Hass

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„Ich könnte dich nie hassen."

„Alles klar bei dir?"

Ich zuckte zusammen als Grams mich in Gedanken erwischte und aus meiner starre aufwachte.
„Ja! Ja alles gut."

„Ich könnte dich nie hassen."

Auch nach stundenlangem grübeln im Bett, einer relativ kurzen Nacht und einem üblen Morgenmuffel im Nacken schaffte ich es nicht aufzuhören an Caleb's Worte zu denken.

Heißt das er war nie sauer auf mich?

Aber man darf ja sauer sein, nur wie lange wollte er das noch durchziehen?

Oder hatte er gestern endlich damit aufgehört?

Ich hoffte es zumindest.

Mühsam schaufelte ich mir mein Müsli rein bevor es an der Türe klingelte und ich auf machte.
„Zac?"

„Guten morgen Babe."
Er machte einen Schritt auf die Stufe und küsste mich auf die Wange.

Verwirrt starrte ich ihn an.
„Was machst du hier?"

„Wonach sieht's denn aus?"

„Sag du es mir?"

„Du bist echt süß wenn du dich so dumm stellst."
Wie bitte?
Ich hatte mich nicht dumm gestellt, nicht das ich dumm wäre, aber warum er hier war konnte ich ja schließlich nicht riechen.

„Naja ich hol dich ab um dich mit zur Schule zu nehmen?"
Betonte er als ich noch immer nicht verstanden hatte was er wollte.

„Aber warum?"

„Warum nicht?"

Ich sah an ihm vorbei und wog meine Alternativen ab.
„Okay, ich hol meine Tasche noch. Kleinen Moment."

Ich schloss die Türe, rannte in die Küche, schnappte meine Tasche rief meiner Grams einen schönen Tag zu und ging nach draußen zu Zac.
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„Warum glotzen die so?"
Verwirrt versteckt ich mich so weit es ging hinter Friedas Rucksack und folgte ihr in dem Wissen, dass so ziemlich jeder Schüler mich anstarrte.

„Ich weiß nicht, vielleicht weil du heute mit Zac in die Schule gefahren bist?"
Sie zuckte mit den Schultern.

„Was? Auf sowas achten die?"

„Naja, immerhin ist er der neue, heiße Schüler und auch Sohn des Rektors. Mag sein das er seinen sonder Status quasi angeboren bekommen hat."
Frieda lachte als wäre das nicht weiter wichtig und bog in die Damentoilette ab in der ich ihr folgte, schutzsuchende vor den Blicken meiner Mitschüler.

Ich beobachtete sie wie sie ihre Brillengläser putze und eine andere Schülerin, die sich gerade den Lippenstift nach zog.
„Ich fasse es nicht, du hast bei Blackwood geschlafen?"

Adam platze in das Damenklo und hielt meinen Arm hoch um in sein selbst inszeniertes High-Five einschlagen zu können.

„Äh, das ist ein Mädchenklo?!", beschwerte sich das Mädchen mit den Lippenstift, steckte diesen ein, verdrehte die Augen und verlies die Toilette mit einem merkwürdigen Blick.

„Adam sie hat recht, das ist das Damenklo."
Erinnerte ich ihn.

„Oh Baby ich bin sowas von richtig hier! Was meinst du wo sich die meisten Tragödien abspielen?"

Ich verdrehte die Augen und betrachtete meinen zerzausten Dutt im Spiegel und schielte auf meine zahllosen Sommersprossen.
„Bin ich eine Schlampe?"

Schockiert sah Frieda mich an und verpasste mir einen Schlag auf die Brust.
„Spinnst du? Wie kommst du darauf?"

„Oh süße du bist sowas von eine kleine Schlampe."
Adam lachte und fing sich ebenfalls einen Schlag von Frieda und einen wütenden Blick von mir ein.

„Adam das ist echt nicht hilfreich,"
Sie drehte sich zu mir um und lächelte mich verhängnisvoll an.
„Smilla die sind nur neidisch, Caleb war schon immer dein bester Freund und es scheint als würde er aufhören dich zu hassen und anfangen dir zu verzeihen."

„Ich könnte dich nie hassen."

Wieder dachte ich an seine Worte und geriet in Gefahr in meinen Gedanken hängen zu bleiben, aber Frieda schnipste vor meinen Augen und holte mich sofort zurück.
„Und Zac, naja der steht wohl einfach auf dich."

Sie sah in den Spiegel und wuschelte sich durch ihr kurzes Haar ehe die Türe zur Toilette erneut aufgerissen wurde und Stacy den Raum betrat.
„Du perverser Mistkerl, das ist ein Mädchenklo! Sieh zu das du verschwindest!"

Wenn sie sich aufregte klang ihre Stimme noch schriller als sonst.
Schnell drängten wir uns und Adam aus der Toilette aber ein Lachen konnte ich mir dennoch nicht verkneifen.
„Das hast du davon du perverser Mistkerl, weil du mich Schlampe genannt hast!"

Frieda stieg in mein Lachen mit ein, aber zum Glück war Adam nicht eingeschnappt sondern konnte sehr gut über sich selbst lachen.
„Ihr seit schon kleine Biester."
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Mathematik war mehr als anstrengend.
Stöhnend stopfte ich meine Bücher in den überfüllten Spind und schlug die Türe zu.
„Ach du Scheiße!"

Caleb stand direkt dahinter und sah mich an als hätte ich ihn geohrfeigt.

Diesen Blick kannte ich nur zu gut.
Und plötzlich, ohne das er etwas gesagt hatte, fühlte es sich an als hätten seine Worte
ich könnte dich nie hassen."
auch nie eine Bedeutung gehabt.

„Was ist los?"
Sofort hatte ich Angst das etwas schlimmes passiert war und das er schwieg war nicht gerade vorteilhaft.

„Smilla was willst du eigentlich?"
Seine Stimme war erfüllt von Leere und nichts als purem Misstrauen.

Völlig überwältigt versuchte ich aus seinen Worten schlau zu werden, aber ich hatte nicht ansatzweise eine Ahnung worauf er hinaus wollte.
„Was meinst du?"

„Du kannst nicht einfach zurück kommen und so tun als wäre nie etwas gewesen."

„Caleb von was redest du?"

„Tz! Ich wusste es. Immer wenn du nicht weist was du sagen sollst konterst du mit einer Gegenfrage."
Er drehte sich um und ging davon.

Ich sah ihn nach und ehe ich wusste was ich tat rannte ich ihm bereits hinterher und hielt ihn am Arm zurück.
„Hey was ist los?"

Er riss sich los und lief einfach weiter wie ein getretener Hund.
Ich stellte mich ihm in den Weg.
Caleb packte mich, ohne aufzuhören weiter zu laufen, an den Schultern und drückte mich gegen den Spind.
„Mach jetzt nicht einen auf heiligen Samariter Smilla! Halt dich einfach fern von mir."

Ganz egal was er gestern noch gesagt hatte, nichts als der pure Hass spiegelte sich in seinen Augen wieder, sodass es mir eiskalt den Rücken runter lief.

„Hey man lass sie los!"
Zac kam um die Ecke, sah wie Caleb mich an den Spind drückte und blieb mit Sicherheitsabstand vor uns stehen.
Das letzte mal als die beiden sich so nahe waren, hatte es mit meinem K.O geendet.

„Misch dich nicht ein Clark!"
Zischte Caleb, sah mich ein letztes Mal an, wand sich ab und verlies den Flur.

Wenn ich könnte, wäre das jetzt der Moment in dem ich in Tränen ausbrechen würde, aber meine Tränen waren schon seit langer Zeit aufgebraucht, sodass nichts als zittrige Beine zurück geblieben waren.
„Ist alles okay bei dir?"

Zac kam sofort an meine Seite und drückte mich an seine Brust.

„Smilla!"
Auch Frieda kam auf mich zu gerannt.
Wenn ich könnte, wäre das ein Moment in meinem Leben auf den ich sehr wohl hätte verzichten können.
Was war nur in Caleb gefahren?

Gestern hatte sich alles so gut und so echt angefühlt.

Meine Angst hatte sich bestätigt und so traurig ich es mir auch vorgestellt hatte, die Realität sah viel schlimmer aus, als ich es mir hätte erträumen können.

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