34. Sturm im Wald

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Es war keine erfolgreiche Jagd. Warum auch immer, aber keiner der fünf Jäger war ganz bei der Sache. Immer wieder wurden unruhige Blicke auf die Wolkendecke geworfen und alle, selbst ihre Beute, so Noires Gefühl, wartete nur noch auf den Wolkenbruch.

Und der kam schließlich. Woody, Pfeil, Nightmoon, Rose und Noire hatten erst drei Kaninchen aus deren Bau ausgegraben und erlegt, zusätzlich zwei dürre Mäuse und eine Amsel, als es anfing.

Es war jedoch keineswegs so, wie Noire es sich vorgestellt hatte. Keine reinen weißen, leichten Flocken fielen still und langsam vom Himmel, sondern eiskalte, fast gefrorene Tropfen platschten laut auf den Waldboden und die Wölfe.

Schlagartig war es dunkel geworden, obwohl die Sonne über den Wolken erst kurz nach ihrem Höchstpunkt stehen konnte.

,,Schneeregen.'', brummte Pfeil, als sie unter den dicken Ästen einer riesigen Eiche Schutz suchten. Er klang angewidert. Die Wölfe drängten sich zusammen und plusterten ihr Fell auf, um den immer stärker werdenden Wind abzuhalten.

Der Schneeregen wurde immer stärker, die Tropfen immer schwerer und größer. ,,Wir haben zwei Möglichkeiten.'', Noire musste schreien, um sich Gehör zu verschaffen. ,,Entweder wir bleiben hier und hoffen, dass wir nicht erfroren sind, bis der Regen aufhört, oder wir rennen so schnell wie möglich zurück zum Lager.''

Pfeil zögerte nicht lange mit seiner Antwort. Er war der älteste der Gruppe, und hatte schon mehrere Jahre hinter sich. ,,Letzteres. Das ist ein typischer Herbststurm. Letztes Jahr hat der erste dieser Art länger als einen Tag und eine Nacht gedauert, während es bitterkalt wurde. Wir müssen zurück ins Lager.''

Keiner hatte etwas dagegen einzuwenden. Noire, Rose, Nightmoon und Woody hatten alle noch keinen Herbst erlebt, sie konnten so etwas nicht beurteilen. ,,Nun gut. Wir müssen um den Baum herum, wenn wir auf schnellstem Wege zurück wollen. Wir bleiben so lang wie möglich am Stamm, dann rennen wir. Keiner bleibt zurück.'', befahl Noire, mühsam ein Zittern in der Stimme vermeidend.

,,Passt auf herunterfallende Äste auf. Vorletztes Jahr wurde ein Wolf von einem Ast erschlagen.'', fügte Pfeil grimmig hinzu. Jeder nahm sich eines der Beutestücke, Noire die zwei Mäuse. Dann schoben sie sich langsam am rauen Stamm der Eiche entlang.

Jeder hatte Angst, das konnte Noire riechen. Wenn sie es nicht rechtzeitig schafften, bevor ein Ast auf einen der Wölfe krachte? Wenn Woody unter schwerem, nassen Holz begraben werden würde?

Sie schüttelte den Kopf, um das Bild eines zerquetschten, nussbraunen Körpers zu verbannen. Die Jagdgruppe war auf der richtigen Seite des Baumes angekommen. Der Wind wurde immer stärker, und Noire fröstelte bereits in ihrem durchnässten Pelz, der viel schwerer zu sein schien als sonst.

Die schwarze Wölfin rannte als erstes los, hinein in den kalten Schneeregen, der fast schon so hart wie Hagel war. Nur, dass diese Hagelkörner Pfotengroß waren. Schwach durch das Geplatsche hörte sie ihre Rudelgefährten hinter sich rennen.

Inzwischen hechelte Noire schon, doch sie waren erst am Rande des Hauptjagdgebietes. Jetzt wurden die Bäume jünger, boten noch weniger Schutz vor den unbarmherzigen Naturgewalten.

Plötzlich ein Krachen, dann etwas dunkles, großes, dass vor Noire zu Boden fiel. Ein riesiger Ast, von einem der älteren Bäume lag nun eine halbe Baumlänge vor Noire auf dem Boden.

Wolves - Eine unbekannte GefahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt