Harmonie

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„Smilla?"
Dumpf kämpfte sich die Stimm meiner Grams zu mir durch aber ganz gleich was sie mir sagen wollte, ich würde nicht reagieren. Denn das einzige was ich wollte war meine Ruhe!

„Smilla?"
Es war nicht Grams die ihren Kopf durch meine Zimmertür schob, sondern Frieda.
Aber was machte sie hier?

Brummelnd drückte ich mir das Kissen vors Gesicht.
„Mhm."

„Hey."
Sie setze sich neben mich auf das Bett und ich spürte wie die Matratze sich unter ihrem leichten Gewicht sengte.

Wiederwillig schob ich das Kissen so weit aus meinem Gesicht dass sie, wenn überhaupt, nur meine verquollenen Augen sehen konnte.
„Was machst du hier?"

Meine Stimme klang erbärmlich, als hätte ich einen Frosch im Hals oder einen Löffel Wackelpudding den ich noch nicht runter geschluckt hatte.
Zudem war meine Nase komplett dicht, weshalb ich mich nicht nur wie das letzte Elend fühlte sondern mich auch noch so anhörte.  

„Nach meiner Freundin schauen? Was sonst!"
Lächelnd strich sie mir über die Stirn und entfernte eine Strähne die mir ins Gesicht gehangen hatte.

Hatte sie gerade Freundin gesagt?
Ich dachte tatsächlich nachdem ich einfach gegangen bin und sie stehen gelassen habe wäre sie alles andere, aber nicht mehr meine Freundin. So richtig kannten wir uns ja noch nicht einmal.
Woher wusste sie überhaupt wo ich wohne?
„Woher weist du wo ich wohne?"
Äußerte ich meine Gedanken.

„Caleb hat es mir gesagt."

Ich musste schwer schlucken als sie seinen Namen erwähnte.
Immerhin war er schuld an meinem Zustand.
Oder doch nicht?
Eigentlich war doch ich die Jene die unsere Freundschaft einfach den Bach hat runter gehen lassen, aber genau genommen konnte nicht einmal ich etwas dazu.
Mit dreizehn kann ich schlecht meinen Eltern widersprechen und darauf bestehen dass alle dort bleiben wo sie waren, nur um meinen Freund nicht zu verlieren.
Dabei war meine Mom bereits dabei ihr Leben zu verlieren, was also war schwerwiegender?
Noch dazu war es nicht einmal beschwichtigt Caleb in irgend einer Hinsicht zu verletzten oder ihn gar zu verlieren.
Hätte ich gewusst wie das enden würde dann..

Ja was hätte ich dann getan?

„Alles gut bei dir?"
Frieda riss mich aus meinen Gedanken.

„Ist es nicht."
Ich ließ mich nach hinten auf das Kopfkissen fallen und zog das andere Kissen wieder auf mein Gesicht.
Allerdings verweilte ich nur kurz in dieser Position, denn Frieda legte sich neben mich und zog mir das Kissen vom Gesicht.
„Schieß los."

„Was schieß los?"

„Na erzähl mir was los ist."

Ich schloss die Augen und schnaufte laut aus ehe ich überlegte wo ich am besten anfangen soll.
„Wie gut kennst du Caleb?"

Verwirrt sah sie mich an.
„Ähm seit ca. Vier Jahren. Seit wir hier her gezogen und ich eben auf die Schule gegangen bin. Aber nur so vom sehen eigentlich. Wieso?"

„Caleb kannte mich besser als ich mich selbst."
Wieder schloss ich die Augen und erinnerte mich an die Zeit zurück.
„Und andersrum."

Ich lächelte und dachte an die Tage zurück an denen Caleb vor dem Haus meiner Grams Sturm geklingelt hatte um mich für die Schule abzuholen. Nur dass ich meist erst so weit war dass ich im Schlafanzug gerade die Treppen runter gekrochen kam. Also stand Caleb immer hinter mit und drängte mich zu beeilen, ob beim Zähne putzen, anziehen oder frisieren. Und ich hatte es geliebt ihn zu provozieren indem ich mir extra viel Zeit gelassen hatte.
Zu spät waren wir dennoch nicht ein einziges Mal zum Unterricht erschien.
„Aber dann wurde meine Mom krank und wir mussten von hier fort ziehen um näher bei der Klinik zu wohnen in der sie zwei lange Jahre lang vergebens behandelt wurde."

Frieda überlegte kurz.
„Also seit ihr quasi genau dann weg gezogen als wir hier her kamen?"

Ich nickte.
„Ja, wir waren vier Jahre lang fort und jetzt wo wir wieder da sind, hasst Caleb mich."

„Aber warum? Du kannst schließlich nichts dazu dass ihr Weg ziehen musstet."

Verachtend schnaubte ich.
„Ja! Aber das weiß er nicht. Und selbst wenn, ich glaube der Caleb von damals existiert nicht mehr. Denn er hätte nie so mit mir gesprochen wie er es heute getan hatte."

Ich konnte förmlich hören wie Friedas Hirnzellen brutzelten als sie krampfhaft nach einer Lösung suchte.
„Meinst du ihr könntet einfach miteinander reden?"

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich tatsächlich über ihren Vorschlag nachgedacht, doch dann schlich sich wieder der Schmerz von vorhin in mein Herz, als Caleb meinte ich solle wieder dorthin verschwinden von wo ich her kam.
Die Ironie an der Sache war, dass ich ja ursprünglich von hier kam.
Dennoch schüttelte ich den Kopf und lehnte ihren Vorschlag ab.
„Vergiss es, wenn ein Typ mit Strohbällen nach dir wirft ist der Moment um darüber zu reden schon bei weitem überschritten."

„Er hat was?"
Mit offenem Mund starrte sie mich an, als wolle oder als könnte sie nicht glauben was ich gerade gesagt hatte.

„Er hat mich mit Strohballen abgeworfen."

„Wie bitte?"

„Ja! Beim Abladen der Ballen für die Lounge, darum bin ich rein gegangen um Adam bei der Lampe zu helfen anstatt mich weiter schikanieren zu lassen. Sarah meinte aber dass das nicht gehen würde also bin ich wieder raus zu Caleb."

Frieda verdrehte die Augen und zupfte an ihrem Fingernagel.
„Manchmal übertreibt sie es auch mit der strukturierten Planung."

Zustimmend nickte ich und schilderte ihr den Rest der Story bis zu dem Moment an dem ich mein Tasche gepackt und einfach gegangen bin.

Ich staunte über die Offenheit mit der ich bei Frieda reden konnte, darüber wie wohl ich mich bei ihr fühlte, dabei kannten wir uns nicht einmal eine Woche.
Wäre das auch so gewesen wenn sie nicht heute Abend noch bei mir vorbei gekommen wäre?
Ich weis es nicht.
Aber ich hatte den Anschein, dass Frieda einfach immer helfen wollte, ganz egal was passiert war. Sie war einer der Menschen der ohne Harmonie nicht existieren konnte und alles dafür tat, dass auch ihr Umfeld im Einklang ist.

Was Caleb betrifft?
Ich glaube wenn auch ich ein harmonisches Leben führen möchte, dann wäre es das beste wenn wir uns aus dem Weg gehen würden.
Oder?

Aber warum sehnte ich mich dann so sehr nach ihm?
Vermutlich hielt ich mich nur an der Erinnerung fest wie er einst gewesen ist, denn die Person von heute, war nicht Caleb.
Aber würde er je wieder zu sich zurück finden?

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