Das Wort Freunde

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Die Türe wurde geöffnet und mein Herz rutschte in die Hose, meine Knie waren weich wie Wackelpudding, doch als ich die schmale, hochgewachsene Figur von Mrs. Blackwood vor mir  stehen sah machte mein Herz beinahe einen Salto.

Sie sah mich irritiert an, doch als sie mich wieder erkannte erhellte sich ihr Gesicht und sie strahlte wie die Frauen in den Zahnpastawerbungen.

„Smilla?!"

Ungläubig nahm sie mein Gesicht in ihre schmalen, zarten Hände um sicher zu stellen, dass ich auch wirklich existierte und kein Geist war.

„Was machst du denn hier?"

Noch immer ungläubig mich tatsächlich auf ihrer Türschwelle stehen zu sehen, zog sie mich in eine feste Umarmung. Kaum zu glauben das eine so dünne Frau wie sie solch eine Kraft besaß.

„Besuchst du deine Grams? Wie geht es dir? Ist dein Vater auch da? Ich kann nicht glauben dass du tatsächlich hier bist!"

„Hallo Mrs. Blackwood!"
Ich kam garnicht dazu ihr zu antworten, doch als sie mich endlich aus der erdrückenden Umarmung frei ließ, bot sich mir die Möglichkeit mein plötzliches Erscheinen zu erklären.

Es kostete mich mehr Überwindung als gedacht, zu zugeben, dass ich tatsächlich wieder hier wohnen würde.
„So ähnlich, wir sind wieder zu meiner Grams gezogen. Beziehungsweise ich bin wieder zu meiner Grams gezogen."

„Du alleine? Zu Elisabeth?" Mir war klar, dass Mrs. Blackwood mehr oder weniger über meine Familienverhältnisse bescheid wusste, dennoch versuchte mehr aus mir herauszuquetschen als ich ihr preis gab. Das war wohl eine angeborene Krankheit Mrs. Blackwoods immer alles genau zu hinterfragen, aber auch der Grund weshalb sie ihren Job als Journalistin so perfekt ausführte.

„Ja, ich alleine. Aber es ist alles in Ordnung." Das versuchte ich mir zumindest einzureden.

Ich kann nicht sagen woran es lag, aber unter dem mitleidigen Blick von Jayda Blackwood fühlte ich mich wieder wie ein kleines Kind.
„Möchtest du vielleicht auf eine Tasse Tee herein kommen?"

Lächelnd machte sie einen Schritt zur Seite um mich herein zu bitten.
„Das ist wirklich sehr nett von Ihnen Mrs. Blackwood, aber ich bin eigentlich hier um Caleb zu sehen. Ich glaube er weis noch nicht einmal dass ich wieder hier wohne."

Das so eben noch fröhlich erscheinende Lächeln von Jayda verlor an Glanz und ging über in ein trauriges, mitleidiges lächeln.

„Oh, Caleb ist mit seinen Freunden unterwegs."
Es war komisch das Wort Freunde aus ihrem Mund zu hören mit dem bitteren Beigeschmack als wäre ihr nicht lieb mit welchen Kumpels ihr Sohn um die Häuser zieht. Früher hatte auch ich zu seinen Freunden gezählt und so weit ich mich erinnere hatte sie das Wort nie so abwertend ausgespuckt. Aber wieder einmal fiel  mir auf wie sich die Zeiten geändert haben und ich wie eine Fremde vor dem Haus meines besten Freundes stand und mich fühlte als hätte er mich versetzt.

„Aber möchtest du nicht doch mit rein kommen?"
Wäre es richtig gewesen das Haus zu betreten? Ohne Caleb war mir dieses Haus schon immer zu groß vorgekommen. Dankend lehnte ich ein weiteres Mal das Angebot seiner Mutter ab und verabschiedete mich zum gehen.

„Ich richte ihm aus dass du hier warst! Aber du siehst ihn morgen sicher auch in der Schule! Du gehst doch schon in die Schule oder?"

„Alles klar danke! Ähm ja, Schule.. Ich hob die Schultern."
„Ich glaube der kann niemand entkommen."

Lächelnd zog ich Bosse hinter mir die Stufen runter und winkte Jayda noch ein letztes mal zu.

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