Nachtschichten

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Schweigend standen Caleb und ich uns gegenüber.
Mit war das alles einfach zu viel.

Was hatte er hier zu suchen?

Freitag in der Nacht?

Beim Anblick seiner zerzausten Haare klopfte mein Herz bis zum Anschlag und nach einer gefühlten Ewigkeit, spürte ich wie mein Körper wie nach einem Jahrhunderte langen Schlaf geweckt wurde.

„Bevor du etwas sagst", begann er und selbst beim Klang seiner Stimme bebte mein Körper von innen auf.
„ich stelle nichts in frage was mit dir zu tun hat."

Verwundert über seine Worte kniff ich die Augen zusammen und erinnerte mich an den Abend zurück als er vor meiner Tür aufgekreuzt war.
„Warum hast du das gemacht?"

Ich zeigt auf Wanda, brach den Blickkontakt zu ihm jedoch nicht einmal für eine Sekunde ab.
„Ich hatte dir gesagt, das ich es dir beweisen kann, dass unsere Freundschaft mir wichtig ist."

Verwundert darüber, dass er seine Worte so wählte, als wären wir noch immer Freunde, sah ich ihn an und konnte noch immer nicht glauben, dass er hier vor mir steht.

„Und das ist der Beweis."
Er zog die Plane komplett von Wanda runter, sodass sie in voller Pracht vor uns stand.
Mein Mund stand ebenso offen und wüsste ich es nicht besser, würde ich schlicht weg davon ausgehen, dass dies ein Traum war.

Vor mehr als einem Monat glich der Wagen noch einem Schrotthaufen, und selbst als Caleb und ich wochenlange Arbeit hinein gesteckt hatten, sah sie optisch aus als wäre sie bereit für den Schrottplatz

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Vor mehr als einem Monat glich der Wagen noch einem Schrotthaufen, und selbst als Caleb und ich wochenlange Arbeit hinein gesteckt hatten, sah sie optisch aus als wäre sie bereit für den Schrottplatz.
Jetzt jedoch, sah Wanda aus wie neu!
Vorsichtig glitt ich mit der Hand über den frisch poliert und frisch lackierten Lack, lies meine Finger über die neuen Reifen wandern und fuhr den silbernen Griff der Türen nach.
„Hast du das alles alleine gemacht?"

„Ja."
Verlegen sah er mich an, unfähig für jegliche Emotion wand ich meinen Blick von ihm ab und musterte erneut den Wagen.
„Wann hast du das alles gemacht?"

„Freistunden, geschwärzt und Nachtschichten eingelegt."

Weniger erfreut, dass er sogar die Schule geschwänzt hatte für das hier zog ich die Augenbrauen in die Stirn, konnte jedoch vor staunen kein Wort heraus bringen.
„Aber wieso hast du das getan?"

Er zuckte mit den Schultern und sah mich an.
„Ganz einfach."
Er kam auf mich zu und nahm meinen Kopf zwischen seine Hände.
„Weil du es mir wert bist."

Alles in mir begann zu brennen und fachte in Flammen auf.
Warum stand ich eigentlich noch?
So schnell wie mein Herz raste müsste es beinahe schon stehen bleiben und so sehr meine Knie zitterten müsste ich längst auf dem Boden liegen.
Aber Caleb war hier.

Er war hier für mich.

Und er hielt mich.

So sehr er mich auch verletzt hatte, er hatte versucht einen Ausgleich zu schaffen und seine schlechte Tat gegen eine gute auszugleichen.

Wanda war zwar nur ein Materielles etwas, ganz im Gegenteil zu meinem Herzen, dass sehr oft und sehr stark unter unserer verkorksten Freundschaft leiden musste.
Aber dennoch war Wanda unser Wandaprojekt und es hatte uns viel Spaß und Freude bereitet an ihr zu basteln.
Das Caleb sie für mich so gut wie fertig gebaut hatte als Beweis seiner Loyalität war mehr als ich je erwartet hätte.

„Und was sagst du?"
Mit seinem schiefen Grinsen sah er mich erwartungsvoll an.

Ich hatte nicht einmal bemerkt wie sich die Tränen aus meinen Augen gelöst und einen Weg über die Wangen gefunden hatten, ehe sie auf dem Scheunenboden landeten.
„Fährt sie?"

„Probier's aus."
Lächelnd öffnete er mir die Tür zur Fahrerseite, selbst im Innenraum hatte sich alles verändert, die rissigen Lederpolster waren erneuert und strahlten in einem hellen beige.
Die Amateur war mit hellem Kiefernholz verkleidet und die silbernen Knöpfe auf Hochglanz poliert.

Kann mich bitte endlich jemand kneifen, damit ich aus dem Traum aufwache und der Verlust zur Realität nicht ganz so hart werden würde?

Aber nichts geschah.

Das hier war echt!

Caleb stieg neben mir auf der Beifahrerseite ein und reichte mir den Schlüssel.
Vorsichtig steckte ich den schmalen, silbernen Schlüssel in das Zündschloss und drehte ihn nach links während ich die Kupplung trat.
„Oh mein Gott!"

Als der Motor surrend ansprang quiekte ich wie ein kleines Mädchen und vergaß dabei die Kupplung getreten zu halten, weswegen ich sofort abwürgte und wir dabei einen kleinen Satz nach vorne machten.
Aber das war mir egal!

Caleb hatte es geschafft Wanda zum laufen zu bringen und deshalb warf ich mich ihm um den Hals und erwürgte ihn dabei fast.
Ich sprang aus dem Wagen, rannte auf die Beifahrerseite, nur um mich erneut an ihn zu klammern.
„Danke! Danke! Danke!"

„Schon gut!"
Vorsichtig löste er meinen Griff in seinem Nacken und sah mich mit leuchtenden Augen an.
„Allein das Gesicht war es wert."

Als er das sagte, brach bei mir der Damm und eröffnete einen Pazifik an viel zu lang unterdrückten Tränen.
Heulend wie ein Häufchen Elend sackte ich in mich zusammen und Caleb zog mich auf seinen Schoß.

Ich weinte nicht, ich ertrank.

Ich ertrank in Selbstmitleid, Selbstzweifel,
Zweifel generell aber auch in Wut, Trauer und Frustration.
„Schhhh. Alles gut."

Versuchte er mich zu beruhigen, aber seine Stimme an meinem Ohr machte alles nur noch schlimmer.
„Du weist schon das ich dich hasse."

Erschöpft vom vielen weinen schlug ich ihn mit der Faust gegen seine muskulöse Brust.
„Wenn du das tun würdest, hättest du allen Grund dafür. Aber ich kenn dich.
Und weiß das du mich liebst."

„Selbst jetzt bist du noch so ein arroganter Arsch."

Lächelnd drückte er mich an seine Brust.
„Was dagegen wenn ich dein arroganter Arsch bin?"

„Das geht in Ordnung."
Lächelnd beruhigte mein Körper sich endlich und als ich wieder normal atmen konnte hob ich den Kopf von Caleb's Brust und sah ihn an.
„Danke, für alles."

Verlegen sah er weg, sein klopfendes Herz spürte ich jedoch an meiner Schulter.
„Und? Willst du mal ne Runde mit ihr drehen?"

Als wäre sie ein Baby strich Caleb über Wandas Armaturenbrett und sah mich mit leuchtenden Augen an.

„Sehr gerne!"

„Na los, worauf wartest du?"

Entgeistert sah ich ihn an.
„Wie? Meinst du jetzt?!"

„Klar jetzt."

„Da gibt es nur ein Problem."
Verlegen lächelnd sah ich ihn an.
„Ich kann gar kein Auto fahren."

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