Kapitel 55

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Im Hotel putze ich meine Zähne, ziehe mich um und werfe mich wieder aufs Bett. Es ist zwar erst 23 Uhr, trotzdem bin ich totmüde. Sammy verschwindet ins Badezimmer und ich höre wie er seine Zähne putzt.
Ich schließe meine Augen und als ich sie wieder öffne steht Sammy mit dem Rücken zu mir und zieht irgendwelche Klamotten aus dem Schrank.

"Was ist jetzt mit deiner Cola, die du noch abtrainieren musst?"

"Warte."

Sammy legt die Klamotten, die er sich zusammengesucht hat, auf einen Stuhl neben das Bett und zieht sich bis auf die Boxershorts aus, dann kniet er sich neben das Bett.

"Was..."

"Leg dich mal auf meinen Rücken."

Ich stehe auf und mache was Sammy mir gesagt hat. Mit den Beinen klammere ich mich um seine Hüfte und mit den Händen halte ich mich an seinen Schultern fest.

"Und jetzt?"

Sammy antwortet nicht, sondern beginnt mit mir auf dem Rücken Liegestützen zu machen.

"Wirklich jetzt?"

Ich muss lachen und Sammy hält kurz inne, dann macht er weiter. Ich lege meinen Kopf ebenfalls auf seinen Rücken und schaue aus dem Fenster. Womit habe ich nur so einen tollen Mensch wie Sammy verdient?

"Geht's noch?"

"Ja, hör aber auf bevor du zusammenbrichst."

"Kein Problem."

Mit den Worten macht Sammy weiter.
Irgendwann fallen meine Augen zu und ich nehme nichts mehr um mich herum wahr.

Ich öffne meine Augen und alles ist dunkel. Das Zimmer wird nur vom Fenster her leicht erhellt. Ich muss wohl auf Sammys Rücken eingeschlafen sein und er hat mich dann ins Bett getragen. Ich löse mich aus seinem Griff und stehe auf. Sammy bewegt sich nur leicht hinter mir im Schlaf und zieht die Decke näher zu sich ran.

Mit wenigen Schritten stehe ich beim Fenster und starre auf London hinunter. Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, kommt mir so vertraut und gleichzeitig auch so fremd vor. Ich lasse mich vor dem Fenster sinken und betrachte den vorbeiziehenden Verkehr. Die Uhr an der Wand, die durch die Lichter der Stadt leicht beleuchtet wird, zeigt Punkt drei Uhr an.

Mit den Gedanken bin ich wieder bei meinen Eltern. Heute ist ihre Beerdigung. Ich muss einen Kloß in meinem Hals hinunterschlucken. Plötzlich legen sich zwei Hände auf meine Schultern.

"Alles in Ordnung?"

Ich nicke nur und Sammy setzt sich neben mich.

"Deine Eltern?"

Wieder nicke ich nur stumm. Sammy zieht mich auf seinen Schoß und umarmt mich. Ich erwiedere die Umarmung.

"Mia?"

Ich drehe meinen Kopf zu seinem Gesicht und schaue direkt in seine Augen.

"Ich bin immer für dich da, egal was ist. Verstanden? Du kannst mir alles erzählen, bitte."

Ich nicke nur, seine Lippen streifen kurz meine, dann umarmt er mich noch fester und ich starre in die Dunkelheit.

"Ich will nicht dass ich bei der Beerdigung total bemitleidet werden. Ich..."

Ich kann nicht weiter reden weil sich meine Augen mit Tränen füllen.

"Du willst dass alles wieder so, wie noch vor ein paar Tagen ist?"

"Ja. Ich habe es nie geschätzt Eltern zu haben. Es war eben immer selbstverständlich für mich, das ist es aber nicht."

Ich löse mich von Sammy und schaue aus dem Fenster.

"Glaubst du sie sehen mich?"

"Ich denke, sie sind irgendwo da oben..."

Er macht eine Handbewegung zum Himmel hoch.

"...und manchmal schauen sie auf dich runter. Aber da sind sie immer."

Er deutet auf mein Herz.
Ich lehne meinen Kopf gegen Sammys Brust und kann seinen Herzschlag spüren. Mir laufen noch immer Tränen über die Wangen. Sammy legt seine Hand um meine Taille und mir fallen jetzt erst die weißen Flocken auf, die vom Himmel fallen.

"Meine ganze Verwandtschaft hat sich schon vor Jahren zerstritten, glaubst du, sie kommen trotzdem?

"Ich denke schon."

"Sammy?"

"Mia?"

"Was findest du so toll an mir? Ich bin ein komplett normales Mädchen, nichts besonderes."

"Das denkst du also über dich? Doch, du bist was besonderes. Glaub mir, jeder Junge würde dich als besonders bezeichnen wenn er dich nur kennen würde. Dich muss man einfach lieb haben."

Sammys Lippen streifen wieder meine.

"Und was findest du so toll an mir?"

Sammy schaut mich fragend an.

"Alles."

Ich denke nach, Sammy ist es wichtig dass es mir gut geht. Er denkt erst an mich, bevor er an sich selbst denkt. Er ist unglaublich süß und weiß auf jede Frage eine passende Antwort.

Sammy starrt so nachdenklich wie ich aus dem Fenster. Mein Blick fällt auf die Narbe an seiner Hüfte. Er muss vor längerer Zeit dort genäht worden sein. Sammy zuckt unmerklich zusammen, sagt aber nichts.
Soll ich ihn nochmal danach fragen warum er sich dort verletzt hat?

Ich lege meine Hand auf Sammys Oberkörper und fahre über seine Bauchmuskeln.

Sammy grinst mich an.

"So Muskeln sind schon was Tolles."

"Sammy, was ist da passiert?"

Meine Hand gleitet über seinen Oberkörper und in Richtung der Narbe. Sammy greift mit seiner rechten Hand blitzschnell nach meiner eigenen Hand und hält sie fest, er setzt sie behutsam auf seine Brust, direkt über sein Herz.

"Sei lieber froh dass das hier noch schlägt. War damals knapp."

"Warum willst du nicht dass ich weiß warum du fast gestorben bist?"

Sammy antwortet mir nicht, sondern steht auf.

"Warum?"

"Mia, ich werd's dir schon irgendwann noch erzählen."

Sammy hält mir seine Hand hin und nur widerwillig ergreife ich sie. Er zieht mich dicht an sich heran und ich spüre jeden einzelnen seiner Muskeln unter meinem Top. Sammy und ich waren uns schon so oft so nah, aber trotzdem finde ich dass es jedes Mal aufs Neue wieder ein besonderer Moment ist.

Wieder hebt er mich wie ein kleines Kind hoch und trägt mich zum Bett. Ich werfe noch einen letzten Blick auf die Sklyline von London, dann lässt er mich aufs Bett fallen. Sammy legt sich neben mich und zieht die Decke, die mittlerweile schon kalt geworden ist, über uns beide.
Schon wenige Minuten später spüre ich seinen gleichmäßigen Atem in meinem Nacken, während ich noch eine Ewigkeit wach liege und gedankenverloren die weiße Decke über mir anstarre.

{1000 Wörter}

Forbidden LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt