L. Es war eine harte Zeit

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Shay und Law saßen nun schon eine Weile auf dem Boden. Law hielt sie in ihren Armen und wiegte sie leicht hin und her. Shay hatte vor Freude und Erleichterung die Tränen nicht zurückhalten können.
„Wieso bist du eigentlich auf dem Boden?" fragte Law plötzlich, ernsthaft interessiert. Shay hatte sich an Law's Halsbeuge geschmiegt und sah nun überrascht auf.
„Naja.. du warst nicht mehr ansprechbar, nachdem ich dir das mit Grey erzählt habe und da wollte ich dich ‚wachrütteln'." Gab Shay als Antwort und zuckte dabei mit den Schultern.
„Du bist aus dem Bett gefallen?" fragte er nun eher geschockt. „Na komm. Ich helf dir auf."
Law kam auf die Beine und hielt der Brünetten eine Hand hin.
Sie griff nach ihr und zog bei aufstehen, scharf die Luft ein.
„Was ist?" Law beäugte sie besorgt.
„Ach nichts. Geht schon wieder." winkte Shay ab, spürte aber ihren Kreislauf und stüzte sich mehr als zuvor an Laws Armen ab.
„Shay. Du hast Schmerzen." stellte er in seiner ärztlichen Art fest. Er drehte sie halb um, um sie auf dem Bett zu platzieren.
„Warum sagt du denn nichts? Du weißt, dass ich dir helfen kann." der grauäugige sah sie mit einer hochgezogenen Braue an. Er lief zu seinem Schreibtisch und schüttelte dabei den Kopf. Aus einer der Schubladen kramte er ein kleines Fläschlein heraus. Er nahm von einem Tablett, das auf dem Schreibtisch stand, eine Spritze und zog das Fläschchen auf. Danach kam er zu Shay zurück, die ihn entschuldigend ansah.
„Na komm. Streck dein Arm aus. Das ist ein Schmerzmittel." sagte er in einem ruhigen Ton zu ihr. Er hob die Spritze in die Luft, klopfte mit dem Finger kurz dagegen, um eventuelle Luftblässchen zu vertreiben.
„Werde ich davon müde?"
Jetzt sah Law sie aufmerksam an.
„Ein wenig, wieso?" Shay biss sich auf die Lippen.
„Naja. Ich würde gerne noch mit dir reden wollen. Wir haben so viel Zeit verschwendet und.."
Law lachte leise.
„Zeit haben wir doch jetzt genug." gab er ihr liebevoll zur Antwort.
„Shay. Das wird dir guttun." drängte er weiter, nachdem Shay die Spritze weiterhin skeptisch beäugte.
„Es geht wenn ich so liege, wirklich. Lass.. uns ein wenig reden. Bitte. Und wenn es nicht mehr geht, sage ich dir bescheid, versprochen."
Jetzt war Law derjenige, der skeptisch dreinblickte.
Dennoch ließ er die Spritze sinken und atmete laut aus.
„Na schön." er legte die Spritze auf den Beistelltisch von ihrem Bett und setzte sich dann vorsichtig zu ihr.
Er rückte ganz nach oben, um sich mit dem Rücken gegen das Bettgestell und die Wand lehnen zu können. Shay lächelte ihn zaghaft an und lehnte sich dann mit ihrem Kopf gegen seine Brust. Einen schmerzhaften Laut, aufgrund der Bewegung, verkniff sie sich.
Als sie lag und Law ihr sachte über den Rücken streichte, entspannte sie sich und drängte den Schmerz von sich weg. Verträumt und völlig zufrieden, malte sie kleine Kreise auf seine Brust.

Beide schwiegen für den Moment und schienen die Berührung des jeweils anderen zu genießen.
„Es tut mir Leid, Shay." kam leise von Law.
Auch wenn der grauäugige es nicht sah, zog Shay die Brauen vor Verwirrung zusammen.
„Was denn?"
Er holte tief Luft bevor er antwortete: „Das.. ich dich damit allein gelassen habe.."
Law schien mit sich zu ringen, wie er den Satz weiterführen sollte.
„Mit Grey meine ich. Die.. Schwangerschaft. Und, dass du das eben alles allein durchstehen musstest." er drückte ihr leicht die Schulter.
„Mhm.." war alles was ihr dazu einfiel. So war es nunmal, ändern konnten sie das nicht mehr.
„Mhm? Was? War es sehr schlimm alleine?" Shay spürte, dass Law sich langsam unwohl fühlte. Sie wollte diesen Moment nicht mit diesem Thema füllen. Trotzdem rutschte sie vorsichtig von ihm weg, legte ihren Kopf auf das Kissen, damit sie ihm, etwas besser ins Gesicht sehen konnte.
Law beobachtete sie besorgt, sagte aber nichts. Er wartete darauf, dass sie von sich aus erzählen würde. Und nach einem tiefen Seufzer, tat sie dies auch.

„Es war.. nicht schön. Also.. naja, ich bin von deinem Uboot runter und wusste nicht wohin. Meine Wohnung wurde ausgeräumt, das meiste war weg. Klar bin ich dir dankbar für das Geld, welches ich erst später entdeckt hatte. Ich hatte vor es anzulegen, für schwierige Zeiten zurückzulegen, und dann, einige Wochen später bemerke ich das etwas nicht stimmt. Ich hatte nicht das Problem mit der Übelkeit, wie.. beim ersten Mal, und ich hatte auch seltsamerweise meine Blutung, deshalb war es mir nicht aufgefallen. Und wenn du dich daran erinnerst, war ich in dem Glauben, niemehr schwanger werden zu können, so hattest du es damals gesagt."
„Ich hatte gesagt, dass die Gefahr bestünde." korrigierte er sie leise.
„Ja. Das hieß für mich, das es nichts mehr wird. So, und dann, zack! Ich bin schwanger.. von dir. Einem Pirat, der beschlossen hatte, mich nicht mehr in seinem Leben haben zu wollen, und der mich bei meiner Insel abgeliefert und zurückgelassen hatte." Shay legte eine kurze Pause ein. Sie sah wie Laws Kiefermuskeln arbeiteten. Er sah sie nicht an, sondern sah auf ihre Hände.

„Ich.. ich bin damals ins Krankenhaus.. ich wollte es erst nicht haben. Ich.. wollte das nicht alleine durchmachen." wieder pausierte sie. Jetzt sah Law sie direkt an. Sein Blick war traurig, reuevoll.
„Als ich untersucht wurde.. und den kleinen Herzschlag hörte.. ich konnte es nicht. Ich beschloss sofort, mit deinem Geld ein kleines Haus zu kaufen. Ich hatte Gott sei Dank Miu während der Schwangerschaft an meiner Seite, auch wenn sie mich mit Fragen durchlöchert hatte. Naja.. dann kam, der wohl mit schlimmste Tag in meinem Leben."
Law sah sie mit gerunzelter Stirn und anhaltendem Atem an.
„Ich lag seit ungefähr 26 Stunden in den Wehen und es gab Komplikationen. Die Nabelschnurr hatte sich um Greys Hals gelegt und sie wussten nicht wie sie mich und das Kind retten sollten. Ich war in diesem Krankenhaus ganz allein, da Miu am anderen Ende  der Insel wohnte, und ich sie für ein wenig Schlaf nach Hause geschickt hatte. Ich wusste nicht, was ich fühlen, denken oder tun sollte. Sollte ich den Ärzten sagen, sie sollen das Kind retten? Aber wen hätte er denn gehabt? Ich konnte Miu doch nicht einfach das Kind anhängen. Ich konnte aber auch nicht sagen, dass die Ärzte mich retten sollen. Ich weiß noch, wie eine junge Ärztin in den Raum kam und von einer OP gehört hatte. Zeit mich groß zu betäuben, hatten sie nicht mehr. Sie versuchten uns beide zu retten. Sie schmierten mir irgendeine betäubende Salbe auf den Bauch und steckten mir ein Tuch in den Mund, worauf ich feste beißen sollte."
„Das ist nicht dein Ermst." unterbrach Law sie misstrauisch.
Shay lachte emotionslos. Es war ein nüchternes Lachen, eines das sagen sollte: oh, doch.

„Sie haben uns damit gerettet." sagte sie leise.
Sie hatte die Hand auf ihrem Bauch und lächelte müde.
Law richtete sie auf und sah sie an.
„Darf ich?" er zeigte auf ihren Bauch und wartete. Shay hatte noch immer das Kleid an, doch war es seitlich zerissen. Shay nickte, wusste aber nicht genau was Law vorhatte. Würde er ihr das Kleid hochschieben?
Die Hände von Law, wanderten zu dem löchrigen Teil am Bauch. Er steckte zwei Finger durch die Löcher und riss an dem Stoff. Als er den Bauch freigelegt hatte, stockte er in der Bewegung. Sie betrachtete Law eingehend, beobachtete ihn und seine Gestik.
Seine Augen hatten sich verengt. Seine Wangen waren leicht gerötet. Als er mit seinem kalten Finger an der Narbe, unterhalb ihres Bauchnabels entlang fuhr, breitete sich eine Gänsehaut auf Shays Körper aus.
„Ein Glück, dass du das überlebt hast."
„Ein Glück, dass diese junge Ärztin da war. Sie war klüger als der Rest im Krankenhaus. Ohne sie.. wären Grey und ich vermutlich tot."
Noch immer sah Law die Narbe mit eingehendem Blick an. Dann senkte er langsam seinen Kopf, und berührte die vernarbte Haut mit seinen Lippen. Wäre das nicht gerade so ein trüber Moment, würde Shay das köstliche ziehen in ihrem Unterleib nicht ignorieren und davon schieben.

Law rutsche wieder nach oben und nahm seine vorherige Position ein.
„Also habt ihr beiden es geschafft." sagte Law und wollte Shay dazu bewegen, weiter zu erzählen.
„Ja. Miu half mir in der Anfangszeit, so gut sie konnte, dann lernte sie ein Jahr später ihren jetztigen Mann kennen. Natürlich konnte ich nicht verlangen, dass sie weiterhin mit mir Grey großzieht. Also war ich auf mich allein gestellt. Ich musste gezwungener Maßen, von dem weggelegten Geld leben. Erst als Grey zweieinhalb war, beschloss ich arbeiten zu gehen. Uns gings nicht schlecht, wir konnten leben.. bis der König kam. Und ab hier kennst du soweit die Story." beendete sie ihre Erzählung. Law legte eine Hand an Shays Wange und sah sie ruhig an.
„Ich weiß nicht, wie ich das wieder gutmachen soll." sagte er und sah ihr dabei tief in die Augen.
Shay biss sich von innen auf die Lippe.
Sie wollte nicht bezwecken , das er sich schlecht fühlte. Sie sah ihn fest an und berührte seine Hand, die an ihrer Wange lag. Sie drehte leicht ihren Kopf in seiner Hand, sodass sie seine Handinnenfläche liebkosen konnte.
„Du musst nichts wieder guttun. Es ist Vergangenheit. Und der König ist weg. Von jetzt an, werden wir besser leben." sprach sie leise mit geschlossenen Augen.
Law betrachtete ihr Gesicht, als sie ihre zarten Lippen leicht auf seine Handinnenfläche drückte. Doch als sie das sagte, musterte er sie verwirrt. Wollte sie ihm damit sagen, dass sie auf dieser Insel bleiben wolle? Bevor er protestierte, hielt er noch einen Moment inne. Was will er ihr denn vorwerfen? Das sie mit seinem Sohn weggeht? Natürlich wird sie nicht mit ihrem Sohn das Piratenleben führen wollen. Standen sie etwa schon wieder vor einem unausweichlichen Abschied?
Law schüttelte leicht seinen Kopf, um die Gedankengänge zu vertreiben. Soweit, wollte er jetzt noch nicht denken. Er wollte sich jetzt noch nicht den Kopf zerbrechen, ob er ein Familienleben eingehen könnte.
Das einzige was er in diesem Augenblick wollte, war die Zeit mit Shay zu verbringen. Zeit, in der sie sich nicht stritten. Zeit, in der sie endlich wieder zusammen sein konnten. Zeit zu zweit, ungestört.

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