Tränen oder Salzwasser?

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„Smilla was machst du hier drin?"
Mit dem Klemmbrett, dass sie anscheinend nie aus der Hand zu legen schien, stand Sarah vor mir und checkte die Liste mit ihren Adleraugen.
„Du bist doch für die Lounge eingetragen?"

„Vergiss es, mit dem Depp kann doch keiner zusammen arbeiten!"

„Ich will ja nicht kleinkarriert sein, aber wenn du deinen Anweisungen nicht nach kommst muss ich das Mr. Clark melden."
Ich zweifelte daran, dass sie mich tatsächlich verpfeifen würde.

„Ich hab ja nicht gesagt dass ich nicht helfen werde, aber mit Caleb zusammen zu arbeiten ist wie Folter."

„Seltsam, ich dachte ihr beide wart doch mal so dicke miteinander."

Skeptisch wanderte ihr blick von oben an mir herab um eventuell heraus zu finden was Caleb wohl je an mir gefunden haben könne.
„Das war offensichtlich in einem anderen Leben."
Gerade als ich weiter gehen wollte versperrte sie mir den Weg.

„Wow, wow, wow was hast du vor?"

„Ich will weiter arbeiten?"

„Ja, aber habe ich dir gerade eben nicht gesagt wo dein Platz ist?"

„Dein ernst jetzt? Bestehst du so sehr darauf?"
Sie zuckte mit den schultern, schwang ihr langes blondes Haar und machte auf ihren Absätzen kehrt.
„So ist nun mal der Plan."

Mit hängenden Schultern legte ich den Kopf in den Nacken ehe ich trotzig den Rückweg antrat.

Caleb achtete mich nicht eines Blickes als ich wieder vor der Scheune begann die Ballen umher zu schieben.
„Du kannst also doch nicht ohne mich."

Erneut kniff ich die Augen zusammen und tat als hätte ich ihn überhört.
„Jetzt stell dich doch nicht so an."

„Caleb! Was. Willst. Du. Von. Mir? Vor zwei Minuten hast du mich noch angeschnauzt dass ich dir auf die Nerven gehe und jetzt?"

„Hat sich immer noch nichts geändert."

„Dann lass mich doch einfach in Ruhe."

Er machte einen Schritt auf mich zu und packte mich an den Schultern.
„Das würde ich ja gerne! Aber egal wo ich hin gehe, du bist einfach immer da! Egal wo ich hinsehe, ständig sehe ich dich! Verschwinde doch einfach wieder dort hin wo du hergekommen bist!"

„Das meinst du nicht so."
Mit bebender Stimme versuchte ich die Tränen zu verstecken.
Vergebens.
Wenn er wüsste von wo ich hergekommen bin, würde er es sicher nicht so meinen, oder?

„Doch Smilla! Genau so meine ich das! Tu mir den einen Gefallen und verschwinde einfach wieder!"
Das Blau seiner Augen war so kalt wie der Atlantische Ozean es nicht einmal im kältesten Gewässer sein würde und auch die Missachtung in seiner Stimme legte sich wie eine Hand aus Eis um mein Herz, nur im es zu zerquetschen.

Noch bevor die erste Träne mein Auge verlassen konnte, schaffte ich es mich um zu drehen, packte meinen Rucksack und ging ohne ein weiteres Wort zu irgendjemanden.

„Smilla?"
Frieda bemerkte meinen Abgang und kam aus der Scheune gerannt.

„Smilla wo willst du hin?"

„Weg!"

„Aber du kannst doch nicht einfach so abhauen?"
Wieder drehte ich mich um und rannte beinahe davon.

„Und wie ich das kann!"

„Smilla!"
Auch wenn es mich verletzte die Chance auf meine einzige Freundin vertan zu haben,  Calebs Worte hatten mich mehr verletzt als das es jemand anderes je hätte tun können.

Der Zustand in dem ich mich befand war kaum zu beschreiben, ich fühlte den Schmerz tief in meinem Herzen und die klaffende Wunde die mir eisern mit so wenig Mühe aufgerissen wurde und dennoch spürte ich nichts.

Waren es die Tränen oder das Salzwasser, welches durch den aufbrausenden Wind in meinen Augen und mittlerweile auf dem ganzen Gesicht brannte?

Ich konnte es nicht definieren, aber was würde das auch für einen Unterschied machen?

Mit brennender Lunge hatte ich es auf den Höhepunkt der Klippe geschafft und ließ mich auf dem morschen Holz der alten Bank sinken.

Jede Faser meines Körpers war erschöpft, wollte zeitgleich aber einfach nicht aufhören wie wild durch meinen Körper zu pumpen.

Das Caleb und ich uns erst wieder annähern mussten hatte ich mir von vorne rein zwar gedacht, dennoch nie träumen lassen, dass er mich so sehr verabscheuen könnte.

War es komisch dass ich mir trotzdem  wünschte ausgerechnet ihn in diesem Moment an meiner Seite zu haben? Ich wünschte mir dass er mich in den Arm nahm und mir sagte, dass alles gut sein würde.

Aber das tat er nicht und nach dem Aufstand vorhin, würde er das auch nicht mehr tun.

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