Bram vergessen wollend hatte ich das Heimplanetarium gar nicht erst ausgeschalten und mich davon in den Schlaf wiegen lassen.
Der Morgen verläuft wie immer, nur dass ich ihn diesmal nicht anfauchen kann, weil alles so verwirrend ist. Ich weiß nicht, wie ich jetzt vorgehen will. Was mein Plan ist. Und solange es so ist, sollte ich einfach still sein. Nicht, dass ich sowieso mit ihm reden wollen würde.
Aber auch er bleibt diesmal stumm, während wir Omlette essen, dass er definitv wegen meiner gestrigen Äußerung hat machen lassen. Erst nachdem ich fertig bin, spricht er ein Wort.
"Willst du ein Bad nehmen?"Die letzten Reste des Ei scheinen mir im Hals stecken zu bleiben und ich sehe ihn dumpf an.
"Außnahmsweise ohne mich." verdreht er die Augen und reibt sich das mit Bartstoppeln übersehte Kinn. "Ich dachte nur, dass du auch was anderes als duschen wollen würdest. Und ich habe gleich unten ein kleines Bad."Zuerst war ich mir nicht sicher, aber sobald er mir die Möglichkeit gibt mehr als nur diesen Raum und das andere Bad zu sehen werde ich hellwach. Ein Szenenwechsel wäre langsam wirklich angebracht. Sonst machen mich diese Wände noch verrückt. "Gern." krächze ich nur.
Doch er hebt seinen Zeigefinger. "Unter einer Bedingung." Oh nein. "Du lässt dir auf dem Weg zum Bad die Augen verbinden." Verwirrt ziehe ich die Brauen zusammen.
"Wieso?"
"Nur so. Dir würde auch nichts passieren. Du hast dann nur eine Augenbinde bis zum Bad."
Misstrauisch betrachte ich ihn. "Dir ist bewusst, dass ich dein Apartement schon kurz gesehen habe?"
Er lächelt matt und legt zu meinen Worten den Kopf schief. "Vertraust du mir?"Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich zu deuten, was in mir anfängt aufzubrausen. Doch bevor wirklich eine Feststellung meinerseits kommt, bewegen sich meine Lippen schon von selbst. "Nein."
Sein Lächeln erlischt sofort und die haselnuss- braunen Augen - die normalerweise so warm wirken - sind eiskalt geworden.
Ohne etwas zu sagen, steht er mit seinem Teller in seiner Hand auf und kommt auf mich zu. Natürlich pocht mein Herz sofort auf, doch er schnappt sich nur meinen Teller und verschließt im nächsten Moment die Tür hinter sich.
Verdattert sitze ich noch einen Moment da, bis mein Frust aufkommt. "Echt jetzt?!" rufe ich laut nach und schnaufe aus. Als ob er mich nicht lässt, nur weil ich meine Augen nicht verbunden haben möchte. Wozu? Und wer sagt mir, dass er nicht lügt? Hat er das mal?
Ich versuche ernsthaft nach Lügen seinerseits zu suchen, doch ich merke, dass ich zu frustriert bin. Teilweise wegen seinem Verhalten, aber auch auf mich. Was war schon dabei? Es ist Bram, soll er doch versuchen was anzustellen. Ich sollte mir eine solche Chance nicht entgehen lassen, nur weil ich meine Augen nicht verbunden haben möchte.Genervt lasse ich mich auf die Matratze zurückfallen. Andererseits bin ich zu stolz. Bram darf keine Macht über mich haben.
Deswegen bleibe ich stumm, als er ein wenig später wiederkommt und fragt, ob ich meine Meinung geändert habe.
Zwar gefällt es ihm nicht - und das zeigt er auch, als er angepisst die Tür laut schließt - aber mir irgendwie genausowenig. Alleine von einem Bad in einer luxuriösen Wanne zu denken lässt mich sehnsüchtig seufzen. Sowas muss doch total schön sein.
Deshalb verfalle ich für den restlichen Tag ins grübeln und fange an, mich wirklich blöd zu fühlen. Es wäre etwas. Selbst nur einen anderen Raum zu sehen könnte mich wenigstens ein wenig weiter bringen oder mir neue Ideen beschaffen.Erst, als die Sonne schon fast untergegangen ist, kommt er mit einer Salatschüssel an. Später als sonst und das habe ich leider mit jeder Faser meines Körper gemerkt. So lange alleine sein, nur mit seinen Gedanken, tat mir gar nicht gut.
Somit sind meine Augen träge, als sie auf die kleine Schüssel hinabblicken, deren Inhalt wirklich mikrig aussieht. "Mehr bekommst du nicht." brummt er über mir und hat die Arme verkreuzt.
Liebend gerne würde ich ihn böse anfunkeln, aber das wäre wohl keine gute Idee. Außerdem reichen meine Kräfte dazu nicht, weshalb ich einfach anfange das Grün mit seinen Tomaten zu essen."Schon deine Meinung geändert? Letzte Chance." höre ich seine Stimme und sehe auf. Diesmal ist sein Blick auf mir wieder geduldig und ich atme tief aus.
