Donnergroll

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Schon aus der Ferne konnte ich die schwarze Silhouette am Rand der Klippen sehen.

Tobend schlug er auf etwas ein und stieß dabei markerschütternde Schreie aus.

Im Licht des Blitzes erhellte sich die Umgebung und ich konnte den Schmerz in seinen Augen erkennen.

Im Einklang des Donners schlug er weiter auf den Brettervorschlag ein, welcher einst unser Heiligtum war.
„Meinst du davon wird es besser?"

Als wäre er vom Blitz getroffen worden, hörte er auf auf die Bank einzutreten und sah mich mit wutentbranntem Blick an.

Nach kurzem Zögern ging er mit eisernem Blick auf mich zu, packte meinen Kopf zwischen seine Hände und küsste mich.

Er schien in dem Kuss zu ertrinken und fasste mich fester mit den Händen.
Ich konnte den Zorn, die Trauer und die Gefahr darin spüren, was es mir umso mehr erschwerte ihn von mir fort zu stoßen.
„Caleb du kannst nicht einfach alles mit einem Kuss wieder gut machen."

Ich spürte wie dicke Regentropfen vereinzelt auf die Erde nieder klatschten.
„Sag mir doch einfach was ich falsch gemacht hab!"

Wütend schnaubte ich und sah ihn entsetzt an.
„Die ganze Wette war falsch!"

„Von was redest du denn eigentlich die ganze Zeit?!"
Die Verwunderung in seinem Ausdruck lies mich inne halten.

„Die dumme Wette welche du mit Zac eingegangen bist! Wer die Eisernejungfrau am ehesten knacken würde!"

„Aber ich bin doch nie auf irgend eine Wette eingegangen! Ich weiß noch nicht einmal wo von du da redest!"
Wieder packte er mein Gesicht zwischen seine Hände, was gut war, denn ich drohte jeden Moment von dem tobenden Sturm und dem stärker werdenden regen davon getragen zu werden, da meine eigenen Beine mich nicht mehr halten wollten.

„Hast du nicht?"
Meine Lippe bebte als die Worte mit dem Wind davon getragen wurden.

„Nein verdammt hab ich nicht! Ich hör gerade zum aller ersten Mal davon! Verdammt!"
Caleb wand sich von mir weg und fuhr sich verzweifelt durch das Haar.

Offensichtlich hatte ich einen Fehler gemacht und Caleb konnte für all das garnichts, weshalb mich das schlechte Gewissen von innen heraus aufzufressen drohte.
Tröstend machte ich einen Schritt auf ihn zu und wollte ihn am Arm berühren, aber er entzog sich meiner Berührung.
„Versammr Smilla, hat Dir deine Mutter nicht beigebracht über Probleme zu reden, anstatt vor ihnen davon zu laufen?"

Als er meine Mutter erwähnte stieg sofort ein Kloß in meinem Hals auf an dem ich beinahe ersticht wäre, als hätte er mir eine Schelle gegeben machte ich einen Schritt rückwärts.
„Lass meine Mutter da raus."

Der Donner lies mich zusammen zucken und sofort setze der Regen ein, als würde jemand Wassereimer über unseren Köpfen entleeren.
„Smilla du musst über Deine Probleme reden verdammt noch mal!"

„Ich kann nicht!"
Diesmal war ich es, deren Schrei sich mit dem Blitz überschnitt.

„Aber du musst!"

„Das geht nicht!"
Schreiend hatte auch ich das Gefühl etwas zerstören zu müssen und trat ebenfalls auf den morschen Bretterhaufen ein, der einst unsere Freundschaftsbank war und hatte das Gefühl damit auch den letzten Rest unserer Freundschaft zu zertrampeln.

„Und warum nicht?"
Caleb hielt mich am Arm davor zurück weiter auf das Holz einzutreten.
„Was meinst du was sie zu all dem hier sagen würde?"

Caleb's Nasenflügel bebten ehe sie hinter meinem Schleier aus Tränen verschwammen.
„Nichts! Sie würde nichts zu all dem hier sagen!"

„Achja glaubst du?"

„Ich glaub es nicht ich weis es!"
Der folgende Blitz erhellte alles um uns herum und wäre ich nicht schon am Ende meiner Nerven, würde ich spätestens jetzt vor Angst umfallen.

„Und warum bist du dir da so sicher?"
Beharrte er.

„Weil sie tot ist!"
Zum ersten Mal hatte ich die Worte im Zusammenhang meiner Mutter ausgesprochen und der Damm, den ich damit nieder riss überschwemmte mich mit Gefühlen und Emotionen die ich jahrelang versucht hatte zu unterdrücken.

Entsetzt lies Caleb die Arme hängen und war ebenso regungslos wie ich.
„Sie ist tot verdammt!"
Schrie ich ein weiteres Mal über die Klippen raus auf das stürmische Meer, welches meinen Schrei in die Ferne und weg von mir trug.

Kraftlos sackte ich zu Boden doch noch ehe ich auf dem nassen Gras landete hielten zwei starke Arme mich auf.
Gemeinsam mit Caleb kauerte ich neben dem Bretterhaufen und es war uns egal ob wir nass wurden, denn der Regen hatte bereits dafür gesorgt, dass wir bis auf die Haut durchnässt waren.

Beruhigend strich er mir immer und immer wieder über das nasse Haar und hielt mich fest.

Noch vor wenigen Stunden hatte ich an dem was zwischen Caleb und mir war gezweifelt, aber hier mit ihm zu sitzen und die längst überfällige Trauer zu teilen war mehr, als er je hätte für mich machen können.

Nach einer gefühlten Ewigkeit des donnern, blitzen und weinen, kletterten meine müden Knochen auf seinem Schoß, erschöpft legte ich meinen Kopf auf seiner nassen Brust ab.

Alles was Caleb tat war hier zu sitzen und mich zu halten.
Und es hätte nichts geben können, das ich mir in diesem Moment mehr gewünscht hätte.

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