Wenn es jemanden gab, der sich auch dann noch alleine fühlte, obwohl man von hunderten Schülern umgeben war, dann war ich das!
Die Masse zog an mir vorbei und ich ging im wahrsten Sinne des Wortes darin unter. Einige der Gesichter kamen mir bekannt vor, doch der merkwürdige Blick mit dem sie mich musterten, schreckte mich jedes mal davor ab, hinzugehen und mich an eines der kleinen Grüppchen anzuschließen.
Nach einer halben Ewigkeit erreichte ich endlich das Klassenzimmer für den Geschichtskurs und ergatterte mir einen Platz in der vorletzten Reihe direkt neben dem Fenster.
„Oh mein Gott!"
Auch ohne hinzusehen, wusste ich wer den Raum betreten hatte, doch die schrille Stimme lud quasi automatisch dazu ein sich zu übergeben, man konnte nichts dagegen tun.
„Ich dachte die hätten alle Hexen aus der Stadt schon vor mehr als hundert Jahren verbrannt!"
Und natürlich ließ sie keine Gelegenheit ungeschoren um mich auflaufen zu lassen. Und wie auch früher schon, funktionierte es, denn alle Anderen in der Klasse drehten sich zu mir um und binnen Sekunden ging das Getuschel los:„Ob die Haare gefärbt sind?"
„Wer ist die Neue?"
„Sie ist garnicht neu, die hat schon einmal hier gelebt"
Ich verdrehte die Augen und tat als würden nicht dreiundzwanzig Augenpaare auf mich gerichtet sein.
Erst als ein blonder, attraktiver, junger Mann das Klassenzimmer betrat und sich auf dem einzigen noch freien Platz direkt neben mir setzte, richteten sich die Blicke weg von mir und hin zu ihm.
Offensichtlich war auch er neu, doch im Gegensatz zu mir, hatte er automatisch das oberste Level auf der Beliebtheitsskala erreicht, einzig und allein seinem guten Aussehen zu verdanken.
„Warum starren die mich alle so an?"
Erst als ich bemerkte, dass er mit mir sprach und sich halb auf meinen Tisch gebeugt hatte, reagierte ich und beobachtete die gaffenden Blicke unserer Mitschüler.
„Ganz ehrlich?"
Er sah mich an und mir viel auf wie klar das blau seiner Augen war.
„Na ich hoffe doch, dass du ehrlich zu mir bist."
„Ich bin einfach froh, dass sie aufgehört haben mich anzustarren."
Er lächelte und schaute auf meinen Stundenplan, den ich auf dem Stapel neuer Lehrbücher vor mir liegen gelassen hatte.
„Dann bist du auch neu hier?"
„Eher wieder zurück gekehrt."
Der Lehrer betrat das Klassenzimmer und schloss die Türe hinter sich.
„Ich bin Zacory Clark. Aber meine Freunde nennen mich einfach Zac."
Er streckte mir seine Hand über den schmalen Flur zwischen unseren Tischen hin und wartete darauf, dass ich sie entgegen nahm.„Warum glaubst du wir wären schon Freunde?"
„Hey komm schon, wir sind beide neu. Müssen wir nicht zusammenhalten? Ich finde, unser Schicksal macht uns automatisch zu Verbündeten."
Ich grübelte über seine Argumente und auf die Schnelle viel mir nichts ein, was dagegen sprechen sollte.
„Smilla."
Ich fasste nach seiner Hand und wir schüttelten unseren Handschlag als hätten wir einen Deal oder einen Vertrag mit einem Handschlag versiegelt.Lächelnd zog ich meine Hand wieder fort und erneut wurde ich von einzelnen Mitschülern ungläubig beobachtet.
Das Räuspern unseres neuen Lehrers holte dann jedoch die Aufmerksamkeit aller Schüler zu sich vor an die Tafel.
„Guten Morgen! Ich bin euer neuer Geschichtslehrer und Rektor und ansprechen dürfen Sie mich, nachdem ich Sie aufgefordert habe dies zu tun, mit Mr. Clark!"
Bereits mit dem ersten Satz war klar, dass mit diesem Mann nicht zu verhandeln war, doch als er seinen Namen preis gab, bliebt mit der Mund offen stehen und ich sah zu meinem neuen Sitznachbar, der wiederum verlegen mit den Schultern zuckte und mich angrinste.
Na toll!
Musste ausgerechnet der erste nette Mensch an diesem Tag der Sohn vom Rektor sein?
„Dein Dad ist unser neuer Rektor?"
Flüsterte ich ungläubig und wieder nickte Zac nur unschuldig
„Nach dem Unterricht haben Sie noch immer genug Zeit um mit ihrem Mitschüler zu flirten
Miss! Aber jetzt werden erst einmal die Bücher auf Seite 53. aufgeschlagen!"Als wäre ich ein Magnet richteten sich wieder einmal alle Augenpaare auf mich doch mittlerweile konnte ich behaupten beinahe immun gegen die Art solcher Bloßstellungen zu sein.
Ich verzog mich hinter dem dicken Bund des Geschichtsbuches und beschloss Zac vorerst über die Dauer des Unterrichts zu ignorieren um nicht noch ein weiteres Mal ermahnt zu werden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit klingelte es zum Ende der Stunde und ich konnte es kaum abwarten hier raus zu kommen und nach Caleb Ausschau zu halten. Ich stürmte aus dem Klassenzimmer und packte noch im Gehen das Geschichtsbuch in meinen Rucksack. Als ich von hinten am Arm festgehalten wurde.
„Hey!"
Es war Zac.„Die Aktion von meinem Dad vorhin tut mir leid. Ich glaube er genießt es teilweise Menschen, vor allem seine Schüler bloß zu stellen."
Zac lachte, doch als er signalisierte, dass ich es ihm nicht gleich tat, verstarb sein Lachen.
„Du kannst deinem Vater ausrichten, dass den Part der Bloßstellung die anderen Schüler schon übernehmen, da braucht er sich nicht auch noch zu beteiligen."
Ich versuchte mich an einem Lächeln um meinen Worten etwas die Schärfe zu nehmen, wand mich dann wieder den vorbei eilenden Schülern zu, in der Hoffnung Caleb irgendwo unter ihnen ausfindig zu machen.
„Wen suchen wir?"
Erschrocken drehte ich mich zur Seite.
Zac war mir einfach nach gelaufen und schaute ebenfalls suchend über den Flur.„Was machst du hier?"
Verwirrt blieb ich stehen.„Ich bin Zac? Wir kennen uns aus dem Geschichtskurs bei meinem Dad? Und ich gehe hier zur schule!"
Ich verdrehte die Augen und legte den Kopf schief.
„Das weis ich, aber warum folgst du mir?"
„Du bist meine einzige Freundin die ich hier habe, mein Dad ist der Rektor und ich habe keine Lust alleine beim Lunch am Tisch zu sitzen."
Er zwinkerte mir zu und wieder einmal konnte ich nur die Augen rollen.
„Ich glaube kaum, dass du Probleme damit haben wirst Freundschaften zu schließen und würde meine Hand in das Feuer legen, dass du auch beim Lunch nicht alleine am Tisch sitzen müsstest."
„Selbst wenn das so wäre, würde ich lieber deine Gegenwart begrüßen, als die irgendwelcher frisch gefärbten Blondinen!"
Ich wusste genau, dass er auf Stacy anspielte.
„Seltsam, dabei dachte ich wirklich, dass genau das dein Geschmack wäre."
Ich ging durch die langen Flure und hielt weiterhin Ausschau nach Caleb.
Ohne Erfolg.
Niedergeschlagen lies ich die Schultern hängen und drehte mich um. Zac stand noch immer unmittelbar an meiner Seite.
„Haben wir gefunden wonach wir gesucht haben?"
Er konnte noch so gut aussehen wie er wollte, doch leider neigte er dazu einem etwas zu sehr auf die Pelle zu rücken.„Nein, ich habe nicht gefunden wonach ich gesucht habe!"
„Lunch?"
Auch wenn ich lieber Caleb gefunden hätte anstatt mit Zac hier dumm im Flur rum zu stehen, war Lunch mit ihm die bessere Option.„Warum nicht."
Ich hob die Schultern und wir gingen gemeinsam in die Cafeteria um zu Lunch zu essen.
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SPIRIT
Teen FictionMit der leidenschaftlichen Liebe ist es wie mit Gespenstern: Alle reden davon, aber keiner hat sie gesehen. (François VI. Herzog de La Rochefoucauld Zitat) ___________________________________________ Einen „Neuanfang" haben sie es genannt, doch wora...