Mit mulmigen Gefühl wird mir schwarz vor Augen und die Berührung seines Fingerknöchels auf meiner Wange lässt mich plötzlich zusammenzucken, als er die Augenbinde an mir richtet. Das fühlt sich falsch an. Sehr falsch. Noch mehr drücke ich die Badetücher und fremden Wechselsachen an meine Brust und versuche eine ruhige Atmung beizubehalten. "Dann kann es losgehen. Bereit?" Kurz lässt mich seine weiche Stimme unerwartet erstarren und ich spüre komischerweise ein Brennen hinter den Augen, dass ich die letzten Tage oft gespürt habe. Trotzdem nicke ich stumm, während ich mich versuche zusammenzureißen.
Unerwartet spüre ich, wie er versucht meine linke Hand zu nehmen, die sich um die Tücher gekrallt hat, weshalb ich erneut zusammenzucke. Kurz hält er inne, bis ich zulasse, dass er die Hand komplett in seine nimmt und anfängt mich sachte aus dem Zimmer zu ziehen. Ich verstehe immer noch nicht, wieso das sein muss. Und sagen wollte er es mir nicht.
Seine andere Hand legt sich zwischen meine Schulterblätter und drückt ihre Wärme sanft in meine angespannten Muskeln. Mir ist aufgefallen, wie sie mich sonst immer irgendwie beruhigt hat, aber jetzt tut sie genau das Gegenteil. Ich kann jetzt schon nicht erwarten, dass das zuende ist.Unsicher gehe ich die wenigen Schritte voraus, bis er mit einem "Vorsicht Stufen voraus." nun seinen gesamten rechten Arm um mich legt und ich mich noch mehr vor seiner Berührung versteife. Ganz davon abgesehen, dass er meine linke Hand in seiner und meinen Körper mehr zu sich zieht. Vorsichtig versuche ich die einzelnen Stufen zu erspüren, doch lasse mich immer wieder von seinem Atem, der auf meinen Hals landet, ablenken. Es fühlt sich unendlich an.
Doch als ich seine Stimme direkt an meinem linken Ohr mit einem "Fast geschafft." weich brummen höre, hüpfe ich sogar schon hoch vor Schreck und möchte wegspringen. Ich spüre nur, wie mein rechter Ellbogen minimal gegen das Metallgeländer stößt, bevor seine Hand von meinem Arm zu meiner Seite abrutscht, um mich noch aufzufangen und mich hastig an ihn zu pressen. "Sei doch vorsichtig." haucht er erschrocken und sein Atem auf mir ist nun noch unbequemer, weshalb ich mich mit verzerrten Lippen wieder ein wenig von ihm wegstelle, was er bedingt zulässt. "Komm' ich trag' dich lieber runter." murmelt er und ich spüre schon seine Finger an meiner Kniekehle, als ich mit winzigen Schritten zur Seite ausweiche.
"Oder du erlaubst mir diese blöde Augenbinde abzunehmen und normal zum Bad gelangen." keife ich keuchend.
"Ich warne dich." brummt er nur dunkel und ich presse die Lippen zusammen. Ohne weiteres ertaste ich das Geländer und fühle mich wie ein Kind, als ich die restlichen Treppen hinuntertaste. Dabei spüre ich seine Hand verspätet an meiner Seite, doch beiße mir auf die Lippen, um keinen Kommentar loszuwerden.Unten angekommen, nimmt er direkt meine linke Hand, bevor ich nach weiteren Anweisungen fragen kann, und zerrt mich anscheinend an der Treppe vorbei. Mir fällt sofort der andere Boden auf. Es sind die weißen Fliesen, die ich schon einmal gesehen habe, und nun ihre Kälte durch meine Socken absondern.
Wenige Schritte weiter bleiben wir stehen und ich höre, wie er eine Tür vor uns öffnet und mich darauf in ein warmes Zimmer führt. "Kann ich die Augenbinde nun abnehmen?" frage ich genervt, als er von mir ablässt und ich nun raue, aber deutlich wärmere Fließen unter mir spüre.
Hinter mir wird die Tür geschlossen und ich spanne mich augenblicklich wieder an aus Angst, was das zu bedeuten hatte. "Jetzt." höre ich seine Stimme hinter mir.
Jedoch hebt sich meine Hand nur versteift und langsam, bevor ich das Ding ängstlich abnehme. Wachsam schaue ich um mich, ohne den Kopf zu bewegen und sehe, wie Bram neben mir erscheint und eine Hand locker in der Hosentasche hat. Erst dann atme ich aus und merke, dass ich bis eben noch die Luft angehalten habe. Dafür bemerke ich, wie ein Lavendelgeruch den Raum erfüllt.
DU LIEST GERADE
I'll get you
Teen FictionNur Dank dem Stipendium darf Willow auf die Eckerfield gehen und ihr Collegeleben so richtig starten. Freunde, Feinde, Verrückte, Stress. Doch einen Punkt hatte sie nicht erwartet. Bram Chester. Einer von den abgehenden Studenten und mit seinem Gesi...