Spatzenhirn

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„Hey."
Begrüßte Zac mich wie jeden Morgen.

„Hey."

„Alles klar."
Auch die Fragen waren nicht unbedingt die einfallsreichsten, aber trotzdem war es irgendwie süß dass er jeden Tag nach meinem befinden fragte. Es wirkte nicht als würde er die Frage rein aus Höflichkeit stellen, er vermittelte mir jeden Tag das Gefühl als würde es ihn wirklich interessieren.

„Mehr oder weniger."
Unser tägliches Morgenritual wurde von Frieda unterbrochen, die sich tänzelnd zwischen unsere Tische schob.
„Oh-Mein-Gott-Smilla! Ich muss dir uuuunbedingt etwas erzählen! Du rätst nie was ich gerade auf de Schultoilette erfahren habe!"

„Oh nein! Hat schon wieder eine von euch ihre Periode und ihr Tampon vergessen?"
Zac tat als würde ihn die Tatsache dass sich Neuigkeiten auf der Damentoilette herumsprechen anwidern und wand sich seinem Geschichtsbuch zu.

„Äh, nein?"
Frieda warf ihm ebenfalls einen angewiderten  Gesichtsausdruck zu während ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
„Wie dem auch sei, Stacy.."

Die Schulglocke unterbrach sie mitten im Satz und wie auf Befehl erschien Mr. Clark in der Türe, die er mit einem lauten Knall hinter sich ins Schloss fallen ließ.

„Ahhh fuck! Ich erzähl es dir nach der Stunde!"
Mit einem Blick in Richtung Tafel Stütze sie sich am Tisch ab und verschwand auf ihren Platz.

________________*_______________

„Wir sehen uns?"
Ich stand mit dem Rücken an dem Spind gegenüber unseres Klassenzimmers gelehnt als Zac an mir vorbei den Flur in den nächsten Kurs entlang ging.

„Klar!"
Ich nickte ihm zu und wartete bis mir endlich der blonde Schopf von Frieda entgegen kam.

Sie nickt mit ihrem Kopf in Richtung Sportplatz. Ich verdrehte die Augen und folgte ihr in die umkleiden.
„Wir haben noch ein paar Minuten bis zum Sport."

„Egal komm mit."
Sie schloss die Türe hinter uns und wir standen zu zweit in der Umkleide. Da wir ohnehin in der nächsten Stunde Sport hatten schleuderte ich die Sporttasche auf die Holzbank und begann mein Outfit zu wechseln.
„Und was ist jetzt so wichtig?"

„Also, das war so, ich war in der Kabine und hab gerade-„

„Schon gut Frieda ich glaub so detailliert musst du nicht ausdrücken was du in der Kabine gemacht hast."
Sie sah an die Decke und überlegte kurz als sie sich wieder fasste und fort fuhr.

„Hast recht, auf jeden Fall habe ich gehört wie Stacy sich mit Sarah darüber unterhalten hatte was letztens der Auslöser dafür war dass Caleb auf den Spind eingeschlagen hatte."

„Ja und?"

„Ich dachte es interessiert dich vielleicht weil ihr doch mal so gut befreundet wart?"

Und wie es mich interessierte!
„Tut mir leid. Aber wie du sagst, wir waren gute Freunde."

„Wie auch immer,"
Mit einer abwinkenden Handbewegung bückte sie sich um ihr Schuhe zu zuschnüren.

„Weißt du warum Caleb bei den Arbeiten für den Ball mithelfen muss?"
Sie hatte meine Neugier geweckt auch wenn ich so tun wollte als wäre es mir gleichgültig.
„Nein? Aber du wirst es mir sicher gleich erzählen."

Die Tür ging auf und Stacy kam ebenfalls in die Kabine. Frieda und ich bewarfen uns gegenseitig mit vielsagenden blicken ehe sie mich am Oberarm packte und aus der umkleide raus zog.
„Komm wir wärmen uns schon mal etwas auf."

Sagte sie laut genug dass auch Stacy es noch hören konnte und unser Aufbruch nicht all zu auffällig war. Sie zog mich mit auf die Laufstrecke und wir liefen uns langsam ein.
„Fakt ist, dass Caleb den Spind eingeschlagen hatte nachdem Stacy ihm gepetzt hatte, was bei uns im Unterricht los gewesen ist. Ist das nicht der Wahnsinn?"

Bereits etwas außer Puste verlangsamte ich das Tempo. Ich hasste joggen, was soll dabei Spaß machen oder auf irgend eine Art und weise gesund sein?
Vor allem was brachte es, die ganze Zeit im Kreis zu laufen?
„Wieso was war denn?"

„Mensch Smilla streng doch mal dein süßes Spatzenhirn ein bisschen an."

„Ich hab keine Ahnung von was du redest."

„Der Brief?"
Es war mir ein Rätsel wie sie joggen und gleichzeitig reden konnte ohne dabei außer Puste zu geraten.
Ich erinnerte mich zurück an die Stunde in der ich den Zettel vorlesen musste und schloss die Augen für einen kleinen Augenblick um über die Scham hinweg zu kommen welche sich automatisch über mir ergoss.

„Der Brief war nicht von mir. Aber was hat das mit Caleb zu tun?"

Frieda schlug sich während dem laufen an die Stirn um mir deutlich zu zeigen wie schwer ich von begriff war.
„Man Smilla einfach alles?!"

Ich wusste nicht was ich sagen sollte, aber selbst wenn spielte es keine Rolle, denn mir fehlte die Luft um zu sprechen.
War das eigentlich unsere dritte oder vierte Runde?
Ganz egal, aber es war definitiv eine zu viel.
„Er hat gegen den Spind geschlagen weil sie ihm gesagt hat was für Spielchen mit dir getrieben wurden!"

„Was?"

„Er ist wegen dir ausgerastet!"

Abrupt blieb ich stehen und stemmte meine Hände in die Hüften während ich versuchte Friedas Worte zu verarbeiten und gleichzeitig Luft zu schnappen.
„Ich mach nicht mal was und er rastet wegen mir aus?"

Frieda stellte sich vor mich und schüttelte mich an den Schultern in der Hoffnung meinen Verstand so schneller zum laufen zu bringen.
„Nicht weil du was gemacht hast. Aber anscheinend stört es ihn noch immer wenn dir jemand Leid zu fügt."

Versuchte sie ihn jetzt auch noch in Schutz zu nehmen?
„Des sei denn er ist der Jenige der mir Leid zufügen und mit Heuballen um sich werfen darf."

„Strohballen."

„Was?"
Langsam schaffte ich es zu atmen ohne wie ein Wasserbüffel zu klingen, dennoch schien die Sauerstoffzufuhr bis an mein Hirn nicht genug versorgt zu sein.

„Es waren Strohballen, keine Heuballen."

Ich stützte mich auf den Knien ab und machte eine abwerfende Handbewegung.
„Wie auch immer."

Mein Blick schweifte ab in die Mitte des Spielfeldes und hin zu den Schülern die sich gerade für den Unterricht aufwärmten.

Egal wo ich hinsehe, immer sehe ich dich. Ganz egal wo ich hingehe, du bist immer da!

Touché Caleb.

Touché.

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