Wochenende.
Aber warum endete die Woche eigentlich nie?
Es ging immer weiter ohne dass man eine Verschnaufpause hatte.Warum also nannte man das ganze dann Wochenende und nicht Wochenschlaufe oder so etwas in der Art?
Schließlich endete die Woche ja nicht wirklich es ging genau so weiter wie die Tage zuvor auch.
Nur das man nicht in die Schule musste.
Aber um ehrlich zu sein, wäre ich froh wenn ich in die Schule gekonnt und mich von meinen tobenden Gedanken abgelenkt hätte.Stöhnend strampelte ich mich aus dem Bett und Schlich wie ein Zombie in die Küche.
Gestern Abend hatte ich gefühlt fünf Stunden mit Frieda telefoniert und ihr von Zac's Verkündung berichtet, leider konnte sie nicht persönlich kommen da sie mit ihrer Familie und ihrem kleineren Bruder einen Wochenendtripp nach London machte.
Das hieß für mich Zähne zusammenbeißen und mich irgendwie anderweitig mit Arbeit abzulenken.
Zum Glück war meine Grams wieder von ihrer Fortbildung zurück und hatte ein Haufen Arbeit am Hof für mich über.Nach dem ich lange und ausführlich die Zeit damit verbracht habe mein Müsli zwanghaft in mich rein zu schaufeln, zog ich mir eine alte Jeans und ein Karohemd meines Dad's über und begab mich auf die Suche nach meiner Grams die sich irgendwo in den Ställen rumtreiben musste.
Ich brauchte nicht lange zu suchen und fand sie schließlich in der Scheune neben dem Pferdestall wieder, wo sie gerade eine alte Plane von einem rostigen Metallhaufen zog.
„Hey."Vorsichtig stellte ich mich an ihre Seite und begutachtete den mehr oder weniger Schrotthaufen der womöglich mal ein Auto gewesen war.
„Guten morgen Liebes."
Lächelnd klopfte sie sich den Staub von der Latzhose und Winkte mich an ihre Seite.Vorsichtig ging ich um den Wagen herum zu meiner Grams und beim näheren betrachten stockte mir der Atem.
Schlagartig begann mein Herz zu rasen und meine Knie wurden weich.
„Ist das.."„Ja."
Als sie meinen Verdacht bestätigte schaffte ich es kaum bis an ihre Seite so zittrig waren meine Beine.„Mum's Auto."
Auch wenn es offensichtlich war musste ich es laut aussprechen um es selbst begreifen zu können.
Der vermeidliche Schrotthaufen entpuppte sich als das erste Auto meiner Mum und selbst als ich auf der Welt war hatte sie es noch gefahren bis wir letzten Endes auf ein größeres Auto umsteigen mussten.Ich wusste zwar, dass sie es nie übers Herz gebracht hatte das Auto zu verkaufen, hatte allerdings auch nie nachgefragt was damit passiert ist.
Jetzt hatte ich meine Antwort und schämte mich beinahe selbst dafür, es je als Schrotthaufen bezeichnet zu haben.
Vorsichtig als wäre es ein Kunstwerk aus zerbrechlichen Glas strich ich mit den Fingern über die staubige Motorhaube und konnte das Kribbeln in meiner Magengrube nicht verhindern.
„Wie die Zeit die eigentlich schönen Dinge verändern kann wenn sie in Vergessenheit geraten."Sie sah mich an, unsicher ob sie über das Auto sprach oder mir einen versteckten Hinweis geben wollte erweiterte ich ihren Blick vielsagend.
„Es ist nie zu spät etwas zu reparieren."
Versuchte ich den Kontext in eine positive Richtung zu steuern und an ihrem Blick konnte ich erkennen, dass sie genau das als Antwort erhofft hatte.„Wenn du das sagst," sie machte einen Schritt zur Seite und deutete auf das Auto.
„dann ist das deiner."„Wie meinst du das?"
„So wie ich es sage."
Drückte sie mit einem freudigen nicken nach.Mir blieb der Mund offen stehen und ich schaffte es kaum ihre Worte zu verarbeiten.
„Grams dass kann ich nicht annehmen."„Wenn du es nicht schaffst zu reparieren dann ist es die Arbeit nicht wert. Aber du musst selbst wissen ob es sich zu kämpfen lohnt oder ob du es als Schrotthaufen weiter vor sich hin vegetieren lassen möchtest."
Wieder wusste ich nicht ob ihre Worte tatsächlich auf das Auto bezogen waren, ich hasste es wenn sie zweideutig sprach, aber in den meisten Fällen hatte sie genau damit recht.„Das kann ich nicht annehmen."
Meine Stimme brach als ich mit feuchten Augen erneut über den rostigen Lack strich.„Er wäre es wert repariert zu werden. Ob du es angehst ist deine Sache."
Mit diesen Worten verließ sie die Scheune ohne dass ich es noch wahr nahm, erst als ich mich mit Tränen verschleierten Blick zu ihr umdrehte merkte ich, dass sie nicht mehr da war.Das ohnehin bestehende Chaos in meiner Brust wurde komplett gesprengt, unfähig irgendwas zu machen ließ ich mich auf dem staubigen Scheunenboden nieder und malte unbewusst Kreise in den Staub neben mir.
Sollte ich es wirklich schaffen den Wagen meiner Mum zu reparieren, dann wäre das meiner..
Noch immer hallten die Worte meiner Grams in meinem Kopf nach, so viele Erinnerung hingen an dem Wagen aber das war nicht der einzige Grund für meine Grübelei.
Auch wenn ich wusste, dass sie womöglich recht damit hatte etwas reparieren zu wollen wenn man wusste das es noch eine Chance auf Heilung gab, aber wie sollte man etwas reparieren können, wenn man keine Ahnung hatte ob es sich lohnte oder ob der Schaden am Ende noch größer werden würde?Andererseits, woher soll man wissen ob es am Ende laufen würde, wenn man es garnicht erst versucht?
Entschlossen stand ich vom kühlen Boden auf, klopfte mir den Staub vom Hintern, fasste nach der staubigen Plane und zog sie vollends vom Autofrack.
Auch wenn ich nicht wusste auf was ich mich hier einlassen würde, wusste ich dass es die Arbeit wert war.
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SPIRIT
Teen FictionMit der leidenschaftlichen Liebe ist es wie mit Gespenstern: Alle reden davon, aber keiner hat sie gesehen. (François VI. Herzog de La Rochefoucauld Zitat) ___________________________________________ Einen „Neuanfang" haben sie es genannt, doch wora...