LVIII. Gedanken über die Zukunft

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"Mein Vater ist Law?" ...

Das Geräuch, als der Spielzeugsoldat, der eigentlich nicht viel wiegte, auf dem Boden aufkam, war in Shay's Ohren unbeschreiblich laut. "Scheiße." fluchte sie leise und kam schnell auf den kleinen Grey zu, der sie mit offenem Mund anstarrte. "Schatz! Grey, mein Liebling. Ich..ich hätte es dir schon längst erzählen sollen, aber.. ach Grey. Es tut mir so Leid." sie hatte ihn an den Oberarmen gepackt und ihn besorgt angesehen. Grey wechselte ein paar Mal seine Gesichtzüge. Für Shay war klar, dass ihr Sohn über alles nachdachte, was dank dieses neuen Wissens durch seinen Kopf ging. Er ähnelte in so vielerei Hinsicht seinem Vater. Die Sekunden verstrichen und Greys Lippen blieben geschürzt. Er hatte seine Augenbrauen angestrengt zusammen gezogen und spielte mit seinen Fingern. Diese Angewohnheit hatte er wohl oder übel von Shay, was ihn immer verraten würde, wenn er nun unsicher war. "Also.. wenn Law mein Vater ist... warum hat er uns alleine gelassen?" fragte der kleine Junge leise. "Mag er mich etwa nicht?" ergänzte er seine Frage. Shay tat es unendlich weh, ihren Sohn so zu sehen. Wie er vor ihr stand und sich nicht erklären konnte, warum sein Vater ihn nicht wollte. Shay schüttelte den Kopf, streichte ihrem Sohn die Haare aus dem Gesicht und sah ihn einen Moment ruhig an. "Natürlich mag er dich, Grey! Er wusste nur nichts von dir. Er kann also nichts dafür, dass er nicht hier war." Wieder verarbeitete der kleine Junge das gesagte. "Wolltest du nicht, das ich einen Papi habe?" Shay stockte der Atem. Natürlich zählte Grey, nach dem gesagten von Shay, eins und eins zusammen. Sie hatte sich blöderweise falsch ausgedrückt. Schließlich musste ja jemand Schuld haben, wenn Law es nicht war. "Nein. Nein so war das nicht Grey. Ich.. ich habe damals selbst noch nichts von dir gewusst. Law hätte... dein Vater.. er hätte uns nicht allein gelassen, wenn er davon geahnt hätte." Shay hoffte, das es sich so anhörte, als würde sie selbst daran glauben, denn sicher war sie sich nicht. "Bleibt..Papa jetzt bei uns?" fragte Grey zögerlich.
"Shay.." kam es von Kei, der nun ebenfalls von dem Bett aufgestanden war. Er wollte vermutlich verhindern, dass Shay ihrem Sohn nun Hoffnung auf etwas machte, was man nicht vorhersagen konnte. Shay atmete noch einmal tief aus, dann lächelte sie ihren Sohn an. "Das weiß ich leider nicht." gab sie schweren Herzens zu. "Mhm.. aber wir können doch mit ihm mit. Dann kann ich mit Shachi spielen und werde selbst ein Pirat."
Kei hustete aufgeregt im Hintergrund, vermutlich hatte er sich an seiner eigenen Spucke verschluckt. Shay überspielte ihre Anspannung, mit einem Lachen. "Darüber müssen wir ersteinmal mit den anderen reden." versuchte sie ihren Sohn zufrieden zu stimmen. Grey nickte ihr nur zu, hob seinen Soldaten vom Boden auf und drückte seine Mama noch einmal flüchtig. Dann lief er wieder den Gang zurück in sein Zimmer.

Shay saß noch immer, nur im Handtuch gekleidet auf dem Boden. Kei trat vorsichtig an sie heran und blieb neben ihr stehen. Sie sah zu ihm hoch und versuchte seine Gedanken zu erkennen. "Du willst dein Sohn doch nicht wirklich ein Pirat werden lassen." Nicht das gesagte, brachte Shay wohl auf die Palme, sondern seine Tonart, wie verachtend er dies sagte. "Verdammt noch eins, Kei! Falls du vergessen hast, ich habe von einem Piraten ein Kind! Ein Pirat war es, der mich damals gerettet hatte! Und ein Pirat ist es, den ich ..." Shay brach ab. Ihr Herz hämmerte schmerzhaft gegen ihre Brust. Beinahe hätte sie das Wort Liebe im Zusammenhang mit Pirat in den Mund genommen. "Ich möchte mich bitte anziehen." sprach Shay einfach weiter. Kei schüttelte ungläubig den Kopf und ließ die Brünette allein.

Shay versuchte ihr Herz wieder unter Kontrolle zu bringen, stüzte eine Hand in die Hüfte, während die andere an ihrer Stirn lag. Genau in dieser Position verharrte sie, währden sie kraftlos und ohne Ziel, sich im Raum umblickte. Wieso, war nur alles so kompliziert. Wieso, war Law einer dieser berühmt-berüchtigten Piraten. Und wieso verflucht, musste sie jetzt heulen, wenn sie daran dachte wie scheiß kompliziert ihr Leben war. Sie presste die Lippen zusammen, damit diese aufhörten verräterisch zu zittern, wischte sich von der Stirn nach unten die Tränen weg, zwang sich dazu,  dreimal tief ein- und auszuatmen und drehte auf dem Absatz um, um sich anzukleiden.

Nach langen Minuten, vor dem Kleiderschrankchaos stehend, hatte sich Shay nun für ein schwarzes Strandkleid entschieden. Mit passenden Schuhen, schlichtem Schmuck und einer nicht zu komplizierten Hochsteckfrisur, lief sie zu Grey ins Kinderzimmer. "Grey, bist du fertig?" Der Junge saß auf dem Boden und hatte mehrere kleine Männchen um ein Boot gestellt. "Aye Mami" gab er fröhlich zur Antwort. "Aye?" fragte Shay verwirrt. "Ja, Mami. So geben Piraten doch Antworten." Shay konnte nichts dazu erwiedern und ließ ihren kleinen Wirbelwind, an ihr vorbei aus der Tür gehen. Er sprang fröhlich die Treppen nach unten und Shay folgte ihm mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend.
Kei stand an einem Fenster und hatte dort scheinbar die ganze Zeit gewartet. "Können wir?" fragte Kei, als Shay auf ihn zu kam. "Wohin?" "Wir haben bereits 16 Uhr. Um 18 Uhr beginnt das Fest. Ich dachte du wolltest dahin." "Ein Fest? Ouh, Mami.. werden die Piraten auch da sein?" Shay blinzelte ein paar Mal, gab allerdings wahrheitsgemäß eine Antwort. "Ja Liebling. Es ist ein Fest für die Piraten. Als Dank für ihre Hilfe und... zur Verabschiedung." "Verabschiedung? Die Piraten gehen weg?" "Ja. Sie müssen morgen weiter." "Morgen schon?!" rief Grey entsetzt. "Mami, dann müssen wir packen, damit wir mit ihnen mitkönnen." Grey wollte schon nach oben in sein Zimmer eilen, um vermutlich seine wichtigsten Spielsachen zu holen. Shay griff schnell nach seiner Schulter und hielt ihn somit aus. "Grey. Halt. Du.. Wir reden später darüber. Lass uns jetzt erstmal dahin gehen, okay?" Grey zeigte ein wenig Misstrauen, ließ sich aber dennoch dazu überreden. Zu dritt, verließen sie das Haus in Richtung Stadt. Und Shay wusste, sie müsste sich den ganzen Weg, bis zum Zeitpunkt wenn Law ihr gegenüber stehen würde,  Gedanken darüber machen, wie und was sie sagen würde.

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