..
Das war ich..", erzählte Thomas zwischen zusammengebissenen Zähnen.
„W.. was..?", stammelte ich erschrocken und trat einige Schritte zurück, sofern es mir gelang, da die Kammer echt klein war.
„Wir haben uns schon früher gut verstanden..
Wir haben gespielt, fangen oder so, mit den anderen.. natürlich nur, wenn sie nicht gerade in irgendwelchen Tests steckten.
Wir, du, deine Schwester und ich.. und Teresa.."
„Teresa auch?!", unterbrach ich Thomas erschrocken und ließ mir das Ganze nochmal durch die Kopf gehen.
„Ja.. Teresa auch.
Nun, wir vier waren nie einbezogen in die Tests und Aufgaben, in die sie die anderen immer gesteckt haben.
Und irgendwas ist passiert, was, weiß ich noch nicht genau, sodass Teresa und ich auf einmal ins Labyrinth kamen.
Nun, irgendwann kamt dann auch ihr, du und Madison..
Madison ist nicht die, für die wir sie gehalten haben, Vi, sie ist-"
„Meine Schwester.. ich weiß.", unterbrach ich Thomas seufzend und setzte mich auf einen Hocker.
„Woher weißt du...?"
„Erklär ich dir später, erzähl jetzt bitte weiter.", bat ich und atmete tief durch.
„Es gibt eigentlich nicht viel zu erzählen.
Ich weiß nur, dass dein Vater einer der Tester war, der Schöpfer des Labyrinthes.
Aber ich kann mich leider nicht an ihn erinnern.
Der Punkt ist doch, dass Gally dich zu unrecht gehasst hat, du warst und bist an nichts schuld, oke?
Du bist und bleibst meine beste Freundin, immer.", versprach mir Thomas und nahm mich anschließend sanft in den Arm, woraufhin ich mich lächelnd an ihn schmiegte.
„Und jetzt erzähl mir, was du über Sol weißt, beziehungsweise Madison."
Ich wollte es Thomas unbedingt sagen, er hatte es verdient, er hatte mir auch alles erzählt.
Doch ich hatte es meiner Schwester versprochen, Newt würde der einzige sein, der von allem erfährt.
Es fühlte sich falsch an, der Gedanke, sie zu hintergehen, doch es fühlte sich genauso falsch an, Thomas anzulügen.
Ich befand mich in einer Zwickmühle, aus der ich unmöglich rauskommen konnte.
„Vi..?", fragte Thomas, nachdem ich ihm nicht geantwortet hatte.
„Ich kann dir das nicht sagen..", entschied ich leise und sah beschämt zu Boden.
„Aber.. Vi..?", meinte Thomas, wobei man die Enttäuschung in seiner Stimme richtig hören konnte.
„Ich weiß, wie sich das jetzt anhört, aber du musst mir jetzt einfach vertrauen.
Es dauert nicht mehr lange, dann kann ich euch allen, alles sagen, oke?
Gib mir nur etwas Zeit, Thom."

Nachdenklich verließen wir beide die Abstellkammer und während Thomas zurück zur Sporthalle lief, machte ich mich auf den Weg zur Mädchentoilette.
Doch dort sollte ich nie ankommen.
Kurz, bevor ich die Toilette erreicht hatte, wurde ich von irgendwem an die Wand gedrückt.
Schnell erkannte ich, dass es meine unechte Schwester war, die mich nun böse anstarrte, während ich meine Augen ängstlich aufgerissen hatte.
„Was weißt du?", zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen und drückte mir eine Hand an den Hals, sodass ich nur noch schwach atmen konnte.
„Ich weiß gar nichts!", log ich und rannte verzweifelt nach Luft.
„Lüg nicht! Was weißt du?!", flüsterte sie und drückte für einen Moment so fest zu, dass ich gar keine Luft mehr bekam.
„NEWT!", brüllte ich hilfesuchend, doch meine unechte Schwester presste mir ihre Hand auf den Mund.
„Newt wird dir jetzt nicht helfen können.
Du sagst mir jetzt was du weißt, wenn nicht, wird das hier für dich noch schlimmer enden als eh schon.", drohte sie.
„Ich weiß, dass du nicht meine Schwester bist!", presste ich nun, immer noch nach Luft schnappend hervor.
„Ich weiß, dass ihr Wicked-Mitarbeiter seid!
Ich weiß die Wahrheit."
Seufzend lies das Mädchen von mir ab und kramte in ihrer Hosentasche herum.
„Tut mir jetzt echt leid, Vi, aber wir brauchen das Heilmittel."
Und dann, dann zog sie aus ihrer linken, vorderen Hosentasche eine Spritze mit einer durchsichtigen Flüssigkeit, die sie mir erbarmungslos in den Oberarm rammte und ich das Bewusstsein verlor.

Violet 2 - The Scorch TrialsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt