56. Ein Plan und ein Streit

18 2 4
                                    

Mit fester Stimme begann Alpha Anweisungen zu geben. Die Herausforderung und das lang ersehnte klare Bild ihrer Feinde hatte sie wohl aus ihrer 'Starre' geholt, überlegte Noire. Sie war froh, dass sie das Rudel jetzt nicht allein führen musste.

,,Flame, du hälst die Wache zu Ende, bis die Sonne endgültig aufgeht. Alle anderen gehen in die Jägerhöhle. Auch die Welpen. Wir schlafen jetzt alle zusammen. Wir sind nicht mehr sicher. Versucht, noch ein wenig zu schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag werden.'', ordnete Alpha an und wandte sich dann an ihre Tochter.

,,Noire, du kommst mit mir in meine Höhle.'', sagte sie grimmig. ,,Wir brauchen einen Schlachtplan.'' Die schwarze Wölfin nickte. Alpha lief den Pfad zu ihrer Höhle zielstrebig hinauf, doch Noire hielt auf halber Strecke kurz inne und warf einen Blick auf das Rudel und den Wald, der nun eine Bedrohung beherbergte, der sie nicht gewachsen waren.

Sie bemerkte, dass die Wölfe sich nicht gerade freundlich begegneten. Mit einem Schlag wurde Noire klar, dass das Rudel sich in zwei Hälften gespalten hatte. Die, die fliehen wollten und die, die für den Kampf gestimmt hatten.

Maroni wurde von Nightmoon angeknurrt, als die Heilerin die Welpen beschnupperte und Dagger rempelte anscheinend ausversehen Rose an, sodass diese in eine Pfütze von halb geschmolzenem Schnee trat und ihr Bauchfell nass wurde. Die einzigen, die sich nicht um die Streitereien kümmerten, waren die Welpen. Fussel wurde von ihren Brüdern noch genauso behandelt wie vorher, auch wenn sie nicht für die gleiche Sache gestimmt hatten.

Mit einem kleinen Seufzer ließ Noire den Blick weiter über den Wald schweifen, den sie von ihrer erhöhten Position teilweise überblicken konnte. Mit der dünnen Schneeschicht auf den Ästen sahen die Bäume nicht so aus, als lauerte zwischen ihnen irgendeine Gefahr. Doch sie wusste, dass sie sich nicht täuschen lassen durften.

Wer sagte denn, dass die Bären und Dachse ihr Wort halten würden? Sie könnten genauso gut auch morgen schon angreifen. Noire knurrte leise und wandte den Blick ab. Das ließ sich jetzt nicht ändern. Was sie nun tun konnte, war, einen Plan auszuarbeiten, mit dem sie diesen Kampf überleben würden.

Mit schweren Schritten und einem Gefühl, dass sie einem Kampf entgegen trat, den sie nicht gewinnen konnten, lief sie die drei Schweiflängen nach oben und trat in die Höhle ein. Alpha saß dort aufrecht und mit glühenden Augen. ,,Also. Was schlägst du vor?'', fragte Noire.

--

Alpha nickte und erhob sich. ,,So sei es. Das ist ein guter Plan für einen ausweglosen Kampf.'', sagte sie grimmig und lief zum Höhlenausgang. Sie hatten so lange diskutiert, dass die Sonne inzwischen schon über die Baumwipfel lugte. Das Rudel war auf den Beinen. Alle warteten auf die Ankündigung.

Ihre Mutter drehte sich zu Noire um. ,,Sagst du es ihnen?'', fragte sie und klang plötzlich alt und müde. Die schwarze Wölfin blickte sie überrascht an. ,,Warum? Du bist die Alpha.'', stellte sie fest. ,,Ja, aber sie sehen dich als ihre Anführerin an. Ich bin zu alt für diese Aufgabe.''

Erschrocken zuckte Noire zusammen. ,,Das stimmt nicht!'', behauptete sie. ,,Du bist unsere Anführerin, deswegen wirst du es ihnen auch sagen. Dann wird das Rudel schon sehen, wer die Alpha ist.'' Ihre Mutter sah sie zweifelnd an. ,,Wenn du meinst.'', sagte sie hoffnungsvoll, aber nicht überzeugt.

Noire nickte bekräftigend und sprang mit zwei großen Sätzen von der Felsnase vor der Höhle herunter und setzte sich zu den anderen. Sie saß direkt neben Tiffany, also begrüßte sie ihre Freundin mit einem ,,Hallo''.

Wolves - Eine unbekannte GefahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt