Wir ergatterten uns einen Tisch an der großen Fensterfront mit Sicht in den kleinen Innenhof der Schule.
„Wenn du nicht neu bist, sondern wieder hier her zurück gezogen, wo warst du dann in der Zwischenzeit?"
Genüsslich biss Zac in sein Sandwich, beim Kauen traten seine Kiefermuskel hervor und wieder einmal wunderte ich mich, warum er ausgerechnet mit mir hier saß und zu Lunch aß.
„Nichts was im Leben passiert, passiert um sonst."
Versuchte ich mich ohne große Erklärungen aus dem Gesprächsthema zu retten, doch er war einfach zu neugierig um sich auf meine Antwort einzulassen.„Und wo warst du dann?"
„Weg."
„Du rückst einfach nicht mit der Sprache raus was?"
„Und was hättest du davon, wenn du es wüsstest?"
„Vielleicht kann ich dich um das was du dort erlebt hast beneiden?"
Krächzend entwich mir ein Lachen.
„Glaub mir! Nichts von dem was ich erlebt habe ist bewundernswert."Um ihm nicht weiter antworten zu müssen, nahm auch ich einen großen Bissen von meinem Sandwich und kaute auf der klebrigen Masse in meinem Mund herum.
„Mein Vater kommt auch von hier. Er ist hier aufgewachsen als er dann siebzehn war sind seine Eltern wegen der Arbeit und besseren Chancen auf Bildung nach London gezogen und dort haben wir bis vor zwei Wochen noch gelebt."
Anerkennend hob ich die Augenbrauen und mampfte weiter.Mir war nicht nach Konversation.
Ich sah durch die große Glasscheibe raus auf den Innenhof und eine Gruppe Jungs nahm meine Aufmerksamkeit in Beschlag.Sie hatten einen Halbkreis gebildet und lehnten mit dem Rücken an der Backsteinwand des Schulgebäudes. Der große, muskulöse Junge mit dem kurz geschorenem, schwarzen Haar, schien der Anführer zu sein, denn egal was er zu sagen schien lachten die anderen über das was er gesagt haben muss.
Ich beobachtete wie sie den vorbei laufenden Mädchen nachstellten und sich gegenseitig abklatschten wenn ihnen das Hinterteil oder die Oberweite des Objekts ihrer Begierde gefiel. Einzig und allein Stacy gefiel die Aufmerksamkeit der Jungs und zog eine regelrechte Show ab als sie genau bedacht auf die Blicke der Jungs an ihnen vorbei tänzelte.
„Und wo hast du in der Zeit gewohnt als du nicht hier warst?",holte Zac mich zurück in die Cafeteria.
„Christchurch. Aber warum ist das so verdammt wichtig für dich?"
Erneut streifte mein Blick ab, hin zu den Jungs.
Ein Mädchen stolperte direkt vor deren Füße und die Blätter aus ihrem Ordner verteilten sich auf dem gesamten Hof.Anstatt ihr zu helfen zeigten die Typen mit dem Finger auf sie und lachten, sie lachten so laut, dass ich es trotz der dicken Scheiben im inneren der Cafeteria hören konnte.
„Entschuldige mich."
Ich hatte nicht einmal wahr genommen über was Zac geredet hatte, doch ich konnte einfach nicht länger hier sitzen und zusehen, wie diese Typen da draußen andere Mädchen schikanierten. Meine Mutter hatte mich zwar immer gelehrt mich nicht Hals über Kopf in Gefahr zu stürzen, aber sie hatte mich ebenso gelehrt nicht einfach weg zu sehen wenn Hilfe benötigt wurde, sondern für das Richtige zu kämpfen.
Ich sprang auf und ließ Zac alleine an dem Tisch zurück, stürmte durch die Glastüre raus in den Innenhof und somit mitten in das Chaos.
„Hey! Lasst sie in Ruhe!"
Als ich schrie erkannte ich meine eigene Stimme nicht wieder, doch sie bewirkte genau dass, was ich wollte.
Das Lachen der Jungs verstummte doch als sich alle Blicke auf mich richteten, wusste ich nicht mehr ob meine Handlung so durchdacht gewesen war wie ich der Meinung noch vor wenigen Sekunden war.
Der Typ mit dem kurzem, schwarzen Haar sah mich an, oder besser gesagt durch mich hindurch als er meinte:
„Und was wilst du dagegen tun? Red-Head?"
„Wirklich? Fällt euch nicht bald mal etwas besseres ein, als sich immer über meine Haarfarbe lustig zu machen?"
Ich bückte mich und half dem Mädchen ihre Blätter einzusammeln, der selbst ernannte Anführer stellte sich auf eines der Blätter was ich gerade in die Hand nahm um es aufzuheben und hinderte mich somit daran.
„Ganz schön frech, dafür dass du den ersten Tag wieder hier bist!"
Jemand zog ihn an der Schulter nach hinten und ich konnte endlich das Blatt aufheben.
„Trav, ich glaub es reicht."
„Was?! Nimmst du die Alte jetzt auch noch in Schutz oder was?"
Dieser Trav sah mich an und ich versuchte seinem abwertenden Blick stand zu halten.
„Die ist noch nicht einmal heiß Alter!"
Er drehte sich zu seinem Kumpel um und als auch ich mich aufrichtete erkannte ich Caleb, der hinter diesem Typen stand und zu Boden sah.
Mein Herz brauchte genau eine Sekunde ehe es sich überschlug und in doppelter Geschwindigkeit weiter klopfte als zuvor.
„Caleb?" Meine Freude ihn endlich wieder zu sehen war kaum zu überspielen, doch warum sah er mich so gleichgültig an?
Und warum zum Teufel hing er mit diesen Vollidioten ab und ließ zu, dass andere Schüler von ihm gemobbt wurden?
„Du kennst die auch noch?"
Ich wusste nicht was mehr weh tat.
Calebs abweisende Reaktion oder der abwertende Ton in dem sein Kumpel mit mir sprach.
„Wir waren gemeinsam in der Grundschule."
Autsch!
Wenn das alles war was uns seiner Meinung nach miteinander verbinden sollte, dann konnte ich gerade nicht glauben was geschah, bzw. was mit Caleb geschehen konnte, das er sich so verhielt wie er es gerade eben tat.
„Caleb was soll das?"
Ich machte einen Schritt auf ihn zu, er jedoch wand sich sofort ab und ging davon.
„Caleb!"
Er ignorierte, dass ich ihn rief und lief einfach weiter.
„Hey ich rede mit dir!"
Aber auch als ich ihm nachging drehte er sich nicht einmal nach mir um.
Sein Kumpel, der Anführer, legte seinen Arm auf meine Schulter und drehte mich zu sich um.
„Schieb hier jetzt bitte keine Szene Püppchen und vor allem..," er zerrte mich am Arm, sodass er seine Lippen auf mein Haar legen und mir ins Ohr flüstern konnte.
„Es wäre klüger wenn du nie wieder so mit mir redest haben wir uns verstanden?"
Er ließ mich los, sein Blick jedoch verfolgte mich noch immer.
„Lass die einfach, das waren schon immer solche Idioten." Das Mädchen dem ich zur Hilfe geeilt kam, tippte mir auf die Schulter und holte mich mit ihren Worten zurück in die Gegenwart.
Noch immer konnte ich nicht fassen, wie Caleb mich so hat abblitzen lassen können.
Verletzt sah ich ihm nach, wie ein angeschossenes Reh das der letzten Chance auf Heilung hinterher sah.
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SPIRIT
Teen FictionMit der leidenschaftlichen Liebe ist es wie mit Gespenstern: Alle reden davon, aber keiner hat sie gesehen. (François VI. Herzog de La Rochefoucauld Zitat) ___________________________________________ Einen „Neuanfang" haben sie es genannt, doch wora...