Kopfzerbrechen

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Die Dämmerung brach durch mein Fenster, jegliches Zeitgefühl war verloren gegangen seit Caleb mich geküsst hatte.

Oder hatte ich ihn geküsst?

Oder wir uns?

Wie auch immer, es schien als wäre die Zeit dabei stehen geblieben und auch wenn sich die Erde weiter drehte, schien es als wäre ich noch immer in seinem Auto, mit ihm an meiner Seite..

Trotz meines Schlafmangels schlug ich die Augen auf und war sofort hellwach.
Auch dieses dämliche Grinsen wollte nicht mehr von meinen Lippen weichen, als hätte ich eine Maske auf die man nicht wieder abnehmen konnte.

Freudig strahlend schlurfte ich in die Küche und bereitete mir mein Frühstück vor.
„Guten morgen Smilla."

„Guten morgen Grams."
Ich grinste sie an.

„Na, hat da jemand gute Laune?"

„So zu sagen."

„Und woher kommt das"
Fragte sie mit einem Zwinkern.

„Gut geschlafen?"
..trotz der wenigen Stunden die ich dafür hatte..

„Wenn du das sagst."
Ihr Blick war vielsagend, als könnte sie mich lesen wie ein offenes Buch.

Wusste sie dass es wegen Caleb war?

Und hatte sie davon gewusst, dass er ohne meines Wissens Wanda repariert hatte?

„Grams?"

„Mhm?"

„Ich bin heute Abend auf einer Party eingeladen."

„Und du gehst tatsächlich hin?"
Erstaunt sah sie mich an und schwang sich ihren Spüllappen über die Schulter.

„So zu sagen.."

„Mit?"

„Frieda."

„Und?"

„Und all den anderen Leuten die dort sein werden."

Wieder nickte sie vielsagend und wand sich ihren Einkäufen zu.
„Okay, aber komm nicht zu spät nach Hause."

„Verstanden."

Mit meinem Toast in der Hand ging ich in die Scheune, schob das Tor zur Seite und war zugegebener Maßen etwas enttäuscht, Caleb nicht hier anzutreffen.

Aber Wanda war fertig und fahrbereit, er hatte also keinen Grund hier zu sein.
Auch wenn ich mir wünschte, dass ich Grund genug wäre wusste ich, dass er nicht nur an meiner Seite kleben konnte.

Ich schob mir den Rest meines Toasts in den Mund, striff die Hände an meinem Schlafshirt ab und öffnete ganz zaghaft, als könnte ich etwas kaputt machen, die Türe und setze mich hinter das Steuer.

Mein Griff klammerte sich um das Lenkrad und noch immer fühlte es sich an, als wäre das alles nur ein Traum.
Kaum zu fassen, dass er das alles für mich getan hatte.

Bei dem Gedanken ihn heute Abend wieder zu sehen sprang mein Herz beinahe aus der Brust.

Was sollte ich am besten anziehen?

Warte.

Was?!

Mach ich mir gerade tatsächlich Gedanken darüber was ich auf einer Party anziehen sollte?

Es ist Caleb? Warum also sollte ich mich anders verhalten als sonst?

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„Du hast was?!"
Frieda fielen mehr oder weniger die Augen aus dem Kopf als ich ihr den neuesten Stand der Dinge erläutert hatte.

„Caleb geküsst-"

„- nachdem du Zac am Nachmittag geküsst hattest?"
Beendete sie meinen Satz.

„Wenn du das sagst klingt es noch viel schlimmer als in meinen Kopf."
Schuldbewusst versteckte ich mein Gesicht hinter den Handflächen und ließ mich nach hinten auf die Matratze fallen.

„Was wirst du jetzt tun?"
Sie zog mir die Finger aus dem Gesicht und elegte sich neben mich auf das Bett.

Stöhnend rollte ich mich zur Seite und sah sie hilfesuchend an.
„Das ist es ja. Ich weiß es nicht. Caleb und ich können kaum Zeit miteinander verbringen ohne dass es im Streit endet weil der eine den anderen verletzt. Noch dazu war er immer mein bester Freund."

„Ja, als ihr in der Grundschule wart! Smilla du bist fast achtzehn und er neunzehn. Da ist das nicht mehr so wie mit zwölf!"

„Ich weis doch auch nicht was mit mir los ist. Aber wenn wir uns verstehen dann gibt es für mich nichts schöneres."
Verständnisvoll nickte Frieda mir zu ehe sie weiter nach bohrte.

„Und was ist mit Zac?"

„Noch so eine Frage, auf die ich keine Antwort habe."

Lächelnd griff sie nach meiner Hand und zog mich auf die Beine.
„Egal scheiss auf die das ergibt sich schon von ganz alleine, aber jetzt schauen wir dass wir dich partytauglich machen, du kannst ja schlecht in Dreck verschmierter Latzhose dort aufkreuzten."
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Gesagt, getan.

Eine Stunde später lies ich prüfend den Blick über mein Spiegelbild gleiten und Stütze die Lippen.
„Sicher, dass das nicht bisschen zu gewagt ist?"

„Quatsch! Jetzt hör aber auf! Bis auf das bisschen Spitze am Kragen siehst du aus wie immer!"
Frieda zupfte an dem Satin glänzenden Stoff der sich sanft an meine Kurven schmiegte.
Ich konnte sie überreden weder Kleid noch einen Rock zu tragen, dafür musste ich mich auf ein Smaragd grünes Top aus glänzendem Satin mit Spitze an dem herzförmigen Ausschnitt einlassen, konnte aber meinen Kopf erneut durchsetzen und kombinierte dazu eine schwarze Skinny-Jeans.
„Du siehst klasse aus!"

Wie eine Mutter am Abschlussball ihrer einzigen Tochter betrachtete sie ihr Werk und puderte mir noch ein mal die Wangen etwas nach.
„Danke, aber du bist der Hammer! Das Kleid steht Dir, als wäre es für dich gemacht!"

Zum ersten Mal erkannte ich, dass Frieda rote Wangen bekam.
Wegen meinem Kompliment?
Sie war einfach die süßeste, beste Freundin die ich mir hätte vorstellen können!
„Danke! Aber jetzt Hop, Hop! Zac wartet schon unten auf uns."

„Warte, was? Zac? Aber.."

„Hast du ne bessere Idee wie wir zur Party kommen sollen? Er nimmt uns mit keine Panik."
Das mit der Panik war leichter gesagt als getan..

„Okay."
Mürrisch griff ich nach meinem schwarzen Strickcardigan um ihn mir über zu werfen.

„Ah! Was wird das?"
Drohend zeigte Frieda auf meinen Cardigan.

„Was soll was?"

„Was willst du mit dem?"
Sie zog an den einen Ärmel und nahm ihn mir aus der Hand.

„Hey! Falls mir kalt wird?"
Ich versuchte ihn zurück zu gewinnen, aber Frieda warf ihn im hohen Bogen zurück auf das Bett.

„Du bist heiß genug ohne das Teil! Außerdem versaut er das was von meinem Outfit an Dir übrig geblieben ist."
Mit einem zufriedenen Zwinkern drehte sie sich um und hopste die Treppen runter.
„Smilla kommst du?"

Ich hörte wie sie Zac begrüßte,
„Ich komme!"
Schnell griff ich nach den Cardigan vom Bett und stopfte ihn in meinen kleinen schwarzen Rucksack den ich statt einer Clutch oder einer anderen nervigen Version von Handtaschen trug.

„Hey Zac."
Ich umarmte ihn kurz und spürte wie er mich etwas enttäuscht wieder nach wenigen Sekunden frei gab.
Ich versuchte das letzte bisschen aus meinem nicht vorhandenen schauspielerischen Talent heraus zu holen und tat als wäre alles in Ordnung, auch wenn ich wusste, dass ich dringend mit ihm reden musste.

Gott wie ich so etwas hasse!

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