Was anderes als Albträume

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Es muss schon Mittag sein, als ich aufstehe, denn als ich mit schwachen Beinen zum Fenster tappe, ist das Stadtleben unter mir im vollen Gange.
Er ist diesen Morgen gar nicht reingekommen und hat mich somit nicht geweckt. Mit zitternder Atmung umgreife ich den Stoff meines T-Shirts über der Brust. Die ganze Nacht hatte ich schlecht geschlafen. Selbst in meinen Träumen spürte ich lauter warme Hände meinen verwundbaren Körper auf- und abwandern. Das schlimme ist: ich kann nicht unbedingt sagen, dass es sich dabei um eine Art von Albtraum handelte.

Erschüttert lege ich die Finger über meinen Mund und drehe mich von der Glaswand ab, um zurück zum Bett zu trotten, bevor ich noch mit den Beinen einknicke. Ich kann immer noch nicht glauben, dass das gestern wirklich passiert ist. Mehrere Minuten sitze ich nur da und starre einen Punkt auf dem Boden an, während ich den Abend nochmal Revue passieren lasse.
Es lässt meinen Atem kalt werden und ich weiß jetzt nicht, was ich machen soll. Das erschreckenste an der Sache ist, wie schnell ich auf ihn eingegangen bin, sobald er mich so zärtlich behandelt hat. Es sind seine Hände, die meine fest umklammert hatten, die ich jetzt noch über alles andere mit am intensivsten spüre. Nie hatte sich etwas so gut angefühlt, wie diese unschuldige Berührung und es macht mir Sorgen. Es hätte nicht passieren dürfen. Es hätte bei leichten Berührungen bleiben sollen, um mir Pluspunkte einhandeln zu können.


Bram lässt sich auch die nächsten Stunden nicht blicken, was heißt, dass ich mit den Bildern von gestern ununterbrochen beschäftigt bin und nicht aufhören kann, dabei eine Lust in mir in Betracht zu ziehen, die ich sonst immer versteckt habe. Dabei ignoriere ich die alte Panik in mir, alleine in einem Raum eingsperrt zu sein. Der Fakt, dass ich immer noch minimal zu Bram hingezogen bin, beschäftigt mich heute gut genug.
Und mir ist bewusst, dass sie nicht neu ist. Ich hatte sie schon, als wir uns kaum kannten. Aber sein Charakter hat es immer versaut. Und als ich bei der Party tatsächlich bereit war, mich für nur eine Nacht auf ihn einzulassen, hatten es seine Gefühle für mich verdorben.
Kurz weiten sich meine Augen, als ich mich erneut erinnere, dass Bram das hier nicht nur tut, weil er ein aufgeblasener Psychopath ist, der seine geldliche Macht ausspielen möchte, sondern größtenteils, weil er mich liebt. Anscheinend. Ich weiß immer noch nicht, ob ich dem Glauben schenken soll.
Aber Punkt ist, dass all diese alten Gefühle und das leichte Verlangen, dass ich nach unserem Ausrutscher hatte, immer noch da sind. Und das ist gar nicht gut. Soetwas wie gestern darf nicht noch einmal passieren.
Aber wie soll ich dann sein Vertrauen gewinnen? Was für eine Lüge kann ich ihm überhaupt auftischen, dass meinen Schlag gestern als etwas harmloses hinstellt? Das alles ist schon so kompliziert, dass ich mich damit eigentlich nicht befassen möchte.

Ohne es zu beabsichtigen, fährt meine Hand zu meinem Hals hinunter, der inzwischen nicht mehr nach seiner Aktion schmerzt. Aber die Erinnerung ist frisch genug, um eine minimale Angst zu entwickeln, dass er es wieder tun könnte.
Schlapp fällt meine Hand ab und streift dabei eine sensible Stelle, dessen stechen mein Gesicht verzerren lässt. Ungeahnt blicke ich auf mich hinunter und schliebe das Shirt ein wenig runter, um im nächsten Moment geschockt einzuatmen. Der Grund ist ein riesiger Knutschfleck, den ich total vergessen habe. Mehrere Stellen sind schon dunkelviolett und als ich erinnert werde, wie heißblütig er war, als er mir das verpasst hat, laufe ich rot an. Ich sollte wirklich nicht mehr daran denken.


Als sich die Tür öffnet, schlägt mein Herz nervös schneller, weil ich nicht weiß, wie ich mich Bram gegenüber jetzt verhalten soll. Doch als ich ein ganz anderes Gesicht sehe, setze ich sogar einen Schlag aus.
Es ist Rufus, der eintritt, und sein Blick dabei ist genausowenig zu lesen, wie bei unserer ersten Begegnung. Als er näher an mich heran tritt erinnere ich mich, wie ich ihn zuletzt mit dem Gürtel verletzt habe und erwarte, dass er mich dafür doch noch umbringen wird, wie Bram ungefähr meinte. Aber er ist wieder die Ruhe ihn Person und reicht mir stumm einen Teller mit Schnitzel, Salat und irgnedeinem Zusammenwurf aus Bohnen und anderen Gemüsearten.

Verunsichert nehme ich es mit dem Plastikbesteck entgegen und kann meinen Blick genausowenig von seinen dunklen Augen lassen, wie er von meinen. Ich hätte echt nicht erwartet, ihn noch einmal zu sehen.
"Ich komme in einer Stunde nochmal wieder. Ich wurde angewiesen dich ins Bad zu bringen, wenn du es benötigen solltest. Denn danach wirst du keine Möglichkeit mehr haben nach etwas zu fragen. Jedenfalls nicht bis morgen früh." rollt seine sehr tiefe Stimme und er tritt elegant einen Schritt zurück.
Einen Moment mustert er mich noch und scheint auf eine Antwort zu warten, doch ich kann einfach nichts antworten. Deshalb lässt er mich alleine mit dem Essen, dass meinen Bedarf definitv nicht deckt, aber anscheinend besteht genau daraus meine Strafe.
Das und der Fakt, dass ich wieder alleine sein werde. Null Gesellschaft. Nur meine Gedanken.
Ich schlucke schwer und versuche mich davon zu überzeugen, dass ich mich nicht an Brams Präsenz gewöhnt habe und sehr wohl alleine zurecht komme.
Und trotzdem wird mir mulmig, weil ich jetzt schon weiß, das letzteres eine Lüge ist.

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt