VIII. - Der Zeitungsbericht

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Zehn Tage nach der „Säuberung"

Auch in dieser Nacht hatte Shay sich auf der Mauer versteckt. Gerade hatten es sich fünf Soldaten vor der Brücke mit einem Kartenspiel bequem gemacht. Keiner kam ohne Vorladung oder speziellen Ausweis in das Schloss. Die Brünette hatte immer noch keine Idee, wie sie in dieses Schloss kommen sollte. Ständig war die Brücke bewacht. Es gab ihrer Meinung nach, auch keinen ersichtlichen Nebeneingang. Abwasserkanäle die sie entdeckt hatte waren zu schmal oder hinter einem schweren Eisentor.
Plötzlich, mitten in ihrem Gedankengang, wurde das Zugtor angehoben. Ein Soldat legte seine Karten nieder und lief über die Brücke zum sich öffnenden Tor. Zwei andere Männer, mit einer mittelgroßen Schubkarre, kamen auf ihn zu. Ein dritter Soldat der hinter her kam sprach gerade so laut, das Shay ein wenig davon verstehen konnte.
„Begleite die Männer zur vereinbarten Stelle an dennen die Körper verbrannt werden können. Der König möchte von dem Geruch nichts mitbekommen."
„Jawoll!" salutierte der dritte.

Shay streckte den Hals um etwas zu erkennen.
Die Schubkarre war mit einem fleckigen alten Laken bedeckt. Darunter könnte man circa vier Körper vermuten.
„Hey, ihr verliert ja die Hälfte."
Der Brünetten hätte es eigentlich klar seien sollen, dennoch war sie schockiert.
Der Soldat, der die zwei anderen begleiten sollte, bückte sich und hob zwei Stiefel auf, um sie wieder auf der Karre zu verstauen.
Zwei Kinderstiefel.

„Oh nein!" Shay schlug sich die eine Hand vor den Mund, die ander legte sie an die Stelle über ihrem Herzen. „Es hat bereits begonnen?!"
Die besorgte Mutter atmete schwer und versuchte ihr schmerzendes Herz zu beruhigen.
„Warum zum Teufel?!" fluchte sie leise.
So schlimm diese Szene war, tief im innern hoffte Shay, dass Grey nicht unter diesem fleckigen alten Laken lag.

Auf der Death:

„Aaaaaahhhh! Nein! Hört auf... hihihihihi.."
Law verdrehte in seinem Arbeitszimmer die Augen und stöhnte entnervt.
Shachi,Penguin und Hanako jagten sich des öfteren durch die Gänge der Death. Sehr zum Leidwesen des Käptn. Der grauäugige Pirat war froh, wenn sie endlich die nächste Insel erreichen würden.
Ein Türknallen ließ das Fass bei Law überlaufen. Er klappte das Buch Atlas der Anatomie laut zu und riss die Tür auf. Ein völlig geschockter Penguin stand vor ihm.
„Ehm... Käptn.. wir.. waren wir zu laut?"
Peguin zog das Genick ein und schaute zu Boden.
„Mal wieder, ja.. wo ist Bepo?!"
„Der.. ehm.. ich glaube auf der Brücke, Käptn."

Law ließ sein Crewmitglied wortlos stehen und schritt zügig zur Komandozentrale.
Der Kapitän riss erneut die Tür zu einem Raum auf. Der Eisbär zuckte zusammen.
„Käptn?."
Wann erreichen wir eine Insel?!"
„Also.. ehm.. die nächste wäre in einem halben Tag zu erreichen.."
„Na endlich!"
„... das Problem dabei ist: es wäre für uns gefährlich dort vor Anker zu gehen Käptn.. Tschuldigung"
Auch der Eisbär zog wegen der Laune des Piratenkapitäns das Genick ein.
Dieser fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
„Das kann ja wohl nicht wahr sein."
Law setzte sich auf einen Stuhl.
Bepo beobachtete Law genau. Und ganz plötzlich fühlte Bepo sich wie in einem Dejavu.
Der Blick des Eisbären fiel auf die Zeitung neben Laws Arm.
Heute hatte wieder etwas drin gestanden.
Über Doerena.
Nichts gutes, weshalb Bepo auch nicht glücklich an diesem Tag war.
Als könnte der grauäugige Gedanken empfangen, schaute Law auf die Zeitung neben seinem Arm.
Law las selten die Zeitung. Würde etwas wichtiges darin stehen, würde Bepo ihm das auf jeden Fall mitteilen. Selbst unwichtige Sachen erzählte Bepo ihm immer voller Stolz.
Doch irgendetwas in ihm ließ die Zeitung heute interessanter erscheinen.
Law zog die Brauen zusammen.
Er zögerte, doch schliesslich nahm er die Zeitung in die Hand und klappte sie auf
Bepo gab ein leises Geräusch von sich, doch der Käptn ignorierte es.

Dem Eisbären stand der Schweiss auf der Stirn. Aber auf einer Seite war er froh das Law es dann wusste, vielleicht würde er etwas unternehmen. Bepo beaobachtete Law weiterhin. Er blätterte die erste Seite bereits um. Noch zwei weitere, und er würde den Artikel über Shays Insel entdecken.
Ein kurzer Moment verging und erneut raschelte die Zeitung.
Noch eine.
Bepo hielt die Luft an. Gleich, gleich würde er es lesen. Wie reagierte er wohl.
Law blättert erneut ziemlich gelangweilt die Zeitung um.
Bepos Herz blieb für einen Moment wohl stehen.
Die Augen des Piratenkapitäns flogen über die Seite. Er hatte wenig Lust das alles wirklich zu lesen. Er hoffte auf irgendetwas spannendes.

Ein lauter Knall, und plötzlich fiel die Tür auf.
Law blickte von der Zeitung hoch.
Hanako war hinein geplatzt.
„Oh. Es.. oh gott, Law, es tut mir sehr Leid!"
Rückwärts verlies die junge Frau schnell wieder die Komandozentrale.
Bepo schaute geschockt Law an. Dieser hatte den Kopf geschüttelt und die Zeitung für einen Moment vergessen.
„Ich werde noch wahnsinnig. Was ist den bloß los mit dennen?"
Bepo schluckte laut: „Penguin und Shachi finden sie scheinbar ganz toll."
Law verdrehte die Augen.

Dann richtete er wieder die Zeitung.
Er wollte gerade weiterblättern, da fror sein Blick für einen kurzen Moment ein.
Er zog wie sooft die Brauen zusammen.
Er war an einem kleinen Artikel hängen geblieben.
Allein die Überschrift reichte aus um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

   Schreitet Marine bald ein?
König von Doerena plant Experiment.

Bepo wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, in der sich sein Käptn nun schon nicht mehr bewegt hatte. Er traute sich nicht Law jetzt in dieser Situation anzusprechen.
„Bepo?"
„Ja??" antwortete Bepo wie aus der Pistole geschossen, und stand stöckelsteif da.
„Wir befinden uns in der Nähe dieser Insel richtig?"
„Ähm.. Käptn? Tschuldigung."
Law schaute mit einer finsteren Miene auf.
„Du weißt genau was ich meine. Doerena. Das ist sie doch. Ihre Insel. Und du hast den sichersten Kurs ausgewählt, und ganz zufällig sind wir in diesen Gewässern zurück. Wie lange geht das hier schon? Du verfolgst das ganze doch sicher schon eine Weile?"
Bepo war knallrot um die Nase.
„Käptn ich... Es tut mir so Leid! Ich hatte es vor vier Wochen das erste Mal gelesen, dass da etwas nicht stimmt. Ja es ist wahr, ich hatte die Hoffnung das wir irgendetwas tun können, das DU ihr vielleicht helfen kannst. Oh Käptn, ES TUT MIR LEID! Tschuldigung!"
Law war wortlos aufgestanden. Er kam auf Bepo zu.
„Ich wollte nie wieder dorthin zurück Bepo!"
Mit diesen Worten verließ der Piratenkapitän die Komandobrücke.
Bepo starrte gerade aus. Er dachte einen Moment scharf nach. Er hatte nicht gesagt, dass der Kurs geändert werden soll. Er hatte auch nicht gesagt das er nicht auf die Insel möchte, lediglich das er es eigentlich nicht wollte.
Auch wenn Bepo gerade alles andere als zu lachen zumute war, breitete sich ein erleichterndes Grinsen auf seinem Gesicht aus.
Sie würden weiterhin Kurs halten. Sie würden Doerena ansteuern. Und hoffentlich, wenn es bis dahin nicht vielleicht schon zu spät war, Shay zur Hilfe eilen.

Ankunft der Heartpiraten
auf Doerena: 10 Tage

Auf Doerena:

Shay lag endlich in ihrem Bett. Sie hatte nur noch 3 Stunden Schlaf, ehe sie zur nächsten Schicht im Krankenhaus eingeteilt war. Man hatte sie nicht rausgeschmissen. Gerade jetzt, als viele Reiche durch die Explosion verletzt wurden, waren Ärzte und Krankenschwestern wichtig. Shay fiel es schwer zu schlafen. Das tat sie seither auch nur ganz selten. Wenn sie keine Nachtschicht hatte, versuchte sie mehr Einbruchmöglichkeiten zum Schloss zu finden. Tagsüber, wenn sie Nachtachicht hatte, war es zu gefährlich am Schloss herum zu lungern. Da war sie dann Zuhause über ihren Küchentisch gebeugt und fertigte einen Plan an.
Auch wenn sie die paar Stunden Schlaf gut gebrauchen könnte, ließen die Bilder der Schubkarre sie nicht los.
Sie betete zu Gott, wenn es denn da einen gab, das Grey noch lebte.

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