Chloe

1.7K 52 10
                                    

Meine Gedanken sind das reinste Chaos, während ich im Jet neben Bram sitze und verkrampft aus dem Fenster starre. 50 Menschen sind anscheinend zu Lennards Strandparty eingeladen und 6 davon hat Bram mitgenommen, da sich nicht jeder einen privaten Jet leisten kann, weder ein Boot, um dort anzukommen.
Die meisten fliegen bei anderen mit und der Rest wurde freundlicherweise im vorraus von einem Boot mitgenommen, dass Lennard noch zur verfügung gestellt hat.
Die jungen Erwachsenen, die sich hinter uns platziert haben reden ohne Pause. Über das Geschäft ihrer Eltern, die Reisen, die sie seit Beendung ihres Studiums getätigt hatten, oder über ihre teueren Kleidungsstücke, was wohl das liebste Gesprächsthema zu sein scheint.
Doch keiner von ihnen ist Maddy. Oder Brams Zukünftige, die mir nicht aus dem Kopf gehen will. Alleine bei dieser Bezeichnung dreht sich mir der Magen um und ich kann nicht aufhören mir auszumalen, wie sie aussieht. Wenn Brams Vater sie schon als gut befindet, muss sie ja etwas großes sein.

"Hey, es ist alles gut." höre ich ihn weich neben mir sagen und kann den besorgten Blick nicht unterdrücken mit dem ich ihm begegne.
Seine Brauen sind nachdenklich zusammengezogen, solange er mich mustert. Schon die ganze Zeit lässt er nicht von mir ab. Selbst die ganzen damaligen Mitschüler, die sich bei ihrem großzügigen Kumpel bedanken und mit ihm reden wollten, hatte er bisher links liegen gelassen. "Du..solltest vielleicht wirklich zu ihnen." raune ich leise und versuche ein leichtes Lächeln zu zeigen, was aber nach hinten losgeht. Die Sorge in mir lässt sich nicht verstecken und das merkt Bram.
"Sollte ich nicht. Sie fliegen nur mit. Sie Danken mir dafür schon gut genug, wenn sie sich fernhalten." brummt er, damit nur ich es hören kann. "Außerdem sehe ich, dass es dir nicht gut geht. Sind sie es?"

Zögernd schüttle ich den Kopf. Klar, sie machen mich nervös, aber es ist nicht der Hauptgrund. Ich weiß nicht, ob ich es ihm überhaupt erzählen sollte, aber dann erinnere ich mich, dass ich ihm versprochen hatte, über alles zu reden, was mir auf der Seele liegt. "Es ist Maddy. Und...Elena." hauche ich leise und sehe direkt in seine Augen, die sich verhärten. "Ich weiß nicht ob ich mit Maddy wieder so..." ich schüttle den Kopf, weil ich meine Sorge selbst nicht verstehen kann, "..so wie früher sein kann. Keine Ahnung." sehe ich weg.
Einen Moment bleibt es still und es ist nur das laute Lachen unserer Mitpassagiere zu hören, die wohl jetzt schon in Partylaune sind. "Und wieso wegen Elena?" brummt er leise, weshalb ich kurz darauf seinem forschenden Blick begegne.
Unbeholfen zucke ich die Schultern und suche angestrengt nach einer Antwort. "Ich mag einfach die Idee nicht. Ich muss die ganze Zeit daran denken, was sie so besonders macht, dass dein Vater sie unbedingt dich heiraten lassen will." krächze ich leise.

Stumm beugt er sich zu mir und tätschelt mir die Hand, die sich an der Armlehne festgekrallt hat. "Willow, ich auch nicht. Ich befinde es als reine Zeitverschwendung, weil unsere Geschäfte gut genug laufen und ich nicht noch den Laden ihres Vaters übernehmen brauche. Aber mein Vater..Er ist der reinste Workaholic." wird seine Stimme zum Ende erschaudernd tiefer und es ist ein einzelner Gedanke, der sich damit bei mir auftut.
"Denkst du, er macht das alles nur für dich?" Erwartungsvoll sehe ich ihn an. Es passt nicht unbedingt zu seinem kalten Verhaltengegenüber Bram, aber vielleicht ist das der Sinn der ganzen Sache.
Verwirrt, nein, fast verstört, verzieht er den Mund. "Wie meinst du das?"
"Naja, wenn er versucht hatte neben seiner Arbeit mit der Liebe seines Lebens zu sein, weiß er vielleicht, was das mit uns ist. Vielleicht befürchtet er, dass dasselbe auch mit dir passieren wird. Ich meine, unbedingt stabil wirke ich nun auch nicht." lächle ich traurig und lege den Kopf schief. Es ist eine Erkenntnis, die ich irgendwann einsehen musste. Und in diesem Moment ist mein Kopf klarer, als sonst. Ich spüre, wie meine Gedanken anfangen Sinn zu ergeben. Aber genauso spüre ich die wachsende Welle, die sich in kürze wieder über mir brechen wird und mich erneut verstummen lassen wird. Es ist dieser Moment, indem ich die Chance nutzen kann, mit Bram über ernstere Themen zu argumentieren.

Er mustert mich eingehend, öffnet schon den Mund, um mir zu widersprechen, doch hält inne. Etwas flakert in seinen Augen und ich glaube, meine Vermutung ist wohl doch nicht so unbegründet.
"Selbst wenn. Er sollte den Scheiß lassen." brummt er leise und gefährlich. Aber sein Blick wendet sich darauf nachdenklich ab.

Ich kann nicht anders, als ihn bemitleidenswert anzusehen und zu überlegen, ob ich weiter reden sollte, doch lasse es lieber. Dennoch lässt sich der schwere Druck in meiner Brust nicht vermeiden.
Aber ich wäre wohl sowieso nicht dazu gekommen, denn ein Mädchen hat sich von der Gruppe hinter uns getrennt und setzt sich aufgeregt vor uns auf die gepolsterten Sessel. Ihre grauen Augen strahlen uns an und man erkennt schon anhand ihrer Austrahlung, dass sie zu einer der energiegeladenen Menschen gehört, die ich nie verstanden hatte. "Hey, wieso gesellt ihr euch nicht zu uns?" lächelt sie breit und kann sich scheinbar nicht einmal zurücklehnen, weil sie so hibbelig ist.
Flüchtig sehe ich Bram im Augenwinkel an, der wohl gar nicht überzeugt davon ist, genau jetzt gestört zu werden, doch statt Sorge spüre ich Belustigung und verkneife mir das Lächeln.

Weil mir klar ist, dass wahrscheinlich nichts nettes aus seinem Mund kommen wird, erhebe ich das Wort. "Er macht sich nur um mich Sorgen." meine ich weich lächelnd und ihre Augen prallen sofort zu mir.
"Wieso? Ist dir schlecht?"
Ein wenig verzweifelt verziehe ich die Brauen. Meine Gedanken hatten mich so sehr abgelenkt, dass ich bis jetzt nicht ans Fliegen denken musste. "Könnte man meinen. Fliegen ist nicht so direkt meins." zucke ich die Schultern und sie lehnt sich verstehend zurück, bevor sie ihre knall roten Haare zur Seite schiebt. Sie wirken steif von den ganzen Färbungen, die sie wohl schon durchgemacht hatten. Dafür fallen sie schon aus weiter Ferne gut auf.
"Flugangst. Verstehe. So ergeht es mir mit Booten. Ich überstehe nicht einmal eine kurze Fahrt, ohne mich mehrmals zu übergeben." lächelt sie stärkend, "Deshalb bin ich dankbar, dass unser Bram mich mitnehmen konnte."

Wir sehen zu ihm und erwischen ihn, wie er mich beobachtet, doch er tut darauf so, als wäre nichts und zuckt die Schultern, bevor er es runterspielt.
"Ich bin Chloe." streckt sie mir die Hand entgegen.
"Willow."
"Du warst nicht in unserem Jahrgang, oder? Dabei kommst du mir bekannt vor."
"Oh, nein. Ich bin noch im ersten Jahr, aber war auf einigen Partys von euch dabei."
"Ah." kommt es von ihr, als würde nun vieles mehr Sinn ergeben. "Cool. Kennst du dadurch Bram und Lennard?"
Verstohlen sehe ich wieder zu Bram und richte mich wieder zu ihr, um ein "Schon." zu äußern, jedoch untebricht er mich. "Wir sind zusammen." brummt er.

Aus den Wolken fallend erlischt Chloes Lächeln und mit dem auch ihre aufgeladene Einstellung. "Jetzt im Ernst?" sieht sie mich mir großen Augen an. Selbst ihre so schon blasse Haut, sieht nun erschrckend weiß aus.
Peinlich berührt nicke ich, was sie baff dasitzen lässt. "Das klingt ja gar nicht nach dir." meint sie direkt zu Bram, als wären sie gute Freunde. Aber ich schätze, dass man sich mit den Menschen in seinem Jahrgang gut anfreundet. Ich hatte soetwas nie. In der Schule hatte ich mich eher zurückgehalten und mich an meine eigene Gruppe gehangen, bevor ich alle links liegen gelassen habe. Deshalb kenne ich ich das nicht.
Es bleibt eine eigenartige Stille, bevor sie weiterspricht. "Krass, dass du es mit dem aushälst." sieht sie mich wieder an, doch mustert mich mit einem neuen Funken in ihren Augen, als wäre ich dadurch eine vollkommen andere Person für sie. "Aber auch Schade. Eric dahinten fand dich nämlich echt hübsch." lacht sie niederträchtig und erhebt sich aus ihrem Sitz, bevor sie wieder zu den anderen schlendert.

Erschrocken sehe ich zu Bram und wie erwartet, ist dieser angespannt, wie eine nagelneue Sprungfeder. Der mörderische Blick auf seinem Gesicht ist nicht zu übersehen. Ich kann ihn sogar fühlen, während sich mir die Armhaare aufstellen.
Wieso habe ich das Gefühl, dass Chloe das absichtlich gesagt hat?

I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt