Spencer

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Mit vergehender Zeit treffen auch die anderen Mitglieder der Bande ein, die ich aus meiner Ecke hinweg nur ängstlich beobachten kann. Sie reden über Dinge, die ich nicht verstehe, doch ich will auch eigentlich nicht zuhören. Desto weniger Wissen ich über sie habe, desto besser sollte es für mich sein.
Zitternd krümme ich mich zu einem Ball zusammen, während sie irgendwas am Computer in der Ecke tätigen.
Keiner von ihnen trägt mehr Masken, doch ich schaue ihnen dennoch nicht ins Gesicht. Seitdem der scheinbare Anführer mir seins offenbart hatte mit der Information dadurch tiefer mit drinnen zu stecken, will ich mich gar nicht mit ihnen beschäftigen.
Nur einer drängt sich immer wieder in meine Aufmerksamkeit. Der breit gebauteste von ihnen, dessen dunkle Augen mich immer wieder streng im Blick behalten, sollte ich etwas anstellen. Aber was verdammt kann ich schon in meinem gefesselten Zustand tun? Ich kann nicht einmal meinen Körper in eine angenehme Pose bringen, die mich den nackten Betonboden besser ertragen lässt.

Vier der Typen steigen nach einer stummen Vereinbarung in den verbeulten Benz ein, in dem ich und Rufus reingefahren sind und verschwinden darauf.
Als sich das Garagentor öffnet blicke ich in komplette Schwärze, doch höre das Hupen des Innenstadtverkehrs. Sind wir noch in Manhattan? Doch das Tor schließt sich rasant, ohne dass ich weiteres ausmachen kann.
Rufus. Verdammt, Rufus! Das letzte Bild, dass ich von ihm habe ist, als er angeschossen wurde. Etwas zu ruckartig richte ich mich auf und schaue mit großen Augen zu dem verbliebenen Rest.
Sofort begehe ich wieder Augenkontakt mit dem dunkeläugigen Koloss, der meine alarmierende Bewegung sofort wahrgenommen hat, weshalb ich sofort auf den Mann von vorhin sehe, der sich gerade mit einem Heft am Schribtisch beschäftigt, während ein weiterer schmächtiger Typ dabei zusieht.
Wie konnte ich Rufus vergessen? Ich war so sehr mit meiner Situation und meinen Verletzungen beschäftigt, dass ich ihn total verdrängt habe. Aber ich traue mich nicht aufzusprechen.
Oh gott...was wenn er-...Nein. Er hat vielleicht keinen Wert für sie - ist für sie sogar gefährlich - , aber sie würden ihm deswegen doch nicht gleich eine Kugel in den Kopf setzen, oder?
Nun vor Sorge zitternd schaue ich um mich. Ich selbst hätte nicht erwartet, so bei Rufus zu reagieren. Er hat es geschafft, sich an mein Herz zu heften, ohne dass ich es wirklich beabsichtig habe. Er war der einzige, der mir wirklich ein Ohr geliehen hat, als ich es brauchte, und sich warmherzig um mich gekümmert hat damit ich in meiner Gefangenschaft nicht den Verstand verliere. Selbst vor Bram versuchte er mich zu beschützen und hat Andeutungen gemacht, dass er die Entführung nicht so direkt unterstützt, wie Bram eigentlich vermutet.
Wenn ihm etwas zugestoßen ist, wäre das unerträglich.

Der Druck in meiner Brust wächst mit jeder Sekunde und der Drang nach Wissen brennt stärker in meiner Kehle, als der eigentliche Schmerz in ihr.
Der Benachrichtungston eines Handy reißt mich aus meiner Besorgnis und ich blicke zu dem schwarzhaarigen Typen auf, der die Nachricht darauf ließt. "Sie sind gleich da." meint er stark und steckt das Handy weg, während er nach langem auf mich zukommt.
Mit schnell pulsierenden Herzen starre ich ihn beim hinhocken an, worauf er mich wieder direkt ansieht. "Dein kleiner Freund hat nicht aufgehört uns zu kontaktieren. Er wirkt...mies gelaunt." sagt er, als wäre alles ein witziges Spiel, "Aber unter seinen Drohung kommen wir allmählich zu einem Einverständnis." lacht er darauf heiser. "Er scheint dich für mehr, als eine Freundin zu halten, aber mir war schon Bewusst, dass du vorhin gelogen hast."
Schwer schluckend unterdrücke ich das Zittern und lasse ihn nicht aus den Augen.
"Er hat sicherlich schon jemanden eingestellt, der uns suchen soll, also müssen wir den Standort wechseln. Keine Sorge, der nächste Ort wird dir besser ergehen." erhebt er sich auch schon.


Während ich abgekettet wurde setzte sich der schmächtige Typ startklar in den zweiten Benz, der vorne deutlich zerstört ist.
Wir warten, bis sich das Garagentor öffnet und er rausfährt. Gleichzeitig fährt unerwartet ein roter VW Golf ein und wartet, bis es sich wieder schließt, bevor sich die Fahrertür öffnet und ein mittelaltriger Mann mit dunkelblonden Haaren aussteigt. Er wirkt selbsticher und schlägt die Tür fest nach sich zu, bevor er uns ansieht. Sein energiegeladenes Auftreten lässt ihn mit einem Mal von den anderen hervorstechen und ich bekomme das Gefühl etwas an ihm wiederzuerkennen. Irgendwie erinnert mich seine Aura an Maddy.
Neben mir sind nur noch der Koloss und der dunkelhaarige Typ da, doch die grauen Augen bleiben direkt an meinen stehen, während er vor uns stehen bleibt. Mit einem lockeren Lächeln beobachtet er mich. "Schön dich kennenzulernen, Willow."
Verdutzt verziehe ich die Brauen und kann ihm nicht folgen. Meine Reaktion lässt ihn aufgrinsen, was ihn um Jahre jünger aussehen lässt. Und in seinen Augen tanzt ein Funke, der mich höhnisch auslacht, da er wirkt, als würde er mehr wissen, als ich erahne.
"Spare dir das Spencer. Jetzt ist nicht die Zeit." brummt der Schwarzhaarige und sammelt die letzten Sachen zusammen.


I'll get youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt