1. Vergebliche Flucht

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Noire rannte am Fluss entlang, so schnell ihre kleinen Beine sie trugen. Für ihre Größe und Alter war sie ziemlich schnell, fand selbst sie, aber trotz ihrer Bemühungen war sie nicht einmal bis zu den Trittsteinen gekommen, als sie auch schon scharfe Zähne im Nackenfell spürte, die sie hochhoben.
Sie strampelte mit den Hinterbeinen und zappelte, aber sie kam nicht frei. Verzweifelt schrie sie: ,,Nein! Will nicht, will nicht, will nicht! Lass mich sofort los! Ich bin die zukünftige Alphawölfin und befehle dir mich loszulassen!"
,,Und ich bin die derzeitige Alpha und deine Mutter, und befehle dir jetzt stillzuhalten, da dass den ganzen Prozess beschleunigen würde.", antwortete die Alphahündin des Rudels, und Mutter der sturköpfigen Noire mit vollem Maul, da das Fell ihrer kleinen Tochter dicht und lang war.
Der Winter stand an, und ihre Felle begannen alle dick und lang zu werden, um sie vor dem kalten Schnee zu schützen.
Alpha war in der Welpenhöhle angekommen und setzte Noire auf den Boden, wo diese mit hoch erhobenem Kopf sitzen blieb. Dann legte die Mutter sich um ihre Tochter und begann sie mit schnellen Zungenstrichen von dem herbstlichen Schlamm zu befreien, der sich draußen beim spielen mit Maroni und Tiffany in Noires Fell verfangen hatte. ,,Das ist unfair!", beschwerte sie sich bei ihrer Mutter. ,,Warum werden Maroni und Tiffany nicht auch geputzt?! Sie sind genauso dreckig wie ich!" Alpha antwortete amüsiert: ,,Sie sind schon durch mit ihrer Wäsche. Im Gegensatz zu mir musste Mondschein sie nicht zuerst überreden sich in die Höhle zu begeben, und sie sind auch nicht weggelaufen. Sie sind gerade in ihrem Seitengang und schlafen. Und das wirst du auch gleich tun." Noire wollte protestieren, wurde aber von einem Gähnen unterbrochen. Alpha putzte sie schnell fertig und bugsierte sie dann in ihren Schlafraum. Sie blieb so lange im Eingang stehen, bis Noire eingeschlafen war, ging dann nach draußen auf die sonnige Lichtung, legte sich auf ihren Lieblingsplatz und beobachtete das rege Treiben das auf dem Platz herrschte.

Auf der Lichtung, auf der das Wolfsrudel lebte, gab es fünf Wohnhöhlen, die an einer riesigen Felswand, die einen Halbkreis blidete, lagen. Die Welpenhöhle, die gleichzeitig auch die Mutterhöhle war, die Alphahöhle, die Jägerhöhle, die Heilerhöhle und die Altenwolfhöhle. Außerdem eine Beutehöhle, in der das gejagte Wild lagerte. Die Welpen- und Mutterhöhle war die wärmste und am besten beschützte Höhle, da hier die Welpen gesäugt und geboren wurden. Es gab einem großen Vorraum, indem sie spielen und die Mütter sie putzen konnten. Von der Halle gingen noch ein halbes Dutzend Seitengänge ab, in denen jede Mutter mir ihren Welpen einziehen konnte, die aber lediglich als Schlafraum benutzt wurden.
Die Alphahöhle war etwas höher gelegen, damit man von dort die ganze Lichtung Überblicken konnte und war nur durch einen schmalen Pfad an der Felswand zu erreichen. Für Welpen war dieser Weg verboten, da man nur zu leicht abstürzen, und sich verletzen konnte.
In der Jägerhöhle wohnten etwa zwei Drittel des ganzen Rudels. Diese Wölfe waren von Kind an darauf ausgebildet worden, Rehe, Hirsche, Hasen und Vögel zu jagen und töten. Manchmal, wenn ein Bär so töricht war das Lager anzugreifen, landete er auch auf dem Haufen in der Beutehöhle. Sollte also wirklich mal jemand angreifen, kämpften die Jäger ganz vorne.
Mit sechs Monaten konnte ein Jungwolf wählen, welches Training er bekommt. Alpha wurde meistens das Kind des amtierenden Alphas. Hatte dieser kein Welpe, konnte er einen Jungwof aus dem Rudel wählen.
In der Heilerhöhle lebte nur ein Wolf, der Heiler. Er brauchte viele Kräuter in der Höhle, daher war sie mit unzähligen Nischen in der Wand ausgestattet, außerdem ein paar Löcher im Boden. Im Hinteren Teil waren etwa ein Dutzend Mulden, die mit Moos ausgelegt waren. Diese waren für kranke oder verletzte Wölfe reserviert, da der Heiler logischerweise dazu da war, sie zu heilen.
Die Altenwolfhöhle war mit Abstand die gemütlichste. Hier lebten die Wölfe, die dem Rudel lange gedient hatten, jetzt aber zu alt waren oder unheilbar verletzt (dreibeinig, nur ein Auge...). Alle Wölfe pflegten sie, wenn die Älteren das nicht selbst tun konnten und wer nichts zu tun hatte, brachte ihnen Futter.
Außerdem waren alle Höhlen mit vielen Mulden ausgestattet, die mit Moos, und manchmal sogar (Welpen-, Alpha- und Altenwolfhöhle) mit Federn von erbeuteten Vögeln.
Die Lichtung lag in dem Halbkreis der Felswand und war von vielen Pfoten plattgetreten worden. Direkt an der Kante der Felswand floss ein Fluss entlang, der an einer Felskante Trittsteine hatte, durch die man leicht auf die andere Seite gelangte. Für Welpen waren diese Sprünge zu weit, deswegen konnten sie nicht einfach im Wald auf Erkundungstour gehen. Außerdem konnten Angreifer nur über einen Gang in das Lager gelangen, wodurch es leicht zu verteidigen war. Genau in der stärksten Rundung lag ein flacher Felsen, auf den nahezu immer die Sonne schien, und dadurch Sommerfels genannt wurde. Die Altenwölfe lagen hier oft um sich zu sonnen.

Wolves - Eine unbekannte GefahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt