2. Gefahr

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Alles war ruhig im Lager, als Maroni aus dem Wald gerannt kam. Sie war größer als es Noire im Kopf hatte, und schien erwachsener zu sein.
Erst jetzt viel Noire auf, dass sie ebenfalls größer war, und auf dem Sommerfelsen lag. Sie lag hier doch nie! Ihr war es viel zu langweilig einfach da zu liegen um zu schauen, sie musste doch mitmachen! Und doch war sie da, als Maroni mit schreckerfüllten Blick, wie Noire jetzt erkennen konnte, aus dem Wald kam, und auf eine Stelle über Noire schaute. Als sie aufblickte, sah sie, dass Alpa dort lag, auf dem Vorsprung vor ihrer Höhle. Jetzt stand sie jedoch auf und sprang direkt auf den Sommerfelsen und von dort auf den Boden, ohne den Pfad an der Felswand zu benutzen.

,,Alpha! Ich war gerade Kräutersammeln, als ich viele komische Tiergeräusche hörte. Ich ging ihnen nach, da waren riesige braune und schwarze Bären, die auf eine Gruppe von Dachsen trafen, aber sie haben nicht gekämpft, sondern sich nur unterhalten, es klang als wollen sie sich zusammenschließen! Dann hab ich mich umgedreht und bin weggerannt.", stieß Maroni in einer unglaublichen Geschwindigkeit aus, immernoch mit verzweifelter Hechlern zwischen den Worten. Alpha reagierte schnell. ,,Noire, du leitest eine Patrouille dorthin mit Rose, Pike, Flame, Tiffany und Tude. Maroni, du zeigst ihnen die Stelle, kommst danach aber sofort wieder hierher, du braucht eine Pause. Lauft schnell, aber verausgabt euch nicht, vielleicht müsst ihr fliehen. Sollte das eintreten, kommt nicht um Lager, sondern führt sie davon weg."
Noire schaute sie überrascht an. Sie verstand gar nichts mehr. Maroni als Heilerin, obwohl sie immer Krieger werden wollte, Noire führte eine Patrouille an, und Tiffany durfte mit. Dennoch stand sie auf, lief zu den Trittsteinen und wartete auf die Mitglieder ihrer Patrouille. Als alle da waren, sprang sie über die Steine. Die Sprünge waren mit längeren Beinen gar nicht so weit. Sobald alle über dem Fluss waren, bedeutete sie mit einem Schwanzzucken, wie sie es bei den älteren Wölfen im Lager gesehen hatte, Maroni die Führung zu übernehmen. Trotz ihrer offensichtlichen Erschöpfung legte die Heilerwölfin ein schnelles Tempo an den Tag.
Das erstaunlichste war, dass ihr alle mit großem Respekt zu begegnen schienen. Eigentlich war sie doch noch ein Welpe, die höchstens Respekt für ihre unermüdliche Nervigkeit bekamen.

Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, dass sie nicht glauben konnte, dass sie da nicht früher darauf gekommen war. Es waren schon viele Monate vergangen, seit Noire sich gestern Abend in ihrer Höhle zusammengerollt hatte, sie musste wohl schon auf dem Weg zum Alpha sein. Aber warum konnte sie sich nicht daran erinnern? Egal, sie würde sich später damit beschäftigen. Jetzt musste sie sich ersteinmal mit der Gefahr befassen, die ihr Rudel bedrohte.

Maroni vor ihr wurde plötzlich langsamer und auch die anderen verringerten ihr Tempo, sodass sie schließlich langsam voran schlichen. Mit einem Schwanzzeichen teilte Maroni ihnen mit, dass die Bären und Dachse direkt vor ihnen waren.
Noire prüfte die Luft.
Der Wind kam von vorne, also würden sie nicht so schnell gewittert werden. Der warme, sommerliche Luftzug brachte aber auch einen stechenden, säuerlichen Geruch mit sich. Noire erkannte, dass es die Mischung aus Dachs- und Bärengeruch war. Ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken. Maroni hatte Recht. Da waren Dachse und Bären zusammen auf der Lichtung vor ihnen, aber sie kämpften nicht. Kein Geräusch wies darauf hin, und Noire konnte auch keinen Blutgeruch wahrnehmen. An dem unruhigen Rascheln der Wölfe hinter ihr, konnte sie erkennen, dass ihre RudelgRudelgefährten die gleichen Schlüsse gezogen hatten wie die werdende Alpha. In diesem Moment drehte Maroni sich um, und sagte so leise, dass Noire sie fast nicht verstehen konnte: ,,Alpha hat gesagt ich soll euch hier verlassen. Das werde ich jetzt tun. Seid vorsichtig, sie sind alleine schon gefährlich, und es sind viele." Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern drehte such um und lief leise davon, langsamer jetzt, da sie keine Eile mehr hatte. Noire, Tiffany, Pike, Flame und Rose stellten sich nun in einer Reihe auf und schlichen vorsichtig weiter. Jeder suchte sich an der Kante, da die Lichtung etwas tiefer gelegen war, ein Versteck. Noire selbst wählte sich einen Busch aus, der sie mit ihrem pechschwarzen Fell beinahe perfekt tarnte. Was sie durch die Blätter ihres Verstecks sah, ließ sie den Schwanz zwischen die Beine klemmen.

Auf der Lichtung befanden sich etwa ein Dutzend Bären und ebensoviele Dachse. Sie standen in zwei Halbkreisen über die ganze Lichtung verteilt, die etwa so groß war wie das Lager der Wölfe. In der Mitte saß ein, für ihre Art kleiner Schwarzbär mit einer großen Narbe quer über das Gesicht. Ihm gegenüber ein riesiger Dachs mit nur drei Beinen. Sie schienen sich zu beraten. Die beiden Anführer, wie es aussah, gaben viele Laute von sich, die ebenso wie der Geruch, der Noire jetzt stärker denn je entgegenschlug, eine Mischung aus Dachs- und Bärensprache zu sein schien. Ab und zu kam auch eines dieser Geräusche aus der Lange um die Mitte herum.

Noire wusste nicht, wie lange sie und ihre Gefährten schon so saßen und beobachteten, als sie plötzlich ein, unter anderen Umständen lustiges, Geräusch neben sich hörte. Tude! Den Wolf musste wohl irgendetwas in der Nase gejuckt haben, denn er hatte geniest!
Das Geräusch war zwar nicht laut gewesen, aber einige der Ohren hatten sich dennoch zu ihnen gedreht. Manche Bären wie Dachse schauten in ihre Richtung, konnten aber wohl nichts erkennen und waren sich so nicht ganz sicher, ob sie sich das Geräusch nicht eingebildet zu haben. Als sich nach ein paar Sekunden immernoch nichts gerührt hatte, drehten sie die Köpfe wieder in die Mitte, denn die Anführer hatten anscheinend nichts mitbekommen. Noire wollte schon erleichtert die Luft ausstoßen, die sie während den Schreckenssekunden unwillkürlich angehalten hatte, als plötzlich der Wund drehte.

Ihr Geruch musste jetzt genau in die Richtung der tödlichen Gefahr wehen. Und tatsächlich: Viele der großen Raubtiere fingen plötzlich an zu knurren und fast alle Köpfe drehten sich jetzt zu den Büschen in denen die Rudelgefährten lagen. Einige machten ein paar zögerliche Schritte in die Richtung, warteten aber wohl noch auf die Erlaubnis ihrer Anführer.
Dann stieß der kleine Bär mit der Gesichtsnarbe ein Brüllen aus, und alle Bären kamen in ihre Richtung.
Noire zog sich schnell aus dem Busch und jaulte: ,,LAUFT!"
Rechts und links von ihr raschelte es, als ihre Freunde auch aufsprangen und herumwirbelten. Noire rannte los. Hinter ihr konnte sie scharfe Zähne dort hören, wo sie einen Herzschlag zuvor noch gestanden hatte. Viele schwere Pfoten verfolgten sie. Neben ihr konnte sie immernoch Tiffany, Flame, Pike und Tude hören. Dann kam ihr die Warnung, die Alpha ausgesprochen hatte in den Sinn: ,,Lauft weg vom Lager! Wir müssen sie davon fernhalten! Weg vom Lager!"
Rechts neben ihr hörte sie, wie die Pfoten ihrer Gefährten sich entfernten. Schnell rannte sie hinterher. Die Zunge hing ihr schon weit aus dem Maul, sie bekam kaum genug Luft um ihren Lauf durchzuhalten.
Plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz am linken Hinterbein. Sie sog ruckartig die Luft ein.

Noire öffnete auf ihrem weichen Mosspolster in der Welpenhöhle die Augen.

Wolves - Eine unbekannte GefahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt