35. Der Sturm hält an...

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Stimmen. Leise, ängstliche Stimmen. Mühsam öffnete Noire die Augen. Sie war in der Jägerhöhle, und so weit sie erkennen konnte, war das komplette Rudel hier versammelt. Die Welpen kauerten zwischen den Pfoten ihrer Mutter.

Draußen im Wald tobte der Sturm noch stärker als vorher, doch man konnte die Bäume kaum noch sehen, so durchdringend war die Dunkelheit.

Noire zitterte, es war bitterkalt. Langsam erhob sie sich und schaute sich um. Sie lag ganz hinten in der Höhle, neben ihr der noch bewusstlose Pfeil. Seine Flanke hob und senkte sich regelmäßig. Gut. Dann war ihre Aktion nicht um sonst gewesen.

Am Eingang, gerade so, dass sie nicht nass wurden, saßen Noires Eltern zusammen und redeten leise, so, dass keiner der anderen Wölfe sie verstehen konnte.

Langsam erhob Noire sich und lief zu Alpha und Flame. Sie musste sich vorsichtig einen Weg bahnen, denn die Höhle war überfüllt und die angstvollen Wölfe drückten sich zusammen, um ein wenig Körperwärme zu behalten.

Doch Noires Anblick schien ihnen wieder ein wenig Hoffnung zu geben, auch wenn ihr Fell komplett zerzaust war und sie leicht humpelte. Natürlich, sie hatte sich ja eine Kralle ausgerissen. Sie setzte sich neben ihre Mutter.

Diese begann erstmal stürmisch, Noire zu beschnuppern und ihren Pelz zu glätten. Die schwarze Wölfin zog sich zurück und murmelte genervt: ,,Mum, ich bin kein Welpe mehr. Lass das.'' Doch Alpha behielt ihren sorgenvollen Blick bei.

,,Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Ihr wart die letzten, die anderen waren alle schon da und ihr seid so lange nicht gekommen ...'', sagte sie und setzte sich wieder.

,,Geht es den anderen gut? Wie lange war ich bewusstlos? Ist es schon Nacht?'', fragte Noire im Gegenzug mit einem Kopfnicken in die Dunkelheit.

,,Nein, eigentlich kann es noch nicht einmal Sonnenuntergangszeit sein. Trotzdem sieht es so aus wie tiefste Nacht. Es sind alle Wölfe unverletzt hier, zwar durchgefroren und unter Schock, aber das wird wieder.'', beantwortete Flame Noires Fragen.

Mit einem Blick in die Höhle fügte der Wolf hinzu: ,,Pfeil hat zwar viel Wasser geschluckt, aber Snowdrop sagt, er wird wieder. Wahrscheinlich schläft er einfach nur. Du hast ihm das Leben gerettet.'' Dankbar nickte Noire. Das hatte sie gehofft.

Plötzlich hatte sie das Gefühl, der Sturm würde schwächer werden. Oder zumindest klatschten die riesigen Tropfen nicht mehr ganz so laut auf den durchweichten Boden.

Ein Knurren. Noires Bauch. ,,Himmel, du musst am verhungern sein! Ein wenig Beute haben wir noch aus der Beutehöhle geholt, du kannst dir etwas aussuchen.'', rief Alpha und deutete nach hinten in die Höhle.

Mit vorsichtigen Schritten ging Noire nach hinten, wo es etwas wärmer war. Der Beutehaufen, so weit dieses klägliche Restchen den Namen verdient hatte, bestand aus einem Kaninchen, zwei Vögeln und einer Maus.

Erbärmlich wenig, wenn man bedachte, dass es das Abendessen für das ganze Rudel sein musste. Trotz ihres knurrenden Magens nahm Noire sich nur die Maus. Es gab schwächere Wölfe, die das Fressen dringender brauchten.

Mit wenigen Bissen war die Maus verschlungen und hatte ihren Magen nicht annähernd gefüllt. Egal. Auf ihrem Weg zurück zum Eingang der Höhle kam Noire wieder an Nightmoon vorbei, mit den zitternden Welpen an der Flanke.

Wolves - Eine unbekannte GefahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt