27 - staged

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Natürlich war der Wunsch nach einem normalen Gesangsunterricht genauso unerfüllbar gewesen, wie mein Wunsch von heute Morgen, ausschlafen zu können. Meine Gesangslehrerin Megan war super nett und hatte Verständnis für meine Verspätung gehabt. Sie meinte anfangs hätte sie sich auch immer verlaufen, so viele Treppen und Gänge wie es gab. Ich erzählte ihr von meinem selbst geschriebenen Song, den ich singen wollte, von welchem sie ziemlich begeistert schien, was mir viel bedeutete. Nachdem ich ihn ihr ein paar Mal vorgesungen hatte und sie mir half, die richtigen Töne ausgiebig zu treffen, wollte sie mir gerade ein paar Vorschläge machen, was ich noch besser ausbauen könnte, als es an der Tür klopfte.

,,Herein", bat Megan und kurz danach steckte ein braunhaariger Wuschelkopf seinen Kopf durch die Tür, der mein Herz beinahe in einen Stillstand versetzte. ,,Hey, ich klapper gerade alle ab um zu gucken, wie es läuft", sprach Louis und lächelte meiner Gesangslehrerin zu. Nachdem er in den letzten Wochen in London nur noch mit seiner Freundin aufgetaucht war, wunderte es mich, dass man sie gestern und heut noch nicht zu Gesicht bekommen hatte und er gerade alleine hier war. Laut den Nachrichten musste sie hier zwar irgendwo rumlungern, dies kam mir aber alles doch noch immer etwas suspekt vor. ,,Es läuft sehr gut, Harry ist super talentiert und er lernt schnell dazu", lobte Megan mich, was meine Wangen rot färbte. ,,Echt? Das muss ich mir mal anhören. Wärst du so lieb und würdest uns dreien jeweils eine Tasse Tee holen?" ,,Natürlich", entgegnete Megan und auch wenn ich sie am liebsten aufgehalten hätte, verließ sie den Raum.

Diesmal hatte ich keine große Möglichkeit zu flüchten und konnte eigentlich nur abwarten, Louis betrachten wie er sich räusperte. Es herrschte eine kurze unangenehme Stille, bis dieser das Wort ergriff. ,,Harry, ich wollte mich entschuldigen für unser letztes Gespräch. Es war nicht fair von mir, dich als fies zu bezeichnen, noch war es in Ordnung zu sagen, dass das Jahre her war und keine großen Auswirkungen mehr hat. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie es in deinem Inneren aussieht, auch wenn ich mir als dein bester...ehemaliger bester Freund sowas hätte denken können. Es war unsensibel und eindeutig fies von mir, nicht von dir, deine Ablehnung ist voll und ganz berechtigt." Ich nickte nur, wusste nicht sonderlich was ich darauf erwidern sollte. Er hatte sich für seine Worte entschuldigt, das war vielleicht ein Anfang, machte die letzten Jahre voll Schmerz dennoch nicht wieder gut.

Louis seufzte, konnte erahnen, das ich mir sowas dachte. ,,Du musst mich aber auch verstehen. Sieben Jahre hab ich dich nicht mehr gesehen, ich hatte viel zu tun, hab gedacht dich nie wiederzusehen, wir beide haben uns verändert und plötzlich stehst du da vor mir auf der Bühne, mit dieser Wahnsinns-Stimme, diesem Wahnsinns-Song und dieser Wahnsinns-Ausstrahlung. Ich war geschockt aber in gewisser Weise auch unglaublich stolz, wie positiv du dich in den acht Jahren verändert hast, was dein Selbstvertrauen und den Mut angeht. Du hast mir keinen einzigen Blick geschenkt und hast dann auch noch so glücklich gelächelt, ich dachte ich wäre dir mittlerweile wirklich egal geworden. Und das wäre auch besser so, es wird dich nur unnötig verletzen, solltest du noch auf eine Freundschaft hoffen."

Ich verschränkte die Arme, um tapfer zu wirken, schluckte sämtliche Tränen hinunter, die in diesem Augenblick heraus wollten und suchte nach den richtigen Worten. ,,Ich hoffe auf keine Freundschaft mehr, einzig und allein möchte ich keinen Schmerz mehr fühlen, sobald ich dich ansehe, wenn du es genau wissen möchtest." Das ich das Bild und meinen alten Pullover gefunden hatte, was mich denken ließ das er auch auf irgendwas hoffte, erwähnte ich in dem Augenblick besser nicht, er würde nur glauben, dass ich absichtlich geschnüffelt hatte. ,,Das ist gut, das ist besser so", erwiderte Louis, seine Augen leer und das blau darin undurchdringbar, meine dagegen voll Schmerz, mit einem direkten Stich ins Herz. Ich wusste nicht, woher diese Einstellung seinerseits rührte, sie machte mich nur unendlich traurig.

,,Warum bist du mir dann hinterher gegangen oder hast mich immer und immer wieder angesprochen? Was wolltest du von mir, was willst du jetzt in diesem Augenblick von mir? Warum bist du hergekommen?" Diese Fragen brannten mir auf der Zunge und ich konnte sie nicht unausgesprochen lassen. Für mich war Louis ein einziges Rätsel. ,,Ich wollte wissen, warum du bei X-Factor teilnimmst, ob du das alleine wegen mir tust oder allein wegen deiner gesanglichen Zukunft. Deine Lieder weisen auf ersteres hin, aber ich möchte mir kein vorschnelles Urteil bilden. Es wäre nicht fair, dich wegen unserer Vorgeschichte schlechter als die anderen Kandidaten zu behandeln. Ich möchte, das unsere Beziehung in der Sendung auf professioneller Ebene bleibt und du hast wahrscheinlich schon gemerkt, dass hier vieles nach einem Plan läuft, die Zuschauer sollen denken, dass jeder Mentor sich super mit seinen Schützlingen versteht. Wenn wir jetzt nicht normal miteinander umgehen können und die Zuschauer das merken, wäre das schlecht für die Sendung."

,,Ich bin wegen beidem hier, um es dir zu beweisen, aber auch um meinen Traum zu verwirklichen. Ich weiß nicht ob du dich daran erinnerst, aber früher sagtest du immer unser Traum, bevor es zu deinem wurde und jetzt ist es meiner. Du kannst gerne eine professionelle Arbeitsbeziehung haben, damit alles perfekt für die Sendung ist, dann solltest du aber aufhören, mir hinterher zu rennen oder mich nach meiner Familie zu fragen, denn mein Privatleben gehört wohl kaum darein. Solang du mich alleine mit meinen Gefühlen klar kommen lässt, ist alles super", sprach ich, wusste auch nicht was ich anderes dazu sagen sollte. Ich lebte hier in Louis Haus, ich durfte mir keine schlimmeren emotionalen Ausbrüche erlauben und musste tun, was er sagt, damit alles reibungslos funktionieren konnte.

,,Ich möchte aber nicht, dass das so kalt und gestellt ist, ich möchte schon, das wir ehrlich gut miteinander umgehen und Spaß haben können", Louis fuhr sich verzweifelt durch die Haare, was mich die Augenbrauen zusammen ziehen ließ. ,,Um das zu erreichen, müsstest du die Vergangenheit rückgängig machen können und Zeitreisen wurden noch nicht erfunden, also wirst du dich entscheiden müssen, was du möchtest. Entweder eine gestellte Fröhlichkeit, wie sie hier ohnehin gefordert wird oder wir ignorieren uns weiterhin. Ich weiß nicht, ob du meine Worte beim letzten Mal nicht verstanden hast, aber du hast mich kaputt gemacht, hast mich ruiniert und das kann ich weder vergessen, noch kann ich auf ehrliche Art und Weise so tun, als wäre nichts gewesen. Das würde mich noch mehr zerstören, dabei bin ich gerade auf dem Weg der Besserung."

,,Harry", Louis sah mich wehleidig an, ,,ich weiß nicht was ich tun soll", zum ersten Mal blitzte so etwas wie Verzweiflung in seinen Augen auf und am liebsten wollte ich für ihn da sein und ihn unterstützen, aber ich konnte nicht, es war mir nicht möglich, nicht mehr. ,,Ich weiß es auch nicht. Du kannst es dir ja ein weiteres Mal überlegen und mich sobald du fertig bist nochmal darauf ansprechen. Wir könnten natürlich auch darüber reden, was in der Vergangenheit passiert ist, aber ich überlasse das alles ganz getrost dir, während ich weiter lerne über dich hinweg zu kommen. Meine Gefühle machen es keine weiteren sieben Jahre mit, so zu tun als wäre nichts." ,,Manchmal sollte man die Vergangenheit ruhen lassen", war das einzige, was Louis darauf erwiderte und für mich damit das Gespräch beendete.

Es hatte mich viel Kraft gekostet, so vernünftig und ruhig mit ihm reden zu können, es war nicht leicht, all die Gefühle, den Schmerz, die Trauer, die Sehnsucht, zurückzuhalten, aber es gelang mir mit dem Fünkchen Hoffnung, den mein Herz nie verloren hatte. Doch nun, wo Louis ausdrücklich betont hatte, dass eine Freundschaft zwischen uns, außer sie sei für die Sendung, nicht gut sei und er die Vergangenheit nicht für redenswert hielt, nahm mir dies jede letzte Kraft, mich zurückzuhalten. Mit der Entschuldigung hatte es so gut angefangen, aber nach und nach erlosch mein Fünkchen Hoffnung im Herzen, den ich schon längst nicht mehr hätte haben dürfen, da ich mich einfach nur jedes Mal aufs neue daran verbrannte.

,,Du solltest dich mal entscheiden", war das letzte, was ich ihm zu raunte, bevor Megan mit drei Tassen dampfendem Tee zurück kam. Vor einem Monat noch schien Louis eine etwas andere Einstellung gehabt zu haben, was unsere Vergangenheit und ein Gespräch darüber anging, zumindest hatte ich das so wahrgenommen, doch da hatte ich mich scheinbar geirrt. Nun war es zumindest deutlich angekommen. Natürlich befand sich in der Tasse Louis Lieblingstee, Yorkshire Tea aus der Heimat, wie könnte ich das jemals vergessen? Immerhin hatte er zu einigen Dingen nicht die Bindung verloren. ,,Ich geh dann mal weiter, Harry wir sehen uns heute Abend beim Abendessen, vergiss nicht, dass das gefilmt wird", erinnerte Louis mich, als wollte er mich ermahnen, woraufhin ich nur nickte und nach der kurzen Teepause mit Megan weiter probte. Es schien keinen Zweck zu haben, noch weiter an Louis festzuhalten, er hielt mir förmlich die Tür sperrangelweit auf, um mit ihm abzuschließen und dennoch hinderte mich etwas daran, diese hindurch zu treten.

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Da verstehe einer mal Louis..ob er wirklich glaubt, Harry und er könnten professionell zusammenarbeiten? .-.
All the love xx

You Have My Heart - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt